Herr der Finsternis
schlechten Werke von Menschenhand; und es erschien mir überaus friedlich und schön, all das fortzuwischen und in die Stille des ersten Paradieses zurückzukehren.
Und als der Morgen kam, stieg Imbe Calandola auf ein hohes Gerüst und hielt seinen Truppen eine Kriegsrede, mit der er ihre Kampfeswut anstachelte. Woraufhin sie zur Stadt Kalungu schwärmten und sie nahmen und die Bewohner mit dem Schwert und die hohen, schlanken Palmbäume mit der Axt fällten und viele dieses Volkes gekocht und gebraten aßen und ihre Kinder in den Stamm der Jaqqas zwangen. Und auf diese Art wurde ein weiterer Teil des Landes seiner angestammten Reinheit übergeben. Und dabei – dies glaube ich wirklich – waren sich die Jaqqas keinerlei Heuchelei bewußt, sondern völlig aufrichtig; sie handelten in der vollen Überzeugung, daß dies ihre göttliche Mission war: zu verwüsten und vernichten, bis sie alle Dinge wieder zu einem Ganzen gemacht hatte. Aye, und Gott verschone uns vor einer solch schrecklichen Tugend!
3
Ich lege ein volles Geständnis ab. In dem Krieg, den die Jaqqas gegen die gesamte zivilisierte Welt vom Zaun gebrochen hatten, hatte ich mit viel Herzenslust und Lebendigkeit meinen vollen Anteil.
Denn Calandola hatte nicht im Scherz oder in müßiger Prahlerei gesprochen, als er mich in meiner Hochzeitsnacht zu seinem Unterführer und zum Führer all seiner Krieger ernannt und mir dem Namen Kimana Kyeer, Herr des Donners, gegeben hatte. Aus Liebe zu meiner Muskete oder aus Liebe zu meinem goldenen Haar hatte er mich mit einem Schlag zum Fürsten unter diesem Volk erhoben, mich, der ich so lange Gefangener und Sklave und Faustpfand der Portugiesen gewesen war. Nun, da wir in die Schlacht zogen, erwartete er in der Tat von mir, daß ich meiner Rolle als rechte Hand des Imbe-Jaqqa gerecht wurde, und ich wurde ihr mit der ganzen Inbrunst meiner Seele gerecht.
Indem er mir eine solch hohe Stellung verlieh, setzte er natürlich andere herab. Es gab, wie ich schon sagte, zwölf hohe Hauptmänner des Jaqqa-Stammes. Zuerst kam Calandola und dann, erst weit, weit hinter ihm, durch das Recht des Blutes, Kinguri. Ich will euch die Namen der zehn anderen nennen, die Ntotela, Zimbo, Kulambo, Ngonga, Kilombo, Kasanje, Kaimba, Bangala, Ti-Bangala und Machimba-lombo hießen. Alle von großer Statur und fürchterlicher Erscheinung, obwohl ich am Anfang kaum den einen vom anderen unterscheiden konnte. Ich kannte sie nur als langbeinige Gestalten, die mit einer eigenen Gefolgschaft wie Geister durch das Jaqqa-Lager schritten und bei den Festen dicht neben Calandola und Kinguri saßen und gewisse Privilegien hatten. Doch natürlich kam mit der Zeit eine gewisse Vertrautheit, und ich lernte jeden in seinem Wesen kennen und entdeckte, daß einige meine Feinde und andere mir mit dem Herzen freundlich zugetan waren. Doch dieses Wissen kam später.
Als wir in das Tal Kalungu gingen, um es zu nehmen, war ich bei ihnen, mit Kinguri zu meiner Linken und Kulambo, der die längsten Arme hatte, die ich jemals bei einem Menschen gesehen hatte, zu meiner Rechten. Calandola war nicht bei uns, denn er hatte sich in einer großen, scharlachroten Sänfte, die er manchmal benutzte, voraustragen lassen und gab von vorn seine Anweisungen. Doch die anderen schienen mich zu mustern, um zu sehen, was ich tun würde.
Als wir eine kleine Erhebung vor der belagerten Stadt erreichten, wo sich der Boden in seltsamen kleinen, lohfarbenen und sehr schmalen und unzulänglichen Hügeln zu mehr als dreifacher Mannesgröße hob, sagte ich: »Hier werde ich Stellung beziehen und ihnen zeigen, wofür eine Muskete gut ist!«
Und ich erkletterte einen Hügel, von dem aus ich zur Stadt hinabblicken konnte, die innerhalb der Schußweite meiner Waffe lag. Und mit meiner Muskete gab ich einen betörend lauten Schuß ab, der die Schwarzmohren erschreckte, die aus Kalunga gekommen waren, um sich zu verteidigen, und sie augenblicklich in die Flucht schlug.
»Kimana Kyeer!« erklang der Ruf, als ich meinen ersten Schuß abgab. Ich glaube, zehn Mann fielen, obwohl ich wahrscheinlich nicht mehr als einen getroffen haben konnte; die anderen waren wohl vor Schreck gestorben.
Ich zielte und schoß erneut. Und erneut kam der Ruf »Kimana Kyeer!« von den Jaqqas, doch nun erklang er auch, und nicht so jubilierend, aus den Kehlen der Männer von Kalungu.
Mit diesen beiden Schüssen versetzte ich die Stadt in Aufruhr. Imbe Calandola kam aus seiner Sänfte, um zu sehen, was geschehen
Weitere Kostenlose Bücher