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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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weißt genau, dass ich mit meinem kranken Herzen keinen Kaffee trinken darf. Außerdem bekommt man Rheuma davon. Das habe ich gerade gelesen.
    Mein Herz ist kerngesund. Und Rheuma habe ich schon. Ich brauche meinen Kaffee!
    Bitte. Du erinnerst dich sicher noch, wo die Küche ist …
    Moritz erhob sich, während Alfred sich setzte.
    What a lovely day!, rief er. Bin ich froh, dass die klafte weg ist. Wir schaffen das schon. Wäre doch gelacht!
    Moritz ging ohne ein Wort aus der Tür.
     
    Er stand in der großen Küche und wusste nicht, wo er zuerst suchen sollte. Er öffnete ein paar Türen am Küchenschrank und forschte nach der Kaffeedose. Schließlich fand er sie auf dem Sideboard.
    Im Eckschrank dann die Kanne und das Filterpapier. Er suchte nach einem Topf, füllte Wasser aus dem Hahn hinein, zündete die Gasflamme an und setzte den Topf auf den Herd. Dann fiel ihm ein, dass sie ja einen elektrischen Wasserkocher besaßen. Moritz nahm den Topf vom Herd und ließ Wasser in den Kocher ein. Dann wartete er, bis es kochte.
    Jetzt wurde ihm bewusst, was der Verlust der Haushälterin im alltäglichen Leben bedeutete: putzen, waschen und vor allem kochen. Wenn er das Alfred überließ, gab es von nun an täglich Spaghetti. Vermutlich würden beide in den nächsten Wochen öfter im Café Laumer zum Frühstück auftauchen und könnten sich abends hin und wieder eine Pizza kommen lassen oder eine Dose mit Gemüse aufmachen oder was auftauen, aber schön war das nicht. Das Haus würde langsam verkommen, denn es war nicht damit zu rechnen, dass Alfred je einen Staubsauger bewegen würde, und für ihn selbst war die körperlich anstrengende Hausarbeit Gift. Warum hatte er sich nicht sofort nach Frau Stöckleins Kündigung um eine Haushälterin bemüht? Hatte er am Ende gehofft, sie würde bleiben?
    Als er den dampfenden Wasserkocher in der Hand hielt, wurde ihm schlagartig klar, dass es nicht schlecht wäre, zunächst Kaffee in die Filtertüte zu füllen!
    Als das Wasser durch den Filter gluckerte und ihm Kaffeeduft in die Nase stieg, dachte er mit einem Mal an glückliche Tage in der Bockenheimer Landstraße, wenn es am Sonntagnachmittag Kaffee und Kuchen gegeben hatte. Gerüche waren der beste Katalysator für Erinnerungen.
    Moritz war sechzehn, Alfred dreizehn. Sie machten das Riesensonntagsrätsel mit Onkel David und wetteiferten, wer am schnellsten die Lösung hatte. Er war damals nicht schlecht. Es wurde viel gelacht, Onkel David war ein genialer Witzeerzähler. Onkel David! Der Mann der ihnen so nah war und doch auf rätselhafte Weise stets ein wenig fern blieb. Wieso hatte seine Mutter das Geheimnis so lange für sich behalten? Erst nach Davids Tod erfuhren sie die Wahrheit. Nichts war mehr wie vorher.
    Der Kaffee war fertig. Moritz nahm die Kanne und ging aus der Küche. Als er in den Wintergarten kam, saß Alfred im Korbsessel und nippte an seinem Tee.
    Morgen kaufe ich Nescafé, sagte Moritz.
    Er wollte sich einen Keks nehmen, aber dann bemerkte er den Teller.
    Was ist das für ein Teller?, fragte er.
    Darauf hatte Alfred nur gewartet.
    Meißen? Hutschenreuther? Was weiß ich?
    Ist er milchig?
    Tu mir bitte einen Gefallen und hör auf mit diesem Aberglauben, milchig, fleischig!
    Dann zeigte er auf den Keks und näselte wie im Englischkurs:
    Is this cookie really kosher?
    Alfred nahm provozierend einen Keks und biss hinein. Mit den Krümeln spuckend rief er:
    Der Keks schmeckt. Er kann nicht koscher sein!
    Du musst ja nicht koscher essen, aber mir gibt es etwas. Dieser Teller ist milchig, sagte Moritz.
    Alfred drohte mit dem Finger.
    Nein, er ist fleischig! Und es steht geschrieben: Es sollen dir wachsen Schweineohren und Schweinshaxen!
    Moritz winkte ab.
    Ich werde mich heute nicht streiten.
    Sehr schade. Wirklich. Was kann ich tun, damit wir uns ja streiten? Wie wäre es mit dem Thema Fanny Kleefeld, geborene Trindel. Das belgische Kaltblut! Dein treu sorgendes Weib, meine charmefreie Schwägerin.
    Moritz lächelte:
    Sie hat dich sofort durchschaut.
    Alfred grinste frech:
    Sie war wie ihr Land: klein, farblos, künstlich gebildet!
    Moritz griff zur Zeitung und sagte:
    Und wenn du dich auf den Kopf stellst. Du kannst mich nicht provozieren. Wo ist das Feuilleton?
    Alfred ließ nicht locker.
    Oder der Holocaust. Immer wieder lustig! Ist doch dein Lieblingsthema. Wie wär’s damit?
    Er schaute fragend, nahm den Teelöffel, hielt ihn wie ein Mikro und sprach wie ein Reporter:
    War Hitler von der Schuld der Juden

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