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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Lamba, das zwischen den Flüssen Kwanza und Mbengu liegt, und verfuhr dort mit den Eingeborenen ziemlich ähnlich. Wegen dieser Triumphe wurde Velloria zum Mitglied im Orden Christi ernannt, was irgendeine heilige Bruderschaft der Portugiesen ist; und man gewährte ihm eine Pension von zwanzigtausend Reis, was sechs Pfund das Jahr ist, und er wurde zum Marcador dos Esclavos oder Verwalter der Sklaven ernannt, ein Amt, das ihm für jeden Sklaven, der auf seinem Territorium gefangen wird, eine gewisse Summe einbringt. Wie viele Schwarze er auf dem Feldzug niedermetzelte, der ihm diese Ehren einbrachte, kann ich nicht sagen. Doch zumindest ging keiner von ihnen als Sklave in die Zuckermühlen Brasiliens, so daß er ihnen in dieser Hinsicht eine Freundlichkeit gewährte: Man stirbt einen schnelleren Tod auf dem Schlachtfeld, als man sein Leben ausblutet, indem man Zuckerrohr schneidet und Mühlsteine dreht.
    Und ich, der ich in dem höllischen Presidio von Masanganu eingekerkert war, hatte keinen Anteil an all diesen heldenhaften und frömmigen Unternehmungen. Meine hauptsächliche Aufgabe dort war es, die Toten zu begraben, gemeinsam mit drei Zigeunern und zwei Portugiesen, von denen es hieß, sie seien ebenfalls gegen diese Krankheiten gefeit. Wir hoben Gräber aus und trugen die aufgeschwollenen, geschwärzten Leichen hinein und gaben ihnen eine Bestattung. Eine Zeitlang zählte ich die Toten, die ich unter die Erde brachte, doch dann, als es schon weit über hundert waren, verlor ich den Kerbstock. Denn dieses Masanganu war in der Tat ein Ort, wie Thomas Tomer vor langer Zeit voller Furcht erklärt hatte, wo die Menschen wie Hühner sterben. Doch wenn ein Huhn stirbt, muß sich niemand die Mühe machen, ein großes, tiefes Loch in die Erde zu graben, um es dort hineinzulegen, unter einer Sonne, die so heiß ist wie tausend mal tausend Backöfen auf einmal.
    Abgesehen von dieser Tätigkeit hatten wir nicht viel zu tun. Wir schoben Wache; wir reparierten das Fort, das wegen der schlechten Qualität des Mörtels in diesem Klima fortwährend zerfiel; wir schlugen Lichtungen in den Dschungel, wobei ich den Zweck dieses Tuns niemals erfuhr; wir reinigten Kanonen und fegten die Straßen. Manchmal jagten wir, was uns eine kleine Ablenkung war, Coccodrillos oder Flußpferde. Zu unserem Vergnügen hatten wir die einheimischen Frauen, von denen viele pockenvernarbt waren, und die Soldaten benutzten sie freimütigst auf jede Art, nach der es sie verlangte, einschließlich einer, wegen der sie, wie ich glaube, auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden wären, wenn die Jesuiten davon Wind bekommen hätten, denn sie trieben Sodomie mit ihnen. Dies wurde eine Zeitlang die Regel in Masanganu, und immer, wenn man hörte, wie eine Frau in der Ferne vor Schmerz schrie, konnte man sicher sein, daß irgendein fröhlicher Portugiese sie auf den Bauch geworfen hatte und seinen Prügel zwischen ihre Hinterbacken rammte. Dies versuchte ich jedoch niemals, denn ich hielt es für eine Lasterhaftigkeit, wo Gott doch direkt daneben einen viel süßeren und natürlicheren Eingang geschaffen hatte. Von Zeit zu Zeit nahm ich mir eine Frau auf die natürliche Weise, selten eine ein zweites Mal und niemals öfter, als das Feuer der Lust es unbedingt verlangte. Ein mir bekannter Zigeuner zeigte mir freundlicherweise ein Arzneimittel gegen die Geschlechtspocken, das aus einer gewissen Salbe aus Palmöl und frisch gelegten Eiern bestand; man mußte diese Substanz sofort nach dem Geschlechtsverkehr anrühren und sich damit das Glied, die Hoden und die Schenkel einreiben. Dies tat ich trotz der schleimigen Fäule der Substanz unnachgiebig, und ich holte mir in Masanganu keine Pocken, obwohl ich nicht sagen kann, ob dies an der Wirksamkeit der Zigeunermedizin lag oder nur reines Glück war.
    So vergingen die Monate und Jahre. Ich war mir gewiß, daß ich den Rest meines Lebens an diesem Ort verbringen würde, und gestehe ein, so seltsam sich dies auch anhören mag, daß ich eine gewisse Zeitlang dagegen überhaupt nicht aufbegehrte. Was?, werdet Ihr sagen. Andrew Battell hat sich mit der Gefangenschaft abgefunden, ist nur noch ein geduldiges Arbeitstier? Ja, so war es. Doch ich bitte Euch zu bedenken, daß ich meine Heimat im Frühjahr ‘89 verlassen hatte und nun sechs und sieben und acht Jahre vergangen waren und ich den Großteil dieser Jahre ein Gefangener gewesen war – manchmal unter angenehmeren Umständen, manchmal unter unangenehmeren, doch kaum

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