Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
Vom Netzwerk:
und führte geduldig aus, dass der Betreuer als gesetzlicher Vormund eingesetzt werde. »Das heißt, dass er alles Rechtliche im Sinne des Betreuten regelt«, erläuterte sie abschließend.
    Der Fickel hakte nach, ob das etwa bedeute, dass der Betreuer Kontovollmacht besitze? Die Olschewski bejahte. »Aber keine Sorge! Wir überprüfen behördlicherseits alle Kontenbewegungen unserer Schäflein und achten drauf, dass nichts verloren geht.«
    »Da bin ich beruhigt«, erklärte der Fickel. Aber irgendeine Stimme in seinem Innern sagte ihm, dass so ein Betreuer vielleicht ein klitzekleines bisschen zu viel Macht über seine Schützlinge hatte, zumindest, wenn dieser Exner hieß. Die Olschewski schien die leichte Skepsis ihres Gegenübers zu spüren.
    »Solange ich hier arbeite, hat es jedenfalls noch nie eine Unregelmäßigkeit gegeben«, erklärte sie stolz. Dem Fickel rauchte inzwischen vor lauter Gesetzen ganz schön die Rübe. Nun mögen einige sagen, ein Anwalt muss das abkönnen, schließlich waren die Paragrafen irgendwo sein täglich Brot. Aber der Fickel war eben in diesem eigentlichen Sinne gar kein richtiger Anwalt, sondern, was das Rechtliche betrifft, eher auf seinen gesunden Menschenverstand angewiesen. Nur: Gesunder Menschenverstand und Jura, das passte leider nicht immer zusammen.
    Überhaupt lagen Fickels Qualitäten, soweit man dieses Wort in dem Zusammenhang überhaupt benutzen kann, eigentlich mehr im zwischenmenschlichen Bereich. Das zeigte sich zum Beispiel wieder, als der Fickel das Gespräch jetzt vorsichtig von der trockenen Materie zurück auf die Richterin Kminikowski beziehungsweise deren Mann, den Landrat, lenkte, der heute – wie so oft – wegen »auswärtiger Termine« nicht im Hause war.
    Da warf die Olschewski, wo sie schon mal dabei war, ihre Prinzipien vollends über Bord und machte ihrem Herzen gründlich Luft. Ihre Schilderungen bestätigten, was die Sozialrichterin Pörtje bereits angedeutet hatte: Um seine Position zu stärken, habe der Landrat einen Hofstaat aus ihm ergebenen Frauen um sich herum gruppiert, gewissermaßen einen Harem bissiger Stuten, die sich untereinander den Hafer nicht gönnten, aber jeden Ärger von ihm fernhielten. Wenn man der Olschewski Glauben schenkte, war kein Rock im ganzen Haus vor dem Kminikowski sicher. Phasenweise gleiche das Landratsamt mehr einem Bordell als einer Behörde. Der Fickel dachte jetzt an die Loyalität der Frau Kissner, die sich nun auch ganz anders darstellte. Aber der Landrat und die Katzenfrau – da hakte es eindeutig!
    Die Ehe der Kminikowskis hatte nach Ansicht der Frau Olschewski jedenfalls nur noch auf dem Papier bestanden. »Sonst würde sich unser Adonis wohl kaum im Wellnesshotel Rennsteigblick amüsieren, wo seine Frau gerade erst frisch unter der Erde liegt.« Der Fickel hätte jetzt einwenden können, dass eben jeder anders mit seiner Trauer umgehe. Aber die Olschewski beugte sich leicht nach vorn und flüsterte vertraulich: »Mich geht das ja nichts an, aber schon dieser Name: SM -Klub!« Sie blickte ihn bedeutungsvoll an.
    Der Fickel war jetzt natürlich hellwach. Er beugte sich ebenfalls nach vorn und flüsterte: »Sie meinen doch nicht etwa … Sado-Maso?«
    Die Olschewski machte ein pfiffiges Gesicht, das suggerierte, dass der Fickel den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Offiziell heißt die Veranstaltung natürlich Schmalkalden-Meiningen-Klub«, relativierte sie aber immerhin.
    »Die Doppeldeutigkeit ist kein Zufall, meinen Sie?«, hakte der Fickel nach.
    Die Olschewski lächelte wissend. Von ihr aus könne ja jeder in seinem Privatleben treiben, was er wolle, schließlich sei man ja tolerant. Aber so kurz nach dem Tod der Frau und dann vielleicht auch noch mit Steuergeldern eine Orgie zu feiern, das habe ja wohl eindeutig eine Geschmäckle! »Oder etwa nicht?« Sie blickte den Fickel um Zustimmung heischend an. Aber der erwiderte vorsichtig, möglicherweise trage die Tagung einfach nur einen unglücklichen Namen und man müsse sich gar nichts weiter dabei denken. Aber die Olschewski schüttelte entschieden den Kopf. Der Fickel sollte sich nur mal die offizielle Einladungsliste ansehen, die unter der Hand durch die Amtsstuben kursierte: junge Frauen und alte Knacker, die klassische Midlifecrisis-Konstellation!
    Bei der Missgunst dachte sich der Fickel natürlich wieder seinen Teil: Lesbe oder nicht, eine Frau über vierzig ohne profunden Männerhass, das war inzwischen im Grunde eine regelrechte Rarität. Und

Weitere Kostenlose Bücher