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Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
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Tabletten aus, abgesehen von ihren Augentropfen, den Magenkapseln, den Kreislaufpillen und zwei, drei anderen Kleinigkeiten.
    Langsam fügten sich die Puzzleteile zu einem Bild von der Thüringer-Wald-Residenz zusammen, und das ergab wahrlich ein hübsches Sittengemälde: angefangen bei der Mauschelei zwischen dem Betreuungsverein und der Heimleitung über die Geldschneiderei mit dubiosen Services und den chronischen Pflegekräftemangel bis hin zur Sedierung einer ganzen Etage – das war genug Stoff für einen Horrorthriller: Das Seniorenheim des Grauens .
    Da sich der Fickel jetzt direkt Sorgen machte, rief er gleich bei der Schmidtkonz auf dem Handy an. Doch heute war sie viel besser drauf als gestern, geradezu putzmunter. Offenbar waren ihr die Halspastillen gut bekommen. Als der Fickel vorschlug, sie heute noch abzuholen, wenn der René freikomme, erbat sie sich sogar noch eine freiwillige Frist bis morgen Abend, weil sie nämlich erstens heute Nachmittag mit Elvis Presley aus Hildburghausen und zweitens morgen mit Johnny Cash aus Tabarz zum Mittagessen verabredet war.
    Das Telefonat versöhnte den Fickel wieder ein bisschen mit der Thüringer-Wald-Residenz, denn offenbar gab es auch Insassen, die sich dort wohlfühlten und sorglos ihren Liebeleien nachgingen. Als der Fickel sich gerade langsam auf den Weg ins Gericht machen wollte, klingelte sein Handy – der Kriminalrat Recknagel meldete sich von seiner privaten Nummer.
    »Ich wollte mich nur kurz für den Film bedanken«, erklärte der Polizist trocken. »Hat mir ganz neue Perspektiven eröffnet.«
    Allerdings, was die Strafbarkeit – beziehungsweise Nachweisbarkeit – der einzelnen Handlungen anging, sah es damit eher schlecht aus. Aber davon ließ sich der Fickel die Laune nicht verderben. Viel wichtiger war schließlich, ob Nadins gestrige Aussage noch pünktlich in der Akte gelandet war.
    »Davon können Sie ausgehen«, beruhigte ihn der Recknagel. »Und das ist noch nicht alles: Lassen Sie sich überraschen!«
    Der Fickel wollte natürlich sofort wissen, was ihn da erwartete, weil er Überraschungen in Gerichtsterminen überhaupt nicht ausstehen kann. Aber der Kriminalrat war kurz angebunden.
    »Steht alles in der Akte. Bestehen Sie nur darauf, dass der Richter die letzte Seite liest!« Im Hintergrund hörte man Sirenengeheul. »Ich muss aufhören. Grüßen Sie Ihre Exfrau!« Er legte auf, und der Fickel ging immerhin um einiges zuversichtlicher ins Justizzentrum.
    Dort wurde er bereits ungeduldig von seinem Mandanten erwartet, der von zwei Wärtern flankiert auf einer Bank im Flur saß. Seine Hand war mit einer »Acht« [ 48 ] an der Bank befestigt. Als er den Fickel kommen sah, war er gleich wieder der Alte: »Schön dass mein Anwalt sich auch mal blicken lässt!«, empfing er ihn sauer. »Ich sitze hier schon seit zwei Stunden, und keiner sagt mir was.«
    »Der Termin ist verschoben worden.«
    »Es verstößt gegen die Menschenrechtskonvention, Gefangene so lange warten zu lassen. Das ist Folter!« erklärte er missgelaunt.
    Der Fickel erbot sich natürlich sofort, Renés Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Genf zu vertreten, bei ausreichender Bezahlung natürlich. Sein Mandant schüttelte nur den Kopf bei so viel Unkenntnis. Schließlich wusste jedes Erstsemester, dass sich der Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg befindet! Aber dafür war dem Fickel einiges bekannt, von dem der René noch keine Ahnung hatte.
    »Neuigkeiten?«, fragte er, als der Fickel jetzt neben ihm saß, doch der riet seinem Mandanten nur, Geduld zu haben. Der René rutschte weiter unruhig auf der Bank hin und her. Er war dünner geworden, und seine Haut wirkte noch unreiner als sonst. Untermaßfeld schien seinem Ruf als schäbigster Knast Thüringens einmal mehr gerecht zu werden. Da betrat endlich der Ermittlungsrichter Leonhard den Flur, in seinem Kielwasser die Oberstaatsanwältin. Leonhard hatte die Ermittlungsakte unter den Arm geklemmt, sodass sie langsam das Aroma seines Achselschweißes annahm.
    »Die Akte lag in meinem Fach – keine Ahnung, wie sie da hingekommen ist«, erklärte er gerade seiner Begleiterin.
    Die Oberstaatsanwältin lächelte milde. »Ist ja auch egal, Hauptsache, sie ist wieder aufgetaucht«, flötete sie. Als sie den Fickel erblickte, vereiste das Lächeln in ihrem Gesicht. Die Situation entbehrte natürlich nicht einer gewissen Pikanterie nach ihrer letzten Begegnung in Fickels Hotelsuite, die in der

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