Herrgottschrofen
sich darüber, dass sie gesagt hatte »mit einem Verdächtigen schläft« und nicht »mit einem Verdächtigen geschlafen hat «.
»Aber ich bin kein Verdächtiger«, korrigierte er.
»Du weißt, dass immer etwas hängen bleibt. Also, pass auf dich auf, Gonzo Hartinger.«
»Die Eislauf-These stimmt übrigens. Wir sind auf der Spur einer in den Fünfzigerjahren verschwundenen jungen Frau. Sie ist wohl intensiv Schlittschuh gelaufen, auch wenn es für eine Karriere nicht gereicht hat. Die hat ihre Schwester gemacht, und die lebt auch noch. In den Staaten.«
»Wundervoll. Dann können wir einen DNA-Abgleich machen«, frohlockte Dotti.
»Ich hab gesagt: in den Staaten. Also nicht wirklich um die Ecke. Die Frau ist zudem über achtzig Jahre alt. Die müssen wir erst einmal dazu bringen.«
»Aber es geht doch vielleicht um ihre Schwester. Hast du eine Adresse? Ich kann das über das LKA in die Wege leiten.«
»Ich denke, du darfst nicht mehr an dem Fall mitarbeiten?«
»Meine Fans in der Maillingerstraße werde ich doch mal anrufen dürfen.«
Hartinger zweifelte nicht daran, dass die fesche Doktorin auch dem einen oder anderen Ermittler des Landeskriminalamts den Kopf verdreht hatte.
»Und zur Svetlana hast du nicht zufällig etwas gehört?«, wechselte Hartinger das Thema.
»Doch. Sie haben sie noch einmal obduziert. Auch, um mich zu schützen, wie sie sagen. Meine Freundin Nina hat die Obduktion durchgeführt. Zusammen mit dem Prof. Das, was wir wissen, weißt du auch. Tod durch Überkopfhängen. Ob sexuelle Handlungen unmittelbar vorangegangen sind oder nicht, wissen wir noch nicht genau. Und auch nicht, ob diese einvernehmlich oder unter Zwang geschehen sind. Falls sie geschehen sind. In ihrem Unterleib wurde Sperma gefunden. Aber nicht in Mengen, die nahelegen, dass ein Geschlechtsverkehr unmittelbar vor dem Eintritt des Todes stattgefunden hat. Ist vielleicht schon ein wenig her gewesen. Spermien können im Uterus bis zu sieben Tage überleben. Sie kann also ganz normal mit jemandem geschlafen haben.«
»Moment! Du hast bei deiner ersten Obduktion kein Sperma gefunden?«
»Na ja, wenn’s nicht direkt frisch ist und quasi rausläuft, dann muss man Abstriche machen. Und das habe ich auch gemacht. Und bevor das Ergebnis da war, haben sie mich abgezogen vom Fall.«
»Und war also Sperma da?«
»Offensichtlich.«
»Aber dann hätten sie mir doch als Verdächtigem eine Speichelprobe abverlangt?«, wunderte sich Hartinger.
»Machen sie vielleicht noch. Wir haben die DNA durch die Datenbanken geschickt, aber leider ergebnislos. Ein bekannter Straftäter war’s nicht. Aber – es waren zwei Männer.«
»Ich weiß nur, dass ich nicht zu den beiden zähle.«
»Ich glaub’s dir, Gonzo.«
»Und die Foltermale, waren die frisch?«
»Was heißt Foltermale? Wie ich dir schon nach meiner ersten Obduktion sagte: Ich glaube, die junge Frau hatte zu manchen Spielarten der Sexualität eine recht aufgeschlossene Einstellung.«
»Das glaub ich auch«, murmelte Hartinger. Er erinnerte sich an die Bilder, die ihm Svetlana auf ihrem Handy gezeigt hatte.
»Ich meine: Fesseln, Sadomaso, Dominanz, Devotismus und so weiter. Ist heut ja fast schon normal«, fuhr sie fort. »Und da entstehen auch einmal Druckstellen. Es ist aber nicht so, dass die kurz vor ihrem Tod schlimm gequält worden wäre. Die hat das jahrelang gemacht. Wenn das jemand gut kann, ich meine sehr, sehr gut, dann siehst du wenig bis nichts.«
Hartinger traute seiner neuen Gespielin alles zu. Auch dass sie die beschriebenen Techniken bereits am eigenen Leib ausprobiert hatte. »Da spricht Erfahrung?«
»Die ich gern mit dir teile.« Während sie ihm dieses Angebot mit verführerischem Unterton in der Stimme über den Tisch schnurrte, bohrten sich ihre langen rot lackierten Fingernägel in seinen Unterarm.
Hartinger schrie so laut auf, als würde ihm die Hand abgehackt. Wieder kamen die Köche aus der Küche gelaufen, um zu sehen, was dort draußen los war.
Allmählich bekam Hartinger ein klein wenig Angst vor seiner Affäre. Nach dem heimlichen Videodreh am letzten gemeinsam verbrachten Wochenende war er gespannt, was ihn dieses Mal in ihrer Wohnung erwartete.
Am Montag früh um zehn Uhr wachte Hartinger allein auf. Dorothee Allgäuer hatte sich um acht aus der Wohnung geschlichen, um ihn nicht zu wecken. Die Zeitung hatte sie ihm zusammen mit zwei Croissants und einer Thermoskanne voll heißem Tee neben das Bett gestellt. An der Kanne lehnte ein
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