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Herr der Nacht

Herr der Nacht

Titel: Herr der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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Abreise. Sie ist eine Dämonin.«
    »Ich kann es nicht ertragen, daß sie geht.«
    »Sie hat dich willenlos gemacht«, sagte Mirrasch. »Aber um die Wahrheit zu sagen, das ist ihre übliche Methode. Du bist nicht schlechter als der Rest. Oh, mein Bruder«, sagte er und zog Jurim auf die Füße, »sag ihr, sie soll fortgehen. Die Wunde wird verheilen. Sie ist ein langsames Gift, die Dame Tod …«
    Jurim sagte: »Du weigerst dich also? Es ist dein gutes Recht. Nur sprich.«
    »Ja, zu deinem eigenen Besten, ich weigere mich.«
    Zorayas lächelte nur, als sie es hörte.
    »Nun gut, ich habe die Hälfte des Preises. Wenn du mich wiedersehen willst, Süßer, mußt du mir den Rest davon schicken. Und meine Küsse werden umso teurer sein für die Verzögerung.«
    Sie stand an der Brüstung und ein goldener Wagen kam hinter der Sonne hervor, der von schwarzen Hunden mit Flügeln gezogen wurde. Die Zauberin stieg in den Wagen und wurde davongetragen, und ihre Begleitung folgte ihr.
    Die Pein, die Jurim daraufhin befiel, war schrecklich anzusehen. In weniger als einem Monat wurde er bleich und dünn, ein eingeschrumpfter Grashüpfer, er, der doch so schön und stark gewesen war. Er konnte weder essen noch schlafen oder ruhen, sondern wandelte Tag und Nacht ruhelos im Palast umher und lehnte sich vor Schwäche an die Säulen und Wände und weinte. Er machte Mirrasch keine Vorwürfe, daß er seinen Teil von ihres Vaters Schatz zurückhielt, aber Mirrasch fühlte seines Bruders Verzweiflung und Krankheit, als ob sie seine eigenen wären, und schließlich brach seine Standhaftigkeit in sich zusammen.
    »So komm denn, mein armer Bruder, nimm alles, was ich habe, und alles, was der Palast in sich birgt, und gib es ihr und bitte sie, zu dir zurückzukommen.« Aber das Herz in seiner Brust bestand aus kaltem Eisen, denn er wußte, daß sie kein Mitleid hatte, und daß ihre Gunst nur eine kurze Weile währen würde. Sie währte nicht einmal so lange.
    Jurim begab sich mit einer großen Karawane nach Zojad; Zorayas empfing das Geschenk aus seiner Hand: dreihundert Diamanten in den verschiedensten Größen. Dann bat sie ihn, in seine Wüste zurückzukehren. Sie würde ihn bald besuchen. Jurim flehte sie an, und sie wurde zornig. Sie sagte, er sei nicht mehr, wie sie ihn in Erinnerung hatte, sondern zusammengefallen und häßlich. Sie hetzte ihre Soldaten auf ihn. Er kam geschlagen und blutig auf einer Bahre nach Hause und ergriff Mirraschs Hand am Tor und keuchte: »Ist sie vor mir angekommen?« und später, als er im Bett lag: »Ist sie immer noch nicht gekommen?«
    »Nein«, sagte Mirrasch. »Und wenn ihr Gesicht ihrem Charakter entspräche, wäre sie nicht schön.«
    Als es ihm ein bißchen besser ging, lag Jurim am Jaspis-Gitter im hohen Turm, starrte nach Westen und hielt nach ihr Ausschau. Manchmal wurde der Sand aufgewirbelt und nahm die Farbe des Sonnenuntergangs an, und dann richtete er sich auf und rief, daß sie sich näherte.
    Es waren keine Diamanten mehr übrig, weder für Jurim noch für Mirrasch, Zorayas hatte sie alle; alle außer einem einzelnen blauen Diamanten, der die Verzierung am Tor zu ihres Vaters Grab bildete.
    Als er vor dem Jaspis-Fenster lag, begann dieser Diamant Jurim zu verfolgen. Schließlich flehte er Mirrasch an, den Edelstein zu nehmen, damit nach Zojad zu gehen und Zorayas zu bitten, Mitleid mit ihm zu haben.
    »Unser Vater wird mir vergeben. Er würde mich nicht wegen dieser Liebe sterben lassen, die mich andernfalls töten wird.«
    »Kannst du nicht versuchen, diesen bösartigen Fluch zu bekämpfen?« fragte Mirrasch. »Sie wird dir nichts mehr von sich geben, sondern wird auch noch die letzten Reichtümer aus uns heraussaugen; hat sie uns nicht schon genügend geschröpft?«
    Aber er konnte sehen, daß es sich in Wirklichkeit um eine Krankheit und einen Fluch handelte, um einen Wurm im Herzen seines Bruders. Jurim war nun so schwach, daß er sicherlich bald sterben würde. Wenn diese letzte Tat ihn trösten könnte, ihm vielleicht Kraft gäbe, ein wenig länger zu leben, dann konnte Mirrasch es ihm nicht abschlagen. Und obwohl er seines Vaters Bibliothek umsonst durchstöbert hatte, würde er vielleicht in der Stadt der Hexe einen klugen Magier finden, der ein Heilmittel gegen diese tödliche Liebeskrankheit entdecken könnte.
    Mirrasch nahm seines Bruders Hand und drückte sie und sagte ihm, daß er tun wolle, wie er es wünschte, und er den Göttern vertrauen solle. Dann brach Mirrasch den

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