Herrin der Falken - 3
– und deinen Falken auch. Grüße Preciosa von mir.« Er verbeugte sich wie vor einer Dame bei Hof und verließ schnell den Raum. Sie hatte die ersten Spuren von Tränen in seinen Augen gesehen. Caryl wollte nicht vor seinem Vater weinen; sie wußte es.
Lyondri Hastur hustete. »Euer Packtier und die medizinischen Vorräte werden Euch an die Seitentür in der Nähe des Stalles gebracht. Der Haushofmeister wird Euch den Weg zeigen.«
Die Audienz bei dem Hastur-Lord war beendet. Er winkte dem Funktionär, der kam und Romilly mit weicher Stimme aufforderte: »Hier entlang, mestra.«
Romilly verneigte sich. »Ich danke Euch, Sir.«
Sie wandte sich ab und wollte dem Haushofmeister folgen. Doch Lyondri Hastur hustete von neuem.
»Mistress Romilly…?«
»Vai dom?«
»Sagt Jandria, ich sei nicht ganz das Ungeheuer, das sie fürchtet. Nicht ganz. Das ist alles.«
Und als sie hinausging, fragte sich Romilly, bis zu den Zehennägeln bebend: Was weiß dieser Mann sonst noch alles?
3.
Romilly richtete Janni die Botschaft Lyondri Hasturs aus: »Sagt Ihr, ich sei nicht ganz das Ungeheuer, das sie fürchtet, nicht ganz.« Und Jandria schwieg lange Zeit. Zum ersten Mal strengte Romilly sich an, ihr Laran nicht zu gebrauchen, und trotzdem spürte sie, daß Jandria Verschiedenes hätte sagen mögen, aber nicht zu ihr. Schließlich fragte sie: »Und er hat dir die medizinischen Vorräte gegeben?«
»Ja, und dazu ein Packtier, um sie zu tragen.«
Janni ging, sah sie sich an und meinte dann mit schmalen Lippen: »Er war großzügig. Welche Fehler Lyondri Hastur auch haben mag, Geiz hat nie dazugehört. Ich sollte das Packtier zurückschicken – ich will keine Gefälligkeit von Lyondri –, aber die schlichte Wahrheit ist, daß wir es brauchen. Und für ihn bedeutet das weniger, als wenn er seinem Sohn auf dem Markt ein Päckchen Süßigkeiten kauft. Ich brauche deswegen keine Gewissensbisse zu haben.« Sie beauftragte drei der Frauen damit, die medizinischen Vorräte zu mustern, und sagte Romilly, sie könne zu ihren Pferden zurückkehren. Romilly war schon an der Tür, als sie sie noch einmal zurückrief und sagte: »Ich danke dir, chiya. Ich habe dich auf eine schwierige und gefährliche Mission geschickt, wozu ich überhaupt kein Recht hatte, und du hast alles so gut erledigt wie nur irgendein diplomatischer Kurier. Vielleicht sollte ich eine Arbeit finden, die besser für dich paßt als der Umgang mit den vernunftlosen Tieren.«
Romilly dachte: Mir ist die Arbeit mit Pferden lieber als noch so eine diplomatische Mission! Eine oder zwei Minuten später sprach sie es aus, und Jandria antwortete lächelnd: »Dann will ich dich nicht von der Arbeit abhalten, die du, wie ich weiß, liebst. Geh nur zurück zu deinen Pferden, mein Liebes. Aber ich danke dir.«
Befreit suchte Romilly die Koppel auf und ließ das Pferd heraus, das sie gerade an den Sattel gewöhnte. Sie hatte sich noch nicht sehr lange mit ihm beschäftigt, als Mhari zu ihr kam. »Romy, sattele sofort dein eigenes und Jandrias Pferd und zwei Packtiere. Sie verläßt das Haus heute abend und sagt, du sollst mit ihr reiten.«
Romilly starrte sie an. Geistesabwesend beruhigte sie mit einer Hand das nervöse Pferd, dem die auf seinen Rücken geschnallte Decke gar nicht paßte. »Heute abend? Warum?«
»Das mußt du Janni selbst fragen«, gab Mhari ein bißchen mißmutig zurück. »Ich würde sie mit Freuden begleiten, wohin sie will. Statt dessen hat sie dich gewählt, und mich hat sie aufgefordert, deine Sachen und Reiserationen für vier Tage zusammenzupacken.«
Romilly runzelte gereizt die Stirn. Gerade machte sie Fortschritte in der Zähmung dieses Pferdes, und nun sollte sie ihre Arbeit unterbrechen? Sie hatte sich der Schwesternschaft durch Eid verpflichtet, lieferte sie das irgendeiner Laune Jandrias aus? Trotzdem hatte sie Jandria sehr gern, und sie wollte ihre Entscheidungen nicht in Frage stellen. So zuckte sie die Schultern, wechselte die lange Longe gegen einen kurzen Führungsstrick aus und brachte das Pferd in den Stall zurück. Sie hatte Jandrias Pferd gesattelt und legte ihrem eigenen die Decke auf, als Jandria, zum Reiten angezogen, in den Stall kam. Romilly stellte mit Schrecken fest, daß ihre Augen wie vom Weinen gerötet waren, aber sie fragte nur: »Wohin reiten wir, Janni? Und warum?«
Jandria erwiderte: »Was Lyondri zu dir gesagt hat, Romy, war eine Botschaft. Er weiß, daß ich hier bin. Bestimmt hat er dir jemanden nachgeschickt, um
Weitere Kostenlose Bücher