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Herr der Daemmerung

Herr der Daemmerung

Titel: Herr der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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sie wusste: Wenn sie nachgab, war sie tot.
    Hab keine Angst. Hab keine Angst, sagte Morgead mit einer Stimme, die sie von ihm noch nie gehört hatte. Einer Stimme voll verzweifelter Sanftheit. Sein Geist versuchte, sich schützend um ihren zu legen, wie dunkle Flügel, die sie beschirmten und die sie sanft berührten.
    Jez spürte, wie sie dahinschmolz.
    Nein. Nein ...
    Doch, flüsterte Morgeads Stimme.
    Sie musste dem Einhalt gebieten - sofort. Sie musste die Berührung lösen. Aber obwohl Jez ihren Körper noch immer spüren konnte, schien es nicht in ihrer Macht zu liegen, ihn zu beherrschen. Sie konnte Morgeads Arme spüren, die sie stützten, und seine Lippen auf ihrer Kehle, und sie wusste, dass er immer noch trank. Aber sie konnte nicht einen Finger rühren, um ihn wegzustoßen. Die Muskeln, die sie so unbarmherzig trainiert hatte, damit sie ihr unter allen Umständen gehorchten, ließen sie jetzt im Stich.
    Sie musste es mit einer anderen Methode versuchen.
    Dies sollte nicht geschehen, sagte sie zu Morgead und zog die ganze Energie ihres Entsetzens hinter den Gedanken.
    Ich weiß. Aber das liegt daran, dass du dagegen ankämpfst. Wir sollten inzwischen längst anderswo sein.
    Jez war verärgert. Wo sollten wir sein?
    Ich weiß es nicht , antwortete er, und sie konnte einen Anflug von Traurigkeit in seinen Gedanken wahrnehmen. An irgendeinem Ort — tiefer. Wo wir wirklich zusammen wären. Aber du willst deinen Geist nicht öffnen ...
    Morgead, wovon redest du? Was geht deiner Meinung nach hier vor?
    Er wirkte aufrichtig überrascht. Weißt du das denn nicht? Es ist das Prinzip der Seelengefährten.
    Jez hatte das Gefühl, als zöge es ihr den Boden unter den Füßen weg.
    Nein. Das ist nicht möglich. Das kann nicht sein. Sie sprach nicht länger mit Morgead; sie versuchte verzweifelt, sich selbst zu überzeugen. Ich bin nicht Morgeads Seelengefährtin. Ich kann es nicht sein. Wir hassen einander ... er hasst mich ... das Einzige, was uns verbindet, sind unsere ständigen Streitereien ...
    Er ist unmöglich und gefährlich und hitzköpfig und halsstarrig ... er ist verrückt... er ist wütend und feindselig ... er ist frustrierend und aufreizend, und er liebt es, mich unglücklich zu machen ...
    Und ich glaube nicht einmal an Seelengefährten. Und selbst wenn ich es täte, würde ich nicht glauben, dass es so geschehen könnte. Einfach peng, aus heiterem Himmel, als würde man von einem Zug überrollt, wenn man nicht hinschaute; ohne irgendeine Vorwarnung oder auch nur ein vorangegangenes Gefühl der Anziehung.
    Aber die bloße Hysterie ihrer eigenen Gedanken war ein schlechtes Zeichen. Alles, was ihr derart die Selbstbeherrschung rauben konnte, war beinahe unvorstellbar mächtig. Und sie konnte immer noch spüren, wie es an ihr zog, wie es versuchte, ihr die Wolkenschichten zu zerreißen, hinter denen sie sich versteckte. Es wollte, dass Morgead sie sah , wie sie wirklich war.
    Und es versuchte, ihr Morgead zu zeigen. Blitze seines Lebens, seiner Selbst. Flüchtige Bilder, die sie trafen und ihr in die Seele zu schneiden schienen, bis ihre Intensität ihr den Atem raubte.
    Ein kleiner Junge mit einem zerzausten, dunklen Haarschopf und Augen wie Smaragden, der seine Mutter beobachtete, wie sie mit einem Mann zur Tür hinausging - wieder einmal. Der davonging, um allein in der Dunkelheit zu spielen und sich zu unterhalten. Und dann traf er ein rothaariges kleines Mädchen, ein Mädchen mit silbrig blauen Augen und einem strahlenden Lächeln. Und er war nicht länger allein. Und er kletterte mit ihr in der kühlen Nachtluft über Zäune, jagte kleine Tiere, fiel hin und kicherte ...
    Ein etwas älterer Junge mit längerem Haar, das ihm achtlos ums Gesicht fiel. Ein Junge, der zum letzten Mal seine Mutter davongehen sah, weil sie nie mehr zurückkommen würde. Der nach Nahrung suchte und in einem leeren Haus schlief, das immer schmutziger und schmutziger wurde. Der lernte, für sich selbst zu sorgen. Der sich selbst trainierte, um härter zu werden an Leib und Seele, und der einen mürrischen Ausdruck sah, wenn er in den Spiegel blickte ...
    Ein noch älterer Junge, der Menschen beobachtete, die schwach und dumm und kurzlebig waren, die aber auch all die Dinge hatten, die er nicht hatte. Familie, Geborgenheit, jeden Abend ein Essen. Er beobachtete die Geschöpfe der Nachtwelt, die Ältesten, die sich nicht dafür verantwortlich fühlten, einem verlassenen Vampirkind zu helfen ...
    Das habe ich nie gewusst,

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