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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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Kirchturm tapezieren?«
    Er lachte. »Ich plane einen Garagenflohmarkt. Was meine Tante im Laufe der Jahre so angesammelt hat, ist einfach unglaublich. Aber manches ist vielleicht doch zu schade zum Wegschmeißen.«
    Klasse! Ein Garagenflohmarkt im gediegenen Wohnviertel der Spengers, das war mal was. »Was gibt's denn da?«, fragte ich neugierig.
    »Nichts, was Ihnen gefiele, Lena. Seidenlampen mit Troddeln, eine samtbezogene Couchgarnitur, viel Bleikristall, so Zeug. Und jede Menge Teddybären, da hatte meine Tante wirklich einen Tick.«
    »Teddybären? Und die wollen Sie auf einem Garagenflohmarkt verhökern? – Die könnten richtig was wert sein.«
    »Das glaube ich nicht. Die Dinger sind uralt und zum Teil schon ganz kahl. Die würde ich nicht mal guten Gewissens einem Waisenhaus schenken.«
    Ich starrte ihn an. »Wissen Sie, es könnte sein, dass Sie da einen richtigen Schatz geerbt haben«, sagte ich vorsichtig, um ihn nicht zu erschrecken. »Manche Leute zahlen ein Vermögen für alte Teddys, da gibt es eine riesige Sammlerszene. Und was Sie ›kahl‹ nennen, heißt in diesen Kreisen ›abgeliebt‹ und macht den Teddy erst so richtig wertvoll.«
    »Tatsächlich?« Der Professor starrte grübelnd auf seine Tapeziertische. »Tja, möglicherweise haben Sie Recht. Ich dachte, das sei einfach eine Marotte der guten Tante Otti. Sie war nämlich etwas wunderlich, müssen Sie wissen. Sie hat lauter Kram gesammelt, alte Puppen zum Beispiel auch. Der letzte Kitsch!«
    »Alte Puppen?«
    »Alte Puppen.« Der Professor nickte grimmig.
    »Was hat Ihre Tante noch so alles gesammelt?«, fragte ich atemlos.
    »Ich weiß nicht, das ganze Haus ist voller Gerümpel. Altes Geschirr vielleicht? Davon gibt's jedenfalls jede Menge. Und eine ganze Truhe voller alter Leinentücher, bestickt. Grottenhässlich, sage ich Ihnen!« Er grinste.
    »Ihre Tante muss ziemlich wohlhabend gewesen sein.«
    Der Professor zuckte die Achseln. »Das habe ich eigentlich angenommen. Ihr Mann war irgendein hohes Tier beim Beamtenheimstättenwerk, und ich dachte, er hätte ganz gut verdient Aber außer dem Haus ist da nicht viel. Wenn ich am Samstag noch drei-, vierhundert Euro einnehme, kann ich mich schon glücklich schätzen.«
    »Ja, und noch glücklicher können sich die Leute schätzen, an die Sie Ihre Sachen verscherbeln«, sagte ich trocken. »Sie haben echt keine Ahnung – oder wollen Sie mich verarschen?«
    Er starrte mich völlig verblüfft an. »Sie verarschen? Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Gerd«, sagte ich, und diesmal fiel es mir wirklich leicht, ihn mit seinem Vornamen anzureden, er kam mir plötzlich sehr jung vor. »Gerd, diese Sachen, von denen Sie da erzählen, sind vermutlich ein Vermögen wert! Allein die Teddys! Davon könnte jeder einzelne ein paar Hundert Euro bringen, manche vielleicht sogar mehr! Und die Puppen! Sie sind verrückt, wenn Sie das alles für einen Apfel und ein Ei weggeben!«
    Der Professor schüttelte ungläubig den Kopf. »Aber das ist doch alles Ramsch! Wer will den Scheiß denn haben?«
    »Oh, Sie werden sich wundern! Hören Sie, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich gucke mir die Sachen irgendwann mal an, und wenn es das ist, was ich vermute, rufe ich einen Auktionator in Hamburg an, den ich kenne. Der soll den ›Scheiß‹ mal schätzen.«
    Der Professor sah mich unsicher an. »Das würden Sie tun?« Dann hellte sich sein Gesicht auf. »Haben Sie jetzt Zeit? Kommen Sie doch gleich mit!«
    Ich überlegte einen Moment. Heute war Freitag, Mama Spengers Sauna- und Friseurtag, ich würde ihr also wohl kaum über den Weg laufen. »ja, klar, warum nicht? Meine Lampe kann ich auch später kaufen. Und Sie sollten diese Tische da lieber stehen lassen, ich wette, die brauchen Sie nicht.«
    Der Professor schob den Einkaufswagen verstohlen hinter einen Stapel Lavalampen, und wir machten uns davon.
    In dem Haus sah es genau so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Viel Samt, viel Plüsch, eine dezent gemusterte Tapete, die ihre besten Tage hinter sich hatte. Ein wunderschöner, alter Sekretär, eine Biedermeierkommode. Und auf allen Möbeln saßen Teddys. Große, kleine, dicke, dünne, braune, schwarze, gelbe. Alle, das sah ich sofort, alt. Richtig alt. »Mann, das ist ja ...« Ich war fassungslos. Es war unbeschreiblich. Wohin man blickte, überall waren Teddys. Sie saßen auf den Sofalehnen, in den Fensterbänken, auf Kommoden und Tischchen, sogar auf dem Sekretär. Langsam spazierte ich durch dieses Museum der

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