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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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das ist es nicht.« Sie legte ihre Finger auf die Lippen. »Wir sind hier Christen, doch wir kennen auch noch einige der alten Dinge, die, die einem von Nutzen sind. Behaltet es bei Euch, Andres, dicht an Eurem Körper, und alles wird gut für Euch ausgehen.« Dann legte sie ihre Hand über die meine, die den Talisman hielt, und sagte: »Doch noch etwas. Zeigt es nicht den Portugiesen, denn sie verstehen nichts von diesen Dingen. Und wenn sie es finden sollten, bitte ich Euch, nicht zu sagen, daß Ihr es von mir habt. Denn sie glauben, daß ich auf meine Art ganz und gar Portugiesin bin, und ich möchte nicht, daß sie wissen, daß ich ein paar der alten Lehren folge. Nun, Andres? Werdet Ihr mir dies schwören, Andres?«
    Sie erschreckte mich. Ich spürte, daß sie mich in eine Teufelsfalle führte. Vielleicht war es, weil ich kürzlich in meinem Geiste das Stück von Samson geschrieben hatte, der von der Delila in eine Falle gelockt wurde, die ihn vernichtete, von der Frau eines anderen Stammes, die in den Diensten des Feindes stand. Und hier war sie und spielte mit meinem Haar, wie Delila mit dem Samsons gespielt hatte. Aye, ich fürchtete Doña Teresa. Ich fürchtete sie wegen ihrer Schönheit, die überwältigend war und über der irgendeiner anderen Frau lag, die ich kannte, und ich fürchtete sie auch, weil sie zum Teil Portugiesin und zum Teil Afrikanerin war, was heißt, Papistin auf der einen und Dämonenanbeterin auf der anderen Seite, doch zu keinem Quentchen ihres Körpers Engländerin. Zu dieser Zeit meiner Unerfahrenheit blickte ich auf Frauen hinab, die nicht englisch waren, und fürchtete, sie seien erschreckend anders, nicht zuletzt, weil ich mir eine französische ausgesucht hatte, mir als erste beizuwohnen. Für mich war Doña Teresa ein siedender Topf voller Geheimnisse und Magie, ein Eintopfkessel voller unbekannter Gefahren. Und andererseits argwöhnte ich, daß sie für ihre portugiesischen Herren spionierte, was mich natürlich vorsichtig machte. Deshalb versuchte ich auch nicht, sie zu umarmen.
    Sie fühlte meine Kälte und zog sich nach einer Weile zurück und sagte, wobei sie ihre Verärgerung gut, aber nicht vollständig verbarg: »Es war nicht leicht für mich, die Erlaubnis zu bekommen, Euch zu besuchen.«
    »Werdet Ihr wiederkommen?«
    »Wollt Ihr es?«
    »Warum seid Ihr gekommen?«
    »Als Ihr krank wart, habe ich Euch gepflegt. Daher bin ich der Meinung, daß mir ein Teil Eures Lebens gehört. Nun leidet Ihr wieder, auf andere Art, und meine Seele ist bei Euch.«
    »Ihr seid sehr freundlich, Doña Teresa.«
    »Es heißt, ich könne Euch jeden zweiten Tag besuchen. Ich werde dies tun.«
    Sie musterte mich, als wartete sie darauf, daß ich dies ablehnte. Doch ich tat es nicht. So unsicher, wie ich mir über sie sein mochte, war ich nicht so töricht, die erste Gesellschaft abzulehnen, die ich seit vielen Monaten gehabt hatte. So sagte ich ihr, ich würde ihre Besuche willkommen heißen, und dies war in der Tat keine Lüge. Ich verbrachte den folgenden Tag damit, die Stunden zu zählen. Sie hatte den Rhythmus meiner Einsamkeit durchbrochen, und ich konnte mich nun nicht mehr den kleinen Ablenkungen widmen, den Gesprächen und Phantasien, die mir die Zeit vertrieben hatten. Ohne daß es meine Absicht gewesen war, hatte Doña Teresa mein philosophisches Gleichgewicht zerstört und mich ins Leben zurückgeholt.
    Als sie wiederkam, brachte sie zwei Dinge mit sich, die sie nacheinander in die Zelle trug. Das erste war eine Flasche Wein: nicht der süße Palmenwein der Mohren, den Barbosa mir einmal gegeben hatte, sondern echter Rotwein aus Portugal, dessen Geschmack ich schon ganz vergessen hatte.
    »Dies war auch nicht leicht«, sagte sie. »Solcher Wein ist hier selten.«
    »Ihr erweist mir eine große Freundlichkeit. Kommt, laßt uns den Korken ziehen!«
    »Nicht so schnell, nicht annähernd so schnell.« Sie stellte den Wein beiseite, ging hinter die Palisade und kam einen Augenblick später zurück, ein breites Becken und einen großen, rauhen, gelben Schwamm tragend. »Legt Eure Kleidung ab«, sagte sie zu mir.
    »Doña Teresa…«
    »Meint Ihr, Euer Geruch sei angenehm?«
    »Nay, hier gibt man kein Parfum an die Gefangenen aus. Doch es beschämt mich, einfach meine Kleidung vor Euch abzulegen.«
    »In dem Hospiz lagt Ihr völlig ohne Kleider da und empfandet keine Scham dabei.«
    »Damals war ich auch nicht bei Sinnen.«
    »Die Gestalt Eures Körpers ist mir kein Geheimnis. Und wenn wir

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