Herr der Daemmerung
tat, wen sie auch rettete oder wie sehr sie sich auch bemühte - in ihren Adern würde immer Vampirblut fließen. Sie war durch ihre bloße Existenz eine potenzielle Gefahr für die Menschheit.
Aber Hugh wirkte entsetzt. »Sag das niemals.« Er starrte sie noch einen Moment länger an, dann fasste er sie an den Schultern und drückte sie. »Jez, du bist eine der Besten, die ich kenne. Was du vor dem letzten Jahr getan hast, ist... »
»Ist ein Teil von mir«, sagte Jez. Sie versuchte, nicht seine warmen Hände durch ihr T-Shirt zu spüren, versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass seine kleine Berührung einen Schock durch ihren ganzen Körper sandte. »Und nichts kann daran etwas ändern. Ich weiß, was ich bin.«
Hugh schüttelte sie schwach. »Jez ...«
»Und im Moment muss ich diesen Ghoul loswerden. Und du solltest besser nach Hause gehen.«
Eine Sekunde lang dachte sie, er würde sie wieder schütteln; doch dann ließ er sie langsam los. »Du nimmst den Auftrag offiziell an?« Die Art, wie er es sagte, klang so, als gebe er ihr eine letzte Chance, es nicht zu tun.
»Ja.«
Er nickte. Er fragte nicht, wie sie vorhatte, in eine Gang zurückzukehren, die sie verlassen hatte, oder wie sie aus Morgead, der sie hasste, Informationen herausholen wollte. Jez wusste, warum. Er vertraute einfach darauf, dass sie es schaffen konnte.
»Wenn du etwas herausgefunden hast, ruf diese Nummer an.« Er stöberte in seiner anderen Jeanstasche und reichte ihr ein Stück Papier, das wie eine Visitenkarte aussah. »Ich werde dir einen Ort nennen, wo wir uns treffen können - abseits dieses Hauses. Wir sollten nichts am Telefon bereden.«
Jez nahm die Karte entgegen. »Danke.«
»Bitte, sei vorsichtig, Jez.«
»Ja. Kann ich die Artikel behalten?«
Er schnaufte. »Klar.« Dann warf er ihr ein trauriges Lächeln zu. »Aber du wirst sie wahrscheinlich nicht brauchen. Schau dich einfach um. Sieh dir die Nachrichten an. Da siehst du alles, was geschieht.«
»Wir werden es aufhalten«, sagte Jez. Dann dachte sie noch einmal nach. »Wir werden es versuchen.«
***
Am nächsten Morgen hatte Jez ein Problem. Das Problem war Claire.
Sie sollten zusammen zur Schule fahren, um sicherzustellen, dass Jez nicht blaumachte. Aber Jez musste blaumachen, um Morgead zu finden. Sie mochte sich nicht vorstellen, was für Schwierigkeiten sie mit Onkel Jim und Tante Nanami bekommen würde - aber es war von entscheidender Wichtigkeit, Morgead so schnell wie möglich zu erreichen. Sie konnte es sich nicht leisten, Zeit zu verschwenden.
An der ersten größeren Ampelkreuzung - wovon es in Clayton nicht viele gab - schlug sie sich mit der Hand an die Stirn.
»Ich habe mein Chemiebuch vergessen!« Sie löste ihren Gurt und schlüpfte gerade in dem Moment aus dem Audi, als die Ampel grün wurde. »Fahr du schon mal!«, rief sie Claire zu, ließ die Tür zukrachen und beugte sich durch das offene Fenster. »Ich werde dich einholen.«
Claires Gesichtsausdruck verriet, dass sich ihre Temperatur dem Siedepunkt näherte. »Bist du verrückt? Steig ein! Ich werde dich zurückfahren.«
»Du wirst zu spät kommen. Fahr ohne mich.« Sie machte eine kleine flatternde Bewegung mit den Fingern, um Claire zu ermutigen.
Eins der drei Autos hinter Claire hupte.
Claire öffnete den Mund und klappte ihn wieder zu. Ihre Augen funkelten. »Du hast das absichtlich getan! Ich weiß, dass du etwas im Schilde führst, Jez, und ich werde herausfinden ...«
Hup. Hup.
Jez trat zurück und winkte zum Abschied.
Claire fuhr weiter, und Jez hatte es gewusst. Claire konnte dem Druck der hinter ihr hupenden Autos nicht standhalten, deren Fahrer ihr heftig bedeuteten, dass sie den Weg freimachen solle.
Jez drehte sich um und begann nach Hause zu laufen, in einem glatten, stetigen Rhythmus, der sie über den Boden fliegen ließ.
Als sie dort ankam, war sie nicht einmal außer Atem. Sie öffnete die Garage und griff nach einem langen, schmalen Bündel, das sie in einer Ecke versteckt hatte. Dann drehte sie sich zu ihrem Motorrad um.
Neben Hugh war es die Liebe ihres Lebens. Eine Harley. Eine 883 Sportster Hugger. Nur siebenundzwanzig Zoll hoch und siebenundachtzig Zoll lang, eine schlanke, helle Wahnsinnsmaschine. Sie liebte ihre klassische Schlichtheit, ihre kalten, klaren Linien, ihren spärlichen Körper. Sie betrachtete ihre Harley wie ein Vollblut aus Stahl und Chrom.
Jetzt schnallte sie sich das lange Bündel diagonal auf den Rücken, sodass es trotz seiner
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