Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge
noch mehr Ideen haben werden, noch wegweisendere Projekte – und ich wollte, dass Sie wissen, dass ich ein offenes Ohr für Sie habe, was immer Sie sich ausdenken. Sei es, dass Sie Unterstützung brauchen, eine Idee zu realisieren, oder jemanden, der eine Idee für Sie vermarktet.« Er zog eine Visitenkarte aus der Brusttasche und schrieb von Hand eine Mobilnummer auf die Rückseite. »Diese Nummer bekommen nur ausgesuchte Leute, bitte gehen Sie entsprechend damit um. Hier. Sie erreichen mich darüber jederzeit.«
Hiroshi nahm auch die Karte. »Danke«, sagte er.
»Und was ich gesagt habe«, fuhr Rasmussen fort, »gilt nächste Woche noch genauso wie in zehn Jahren. Fühlen Sie sich nicht unter Druck.«
»Okay«, sagte Hiroshi.
Und dann war er wieder weg, der Investor. Hiroshi kam es ganz unglaublich vor, dass jemand wie Jens Rasmussen hier gewesen sein sollte, jemand, der einen Privatjet besaß, eine Jacht, der einer Organisation von Waldschützern jährlich fünf Millionen Dollar stiftete. Aber da war der Scheck. Ein Beweis, dass er nicht geträumt hatte.
Er sah auf. Draußen kam Nebel auf, vom Meer her, ungewöhnlich für die Jahreszeit.
Aber es war ja auch ein ungewöhnlicher Tag.
Hiroshi legte den Scheck in sein altes Masters-of-the-Universe -Notizbuch. Und dann saß er da und erlebte etwas, was er schon lange nicht mehr erlebt hatte: Er wusste nicht, was er nun tun sollte.
Er klappte seinen Computer auf, doch während der Schirm hell wurde, wurde ihm klar, dass er jetzt unmöglich E-Mails abrufen oder dergleichen Profanes machen konnte. Er schaltete den Computer wieder aus, stellte ihn weg.
Der Nebel draußen wurde zusehends dichter, kam in dicken Schwaden an. Der Turm des MacGregor House war nur noch in Umrissen zu erahnen. Und sein aufgeräumtes Zimmer kam Hiroshi plötzlich leer vor, leer und klein.
Hatte er einen Termin vergessen? Ihm war auf einmal so. Etwas zog an ihm, aber als er seinen Kalender konsultierte, fand er nichts.
Trotzdem: Er musste raus! Er warf eine Jacke über – die Auswahl fiel ihm jetzt leicht, denn er besaß nur noch eine –, schlüpfte in die Schuhe und ging. Niemand begegnete ihm in den Fluren. Das Haus wirkte so ausgestorben, wie er es an einem Samstagabend noch nie erlebt hatte.
Die Haustüre fiel mit einem jammernden Geräusch hinter ihm zu. Nebel hüllte alles ein. Auf dem Memorial Drive war wenig Verkehr, nur ein paar trübe Lichterpaare schoben sich langsam durch das Grau. Die Bäume auf dem breiten Mittelstreifen wirkten wie Schatten lauernder Ungeheuer, vom Fluss war nichts mehr zu sehen.
Hiroshi überquerte die Straße. Auf dem Radweg entlang des Charles River konnte man ewig laufen, stundenlang, wenn es sein musste. Sich richtig müde laufen. Vielleicht würde das die Gedanken zum Stillstand bringen.
Er war nicht der Einzige unterwegs. Bei einem der Bäume am Radweg stand eine Gestalt, die ihm bekannt vorkam. Er ging langsam näher heran.
Und dann konnte er zum zweiten Mal an diesem Tag kaum glauben, was er sah.
»Du?«, entfuhr es ihm.
Irgendwann war alles ausgepackt und eingeräumt, was Brenda auszupacken und einzuräumen anderen überlassen wollte, und dann kam auch schon die Pizza. Eine große Pizza, dazu Salat und italienischer Rotwein. Die Stimmung war bestens, sogar Juanita lachte inzwischen ab und zu und redete nicht mehr nur von Büchern.
Die Stimmung war so gut, dass Charlotte sich so früh wie möglich ausklinkte, um den anderen den Spaß nicht zu verderben. »Ich bin noch verabredet«, behauptete sie. »Lasst euch nicht stören.«
»Danke, dass du dabei warst«, sagte ihr Brenda, die sie zur Tür brachte, und umarmte sie.
Charlotte lächelte sie wehmütig an. »Alles Gute für deine erste Nacht im eigenen Heim.«
Nebel stieg auf, als sie losfuhr, wurde überraschend schnell dichter, und Charlotte verfuhr sich. Auf einmal war sie in Downtown, fuhr am Cloud Eight vorbei, und seltsam, ihre Augen brannten plötzlich … Was war nur los mit ihr?
Endlich war sie zu Hause, konnte die verschwitzten Klamotten in den Wäschekorb stopfen, sich unter die heiße Dusche stellen und alles loswerden, den Dreck, den Staub, den Schweiß. Und ihre innere Unruhe.
Gerade als sie aus dem Bad kam und sich die Haare frottierte, klingelte das Telefon. Sie beugte sich über das Display. James.Sie streckte die Hand aus, hielt aber über dem Hörer inne, einfach so, und wartete. Nach fünfmal Klingeln hörte es auf. Beim sechsten Mal wäre ihr alter
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