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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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Taschenlampe. Ein Mädchen, vielleicht acht, neun Jahre alt, stand hinter ihnen auf dem Weg, fast unsichtbar in dem dunklen Kleid, das es trug. Die Doggen reichten ihr beinahe bis zur Schulter, sie hätte auf ihnen reiten können. »Sieh einer an!«, sagte sie. »Wie gut, dass ich so gern im Mondlicht spazieren gehe. Was sucht ihr hier?« Die Hunde spitzten die Ohren, als sie die Stimme hob. »Wisst ihr nicht, was mit Leuten passiert, die sich auf die Isola Segreta schleichen?« Scipio und Prosper sahen sich an.
»Wir wollen zum Conte«, antwortete Scipio, als wäre nichts dabei, mitten in der Nacht in einem fremden Garten herumzuspazieren. Vielleicht klang er auch so mutig, weil Prosper und er beide größer waren als das Mädchen. Aber Prosper fand, dass die Doggen das mehr als aufwogen. Sie standen neben ihr, als würden sie jeden zerreißen, der ihr zu nahe kam.
»Zum Conte. So, so. Macht ihr eure Besuche immer nach Mitternacht?« Das Mädchen leuchtete Scipio ins Gesicht. »Der Conte mag keine unangemeldeten Besucher. Schon gar nicht, wenn sie sich heimlich auf seine Insel schleichen.«
Dann richtete sie die Taschenlampe auf Prosper. Verlegen blinzelte er in das grelle Licht.
»Wir hatten eine Abmachung mit dem Conte!«, rief Scipio. »Aber er hat uns betrogen. Und das werden wir nur hinnehmen, wenn er uns auf dem Karussell fahren lässt. Auf dem Karussell der Barmherzigen Schwestern.«
»Ein Karussell?« Das Mädchen blickte nur noch feindseliger. »Ich weiß nicht, wovon du redest.« »Wir wissen, dass es hier ist! Zeig es uns!« Scipio machte einen Schritt auf sie zu, doch die Doggen entblößten sofort die Zähne, und Scipio wich an Prospers Seite zurück. »Wenn der Conte uns darauf fahren lässt, gehen wir auch nicht zur Polizei.« »Wie großzügig!« Das Mädchen musterte ihn spöttisch. »Wieso denkst du, dass er euch jemals wieder gehen lässt? Das hier ist die Isola Segreta. Ihr kennt doch die Geschichten. Wer diese Insel betritt, kehrt nicht zurück. Los!« Sie zeigte ungeduldig auf den Weg, der links von ihnen zwischen den Büschen verschwand. »Dort entlang. Und versucht nicht wegzulaufen. Glaubt mir, meine Hunde sind schneller als ihr.« Die beiden Jungen zögerten.
»Tut, was ich sage!«, rief das Mädchen ärgerlich. »Oder ihr seid Hundefutter!«
»Bringst du uns zum Conte?«, fragte Scipio. »Sag schon!« Aber das Mädchen antwortete nicht, sondern gab den Hunden einen leisen Befehl. Ohne einen Laut trabten sie auf Prosper und Scipio zu.
»Komm schon, Scip«, sagte Prosper und griff nach Scipios Arm. Widerstrebend ließ Scipio sich mitziehen. Die Hunde blieben so dicht hinter den Jungen, dass sie ihren heißen Atem im Nacken spürten. Ab und zu blickte Scipio sich um, als überlegte er, ob es nicht doch einen Versuch wert war, sich in die Büsche zu schlagen, aber Prosper hielt ihn jedes Mal am Ärmel fest.
»Von einem Mädchen gefangen«, knurrte Scipio. »Mann, gut, dass Riccio und Mosca nicht hier sind.« »Wenn sie uns wirklich zum Conte bringt«, flüsterte Prosper, »dann droh ihm besser nicht mit der Polizei. Wer weiß, was er sonst mit uns anstellt, klar?« Scipio nickte nur und blickte sich mit düsterer Miene zu den Hunden um.
Nicht lange und sie wussten, wohin das Mädchen sie brachte. Zwischen den Bäumen tauchte das Haus auf, das Prosper von der Mauer aus gesehen hatte. Riesengroß war es, größer als das Haus von Scipios Vater. Doch selbst im Mondlicht, das den Dingen schmeichelt, wirkte es unbewohnt und verwahrlost. Der Putz bröckelte von den Mauern, die Läden vor den dunklen Fenstern hingen schief in den Angeln und das Dach war so löchrig, dass der Mond hindurchschien. Eine breite Treppe führte zum Eingang hinauf. Von der Brüstung beugten sich Engel, aber die Seeluft hatte ihre Steingesichter zernagt, bis sie ebenso unkenntlich waren wie das Wappen über dem Portal.
»O nein, nicht dort hinauf!«, sagte das Mädchen, als Scipio auf die Treppe zusteuerte. »Heute Nacht wird der Conte bestimmt nicht mehr mit euch reden. Ihr könnt den Rest der Nacht im alten Pferdestall verbringen. Dort entlang.« Ungeduldig wies sie auf ein flaches Gebäude neben dem Haus, aber Scipio blieb stehen. »Nein!«, sagte er und verschränkte trotzig die Arme. »Nur weil du diese Riesenkälber bei dir hast, denkst du, du kannst uns herumkommandieren. Aber ich will jetzt den Conte sprechen. Sofort.«
Das Mädchen schnalzte, und die Doggen stießen Scipio und Prosper die Schnauzen in den Bauch.

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