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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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oder von roten Fluten absterbender Mikroben überwuchert, der grässliche Höhepunkt unserer Höhepunkt-Kultur –, kommt eine archäologische Expedition von einem anderen Sonnensystem auf die menschenleere Erde und beginnt uns zu erforschen wie ein Team Ägyptologen! Sie setzen Roboter ein, um sich in unseren Städten umzusehen, weil die Radioaktivität für jede Art von Lebewesen tödlich wäre. Was würden sie von dem World Trade Center in New York City halten? Vom Empire State Building? Oder vom Sears Building in Chicago? Oder selbst von der Transamerica Pyramide, hier in San Francisco? Oder von dem Raumfahrt-Center auf Kap Canaveral? Wahrscheinlich würden sie zu dem Schluss kommen, dass alle diese Bauten für einen religiösen oder okkulten Zweck errichtet worden sind, wie Stonehenge. Niemals würden sie auf den Gedanken kommen, dass Menschen dort gelebt und gearbeitet haben könnten. Ich bin überzeugt dass unsere Städte zu den unheimlichsten Ruinen werden, die es jemals gegeben hat. Franz, dieser de Castries hat eine sehr gesunde Theorie entwickelt: allein die Masse von Zeug, die sich in den Städten befindet, ist erdrückend – erdrückend!«
    Saul sagte: »Mrs. Willis sagt, dass die Wolkenkratzer in der Nacht sehr schwer werden, wenn sie – entschuldigt – Mrs. Willis vögeln.«
    Dorotea Luque riss die Augen auf, und dann begann sie zu kichern. »Oh, das sehr ungezogen«, wies sie ihn fröhlich zurecht und drohte ihm mit dem Finger.
    Sauls Augen bekamen einen abwesenden Ausdruck, wie die eines wahnsinnigen Poeten, und er illustrierte seine Bemerkung mit den Worten: »Könnt ihr euch nicht vorstellen, wie die hohen, grauen Wolkenkratzer nachts durch die Straßen schleichen, einen Stützpfeiler wie einen steinernen Phallus emporgereckt?«
    Mrs. Luque begann wieder zu kichern. Gun schenkte ihr Wein nach und holte sich eine neue Flasche Bier.

 
8
     
    Cal sagte: »Franz, ich habe den ganzen Tag daran gedacht – mit dem Teil meines Gehirns, der sich nicht mit dem Brandenburgischen Konzert beschäftigte – was dieses ›607 Rhodes‹ bedeuten könnte, das dich veranlasst hat, in dieses Haus zu ziehen. Ist es eine präzise Ortsangabe? Und wenn ja, wo liegt dieser Ort?«
    »›607 Rhodes‹ – was ist damit?« fragte Saul.
    Franz erzählte ihm von dem Reispapier-Tagebuch und dem Menschen mit der violetten Tinte, der vielleicht Clark Ashton Smith sein mochte, und von seinen möglichen Treffen mit de Castries. »Es könnte eine Straßen- und Hausnummerangabe sein«, sagte er dann. »So wie dieses Gebäude 811 Geary Street ist. Aber es gibt keine Rhodes Street in Frisco. Ich habe das nachgeprüft. Was dem Namen am nächsten kommt, wäre die Rhode Island Street, aber die liegt weit drüben in Potrero, und die Tagebucheintragungen machen sehr deutlich, dass diese 607 in der Innenstadt liegen muss, nur wenige Minuten vom Union Square entfernt. Und einmal erwähnt der Tagebuchschreiber, dass er von seinem Fenster aus die Corona Heights und den Mount Sutro sehen könne – damals gab es natürlich noch keinen Fernsehturm …«
    »Klar. 1928 existierten noch nicht einmal die Bay- und die Golden Gate Bridge«, erklärte Gun.
    »… und die Twin Peaks«, fuhr Franz fort. »Und dann sagt er, dass Thibaut die Twin Peaks immer die Brüste Cleopatras genannt habe.«
    »Ich frage mich, ob Wolkenkratzer Brüste haben«, sagte Saul. »Ich muss mal Mrs. Willis danach fragen …«
    Dorotea riss wieder die Augen auf, deutete auf ihren Busen, rief: »Oh, nein!« und begann erneut zu kichern.
    Cal sagte: »Vielleicht ist Rhodes der Name eines Gebäudes oder eines Hotels. Rhodes-Building, oder Rhodes-Hotel …«
    »Nein.« Franz schüttelte den Kopf. »Es sei denn, sie hätten den Namen nach 1928 geändert. Ich jedenfalls habe nichts davon gehört. Wie ist es mit euch?«
    Die Antworten waren negativ.
    Gun spekulierte: »Ich frage mich, ob dieses Gebäude jemals einen Namen gehabt hat.«
    »Das würde ich auch gerne wissen«, sagte Cal.
    Dorotea schüttelte den Kopf. »Es heißt nur 811 Geary Street. War vielleicht früher Hotel, mit Portier und Zimmermädchen. Aber das weiß ich nicht.«
     
    »Vereinigung anonymer Gebäude«, bemerkte Saul, ohne von der Haschisch-Zigarette aufzublicken, die er sich drehte.
    »Jetzt machen wir Fenster zu«, sagte Dorotea energisch und ließ ihren Worten die Tat folgen. »Okay, wenn Pot rauchen, aber man muss nicht – wie sagt man? – auffällig machen.«
    Köpfe nickten in weiser

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