Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)
wäre was anderes. Vor Gericht muss ich natürlich alles sagen, was ich weiß. Und eins ist mal sicher: Mit Mister Bubblegum hätte Ihr Mandant schlagartig ein besseres Blatt auf der Hand …«
Der Kriminalrat zwinkerte ihm konspirativ zu, und der Fickel leistete insgeheim den Schwur, den Recknagel für seine Schützenhilfe beim nächsten Skattermin gewinnen zu lassen. Und zwar haushoch!
»Merkwürdig«, meinte der Fickel, als er hinter dem Kriminalrat das Örtchen verließ.
»Ich dachte mir schon, dass Sie das interessiert«, sagte der Recknagel.
»Nein«, entgegnete der Fickel, »ich hab mich nur gerade gewundert, dass sich die Kripo nach dem Pinkeln nicht die Hände wäscht.«
Als der Fickel die Driesel zwei Lokalrunden später ins Weingartental kutschierte, weil die Amtsgerichtsdirektorin zu Fuß bestimmt eine halbe Stunde für den Anstieg gebraucht hätte, hockte die für ihre Verhältnisse recht einsilbig auf dem Beifahrersitz und starrte mit gedankenschwerer Miene in die Nacht. Der Fickel erkundigte sich, ob ihr etwa der Krimi nicht gefallen habe. Die Driesel winkte müde ab.
»Gequirlter Quark!« Mehr hatte sie dazu nicht zu sagen. Schließlich hatte sie bei der traditionellen Täterwette aufs falsche Pferd gesetzt und fünf Euro verloren. Ausgerechnet der Rainer Kummer als Nichtjurist hatte den Jackpot geknackt. Das konnte einen trotz allem schon ein bisschen wurmen.
Bevor der Fickel die Driesel am Gartentor absetzte, sprach er mit ihr über die Hypothese, bei den Kminikowskis könnte sich ein Familiendrama abgespielt haben. Doch die Driesel warnte ihn »als mütterliche Freundin«, mit seinen Privatermittlungen nicht zu viel Staub aufzuwirbeln. Denn wer sich mit dem Landrat anlegte, für den konnte es schnell ungemütlich werden. So kurz vor der Wahl verstanden die Politiker keinen Spaß. Der Driesel waren jedenfalls allein drei Verfahren bekannt, in denen die scharfen Anwälte des Landrats unbescholtene Mitbürger wegen Verleumdung vor den Kadi gezerrt hatten. Der Fickel bedankte sich für die Fürsorge der Kollegin, aber als Verteidiger müsse er eben auch mal was riskieren. Die Driesel winkte ab: »Machen Sie, was Sie wollen, aber lassen Sie mir den Hager in Ruhe! Der arme Knilch hat schon genug um die Ohren.«
Die Amtsgerichtsdirektorin gähnte. Ein Augenlid begann zu flackern. Die Rackerei auf dem Weinberg steckte ihr an Büroarbeit gewöhnter Körper auch nicht mehr so leicht weg. Den Fickel packte einen Moment lang die Sorge, die Amtsgerichtsdirektorin könne womöglich auf dem Beifahrersitz einschlafen. Dann wäre guter Rat im wahrsten Sinne teuer! Deshalb war ihm dran gelegen, das Gespräch möglichst schnell zu beenden: »Vielleicht hat der Kollege Hager ja ein Burn-out. Das ist doch schwer in Mode bei den jungen Leuten«, erklärte er. Aber die Driesel meinte: »Der Ärmste hat Eheprobleme … Da kann unser einer als Single ja gar nicht mitreden.«
»Zum Glück!«, fügte der Fickel hinzu, und als die Driesel dann unter Ächzen und Stöhnen aus seinem Wartburg ausstieg, da dachte er bei sich, dass sie es irgendwo auch nicht so leicht gehabt hatte in all den Jahren am Amtsgericht, mit der ganzen Verantwortung auf dem Buckel. Er hätte jedenfalls nicht tauschen wollen, Pensionsansprüche hin oder her!
Auf der Rückfahrt in die nächtlich funzelige City von Meiningen fasste der Fickel zwei Entschlüsse: Erstens nahm er sich vor, die Driesel künftig beim Anlegen ihres Weinbergs zu unterstützen, wenn es sein musste, zur Not auch mittels körperlicher Arbeit, und zweitens setzte er sich zu Hause trotz der vorgerückten Stunde noch mal an den Laptop und verfasste ein Schreiben an das Gericht – Betreff: Antrag auf Haftprüfung des Beschuldigten René Schmidtkonz.
VII
Als die Oberstaatsanwältin Gundelwein am Montag wie immer pünktlich gegen halb neun zur Arbeit erschien, fühlte sie sich ausgeruht und bestens in Form. Schließlich lag ein erfülltes Wochenende hinter ihr, und zu allem Überfluss hatte sie fantastisch geschlafen. Die Staatsanwälte in der Abteilung der Gundelwein staunten nicht nur über die ungewohnte Länge oder besser die Kürze des Rocks ihrer Chefin, sondern vor allem über das frische und keinesfalls frustrierte Lächeln, das sie an diesem Montagmorgen zur Schau stellte. Und das, obwohl das Schwimmbad heute wegen schlechten Wetters geschlossen hatte!
Staatsanwälte sind ja von Natur aus eher argwöhnisch, und es gab nicht wenige in der Abteilung, die hinter dem
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