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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Musst nicht mich fragen.«
    »Na ja, vielleicht macht er Sachen, die nicht im Branchenbuch stehen?«
    »Ah, jetzt versteh ich, woher Wind, Gonzo. Bist schlimmer Finger. Armes Mädchen aushorchen, na, na, na …«
    »Nur so aus Neugierde, Svetlana, echt. Was interessiert mich der Brechtl. Lass uns lieber wieder über die Probeaufnahmen reden. Ich hab leider kein Studio. Was meinst, im Wald? Hast Angst vor Käfern?«
    »Mädchen aus Belarus keine Angst vor gar nix, Gonzo. Nur zeig mir erst Visitenkarte von BILD-Mann.«
    Hartinger zog seine Brieftasche aus der Gesäßtasche und kramte darin herum. »Da schau her. Lex Peininger. Redakteur für besondere Aufgaben. BILD, Berlin. Also, wann machen wir die Fotosession?«
    »Montagabend hat Eisstockhütte zu.«
    »Okay. Montag um fünf hinten am Herrgottschrofen. Ich bring das Licht mit, und du bringst … äh, dich mit.« Während er das sagte, ließ Hartinger den Blick zum letzten Mal an diesem Abend über die nicht unappetitliche Üppigkeit der platinblonden Weißrussin schweifen.
    Der Fahrer aus Weilheim hatte den Umschlag nicht in Ludwig Bernbachers Büro bringen wollen. Das stand nicht in seinem Dienstvertrag, er lieferte nur bis hinter die erste verschließbare Tür. Die dort hinter dem Schalter der Polizeiinspektion sitzenden Beamten hatten den outgesourcten Boten verflucht, aber so waren die Zeiten. Alles, was nicht mehr von Gesetzes wegen durch vereidigte Staatsdiener ausgeführt werden musste, erledigten auch bei der Bayerischen Polizei Angestellte oder freiberuflich Beschäftigte. Also musste einer der Uniformierten nach oben und dem Chef den versiegelten Brief mit den Untersuchungsergebnissen hinsichtlich der Knochen bringen. Es konnte ja nichts anderes in dem großen Kuvert stecken, denn es trug das Dienstsiegel der Rechtsmedizin in München sowie das der Kriminalpolizei in Weilheim.
    Die Sendung war überdurchschnittlich schnell am unteren Ende der behördlichen Futter- und Informationskette angekommen. Der unrasierte Mann mit dem weißen Schrott-Opel, der auch noch die Frechheit besessen hatte, auf dem Gehsteig vor der PI zu parken, wollte eben flugs ins Wochenende.
    Die Beamten wollten schon ausknobeln, wer den Gang zum Chef antreten musste. Nicht, weil sie zu faul für die eine Treppe in den ersten Stock und die zwanzig Meter durch den Flur gewesen wären. Was den Job so undankbar machte, war, dass Bernbacher den ganzen Morgen über mit einer ausgemachten Scheißlaune durch die PI getigert war und an allem herumgemosert hatte. Jeder seiner Untergebenen wusste, dass er auf Nachrichten aus Weilheim und München wartete – und diese Nachrichten bedeuteten mit hoher Wahrscheinlichkeit Ungemach für ihn. Zumindest unbequeme Arbeit. Welche genau das war, würden sie schon rechtzeitig herausbekommen, denn er würde so viel wie möglich auf sie abwälzen.
    Bevor die erwachsenen Männer tatsächlich Schnick-Schnack-Schnuck machten, um den Überbringer zu bestimmen, erbarmte sich die dienstjüngste Natalie Berchtenbreiter und klemmte sich den Umschlag unter den linken Arm. Sie musste dem Bernbacher sowieso den Urlaubsantrag über vier Wochen am Stück im Dezember und Januar überreichen; es zog sie und ihren Mann im kommenden Winter nach Thailand und Vietnam. Da war die Taktik Erfolg versprechend, dies in einem Moment zu tun, da er sich über etwas anderes noch viel mehr aufregte.
    Polizeiobermeisterin Berchtenbreiter hielt kurz inne und atmete tief durch, bevor sie an die Bürotür des Dienststellenleiters klopfte. Sie hörte, wie hinter der Tür ein Telefonat beendet wurde. Hauptkommissar Ludwig Bernbacher haute den Hörer auf den Apparat, dann schallte sein unheilschwangeres »Ja, bitte!« durch die Türfüllung.
    »Ich hätte da was für Sie, Herr Hauptkommissar«, vermeldete Natalie Berchtenbreiter, nachdem sie eingetreten war.
    »Aus München?«
    »Ja, auch. Und meinen Urlaubsantrag.«
    »Hm. Zeigens mal her.«
    Die junge Polizistin reichte ihm das Formular. Bernbacher glotzte es an, als wäre es in chinesischen Schriftzeichen verfasst. »Naa, des Packerl aus München will ich sehen!«
    »Bittschön.«
    Bernbacher brach das Siegel und fummelte die Unterlagen aus dem Umschlag. Hektisch überflog er das Anschreiben der Münchner Gerichtsmedizin, in der das Ergebnis in wenigen Absätzen zusammengefasst war. »Hm … keine Einwirkung von Gewalt erkennbar … blabla … wahrscheinlich fünfzig bis sechzig Jahre in der Erde …« Bernbachers Miene hellte sich

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