Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
offenbar nicht in der Lage. Zunächst war er noch fest überzeugt gewesen, dass man ihm die Tat nicht würde nachweisen können, DNA -Probe hin oder her. Aber so, wie die Sache bisher gelaufen war, war sein Vertrauen in den Rechtsstaat wohl doch ein Stück weit erschüttert. »Ich stecke ganz schön in der Scheiße«, resümierte der René, und da konnte der Fickel ihm tatsächlich nicht direkt widersprechen. Denn wenn er die Geschichte von der Affäre mit seiner Ausbilderin jetzt vorbrachte, würde ihm das natürlich kein Mensch mehr abkaufen. Und wenn die Ermittlungsbehörden sich erst mal auf einen Verdächtigen eingeschossen hatten, so wie jetzt auf den René, dann taten sie meist einen Teufel, auch noch in andere Richtungen zu ermitteln. Das bedeutete: Der Fickel musste sich selbst auf die Suche nach Beweisen machen, um den René zu entlasten, gewissermaßen Matula [ 21 ]-Style.
»Irgendeine Idee, wer die Richterin Kminikowski umgebracht hat, wenn du’s nicht warst?« Ein bisschen war der Fickel sogar selbst überrascht, dass er den René plötzlich duzte. Vielleicht deshalb, weil er fast Renés Vater hätte sein können – was letztlich auch nur recht und billig gewesen wäre angesichts der Tatsache, dass die Frau Schmidtkonz ihrerseits auch eine Art Mutterersatz für den Fickel darstellte.
Der René musste ziemlich lange grübeln, und dafür, dass es letztlich darum ging, ob er in den nächsten fünfzehn Jahren den süßen Duft des Erfolges oder nur gesiebte Luft atmen würde, kam enttäuschend wenig dabei rum. Immerhin fiel ihm zum Schluss wenigstens ein – vielleicht völlig unbedeutendes – Detail ein: Die Kminikowski hatte ihn nämlich am Tag vor ihrem Tod förmlich bedrängt, sie auf eine Dienstreise zur Thüringer-Wald-Residenz zu begleiten, vermutlich eine Pension, irgendwo zwischen Oberhof und Brotterode gelegen, weil da angeblich ein Problem in einem Betreuungsfall aufgetaucht sei. Und irgendwas hatte dieser Betreuungsfall wohl mit ihrem Mann zu tun, ohne dass der René dazu etwas Genaueres sagen konnte. Er hatte sich eigentlich krankmelden wollen, weil er davon ausgegangen war, dass die Kminikowski ihn nur wieder in eine erotische Falle hatte locken wollen. Inzwischen war er sich da nicht mehr so sicher.
Der Fickel versprach ihm, diese Residenz mal unter die Lupe zu nehmen. Aber darüber hinaus blieb ihm beim Stand der Dinge erst mal nichts anderes übrig, als seinen Mandanten vorerst mit den besten Wünschen zurück in die Untersuchungshaft zu verabschieden. Denn der Hager konnte angesichts der neuen Beweislage gar nicht anders, als dem Haftantrag der Staatsanwaltschaft stattzugeben. Selbst wenn er gewollt hätte, und das war keineswegs der Fall.
Nach der erfolgreichen Wendung, die dieser Termin für sie genommen hatte, musste die Gundelwein natürlich nicht ins Schwimmbad, weil sie nämlich kein bisschen frustriert war – im Gegenteil! Ihr Schlachtplan war bis ins kleinste Detail aufgegangen. Das Gesicht ihres Exmannes, als er das Laborergebnis erfuhr, hätte sie sich am liebsten gerahmt und zu Hause über ihrem Schreibtisch aufgehängt. Noch lieber hätte sie allerdings den Fickel dort selbst aufgehängt.
Ganz gegen ihre Gewohnheit hatte sie sich direkt nach dem Termin in das Café Ernestiner Hof gesetzt und sich einen Piccolo bestellt. Seit ihrer Scheidung hatte sie nicht mehr solch ein starkes und erhabenes Gefühl der Genugtuung gespürt! Sie lächelte über die exklusive Atmosphäre in dem kitschigen Barockcafé, die nicht minder kitschige Klaviermusik und über die anwesenden Kränzchen, die wie aufgezogen plapperten und den Freitagabend mit Torte und Likörchen einläuteten. Vielleicht ließ es sich in diesem merkwürdigen Meiningen doch irgendwie aushalten. Es gab ein Schwimmbad, ein Theater und eine ganze Reihe netter Cafés. Immerhin!
Nach dem zweiten Sekt hatte die Gundelwein eine spontane Eingebung. Sie zog ihr Handy aus der Handtasche, wählte eine Behördenzentralnummer, die sie von Berufs wegen auswendig kannte, und ließ sich zum Landrat durchstellen. Als sie ihn endlich an der Strippe hatte, war sie direkt ein wenig aufgeregt.
»Kminikowski?« Seine sonore Stimme klang am Telefon noch tiefer, noch viriler. Die Oberstaatsanwältin bekam eine leichte Gänsehaut.
»Gundelwein, guten Tag«, begann sie übertrieben förmlich. »Ich wollte Sie nur darüber informieren, dass es eine Festnahme gegeben hat.«
»Sie haben den Kerl?«
»Jawohl. Der Referendar Ihrer Frau
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