Herrin Der Stürme - 2
gesagt! Warum kannst du nicht seine Ländereien erben, wenn er keinen eigenen Sohn hat?«
Donal zwang sich ein Lachen ab. »Diese Dinge wirst du besser verstehen, wenn du älter bist, Dorilys. Ich bin mit Lord Aldaran nicht blutsverwandt, auch wenn er mir ein liebevoller Pflegevater war, und ich kann nicht mehr als den Anteil eines Pflegesohns an seinen Ländereien erwarten – und das auch nur, weil er meiner Mutter – und deiner – gelobt hat, gut für mich zu sorgen. Ich erwarte keine andere Erbschaft als diese.«
»Das ist ein dummes Gesetz«, beharrte Dorilys heftig, und Donal, der die Anzeichen zorniger Erregung in ihren Augen sah, sagte schnell: »Sieh dort unten, Dorilys! Schau doch, zwischen den Öffnungen der Hügel kannst du die Reiter und die Fahnen sehen. Das wird Lord Rakhal und sein Gefolge sein, die zur Burg hinauf reiten, um zu deiner Verlobung zu kommen. Du solltest zu deiner Zofe gehen und dich für die Zeremonie schön machen lassen.«
»Eine gute Idee«, sagte Dorilys abgelenkt, aber sie schaute finster drein, als sie auf die Treppe zuging. »Wenn ich ihn nicht mag, werde ich ihn nicht heiraten. Hörst du mich, Donal?«
»Ich höre dich«, erwiderte er, »aber das sind die Worte eines kleinen Mädchens, Chiya. Wenn du eine Frau bist, wirst du vernünftiger sein. Dein Vater hat sorgfältig gewählt, um eine angemessene Heirat in die Wege zu leiten; er würde dich nicht verheiraten, wenn er nicht sicher wäre, daß es das beste für dich ist.«
»Oh, das habe ich immer wieder gehört, von Vater und von Margali. Sie sagen alle dasselbe; daß ich tun muß, was man mir sagt, und daß ich verstehen werde, warum ich das muß, wenn ich älter bin! Aber wenn ich meinen Cousin Darren nicht mag, werde ich ihn nicht heiraten, und du weißt, daß es niemanden gibt, der mich dazu bringen kann, etwas zu tun, das ich nicht will!« Sie stampfte mit dem Fuß auf, ihr rosiges Gesicht errötete vor plötzlichem Ärger, und dann lief sie zur Treppe, die hinunter ins Schloß führte. Wie ein Echo ihrer Worte grollte ein leiser, weit entfernter Donner.
Donal blieb an der Brüstung stehen, in ernstes Nachdenken versunken. Dorilys hatte mit der unbewußten Arroganz einer Prinzessin gesprochen, wie die verzogene kleine Tochter von Lord Aldaran. Aber sie war mehr als nur das, und selbst Donal fühlte eine böse Vorahnung des Grauens, wenn Dorilys so bestimmt sprach.
Es gibt niemanden, der mich dazu bringen kann, etwas zu tun, das ich nicht will. Das war nur allzu wahr. Eigensinnig von Geburt an, hatte es niemand gewagt, wegen des seltsamen Laran, mit dem sie zur Welt gekommen war, ihr allzu ernst zu widersprechen. Niemand kannte annähernd die Reichweite dieser seltsamen Kraft; niemand hatte je gewagt, sie bewußt zu provozieren. Selbst als sie noch nicht entwöhnt war, hatte jeder, der sie gegen ihren Willen berührte, die Kraft gespürt, die sie auf einen schleudern konnte – damals nur als schmerzlichen Schock
-, aber das Gerede der Diener und Kindermädchen hatte ihre Wirkung übertrieben und schreckenserregende Geschichten verbreitet. Wenn sie – schon als Baby – vor Wut, Hunger oder Schmerz schrie, hatten Blitze und Donnerschläge um die Höhen der Burg gekracht; nicht nur die Diener, sondern auch die im Schloß aufgezogenen Kinder hatten gelernt, ihren Zorn zu fürchten. Einmal, als sie fünf gewesen war und Fieber sie ins Bett gefesselt hatte, hatte sie tagelang im Delirium gelegen, phantasiert, und nicht einmal Donal oder ihren Vater erkannt. Damals hatten Blitzschläge Tag und Nacht gekracht und waren unberechenbar, schreckenerregend nahe bei den Türmen der Burg eingeschlagen. Donal, der die Blitze selbst ein wenig kontrollieren konnte (wenn auch nicht auf diese Art), hatte sich gefragt, welche Gespenster und Alpträume sie in ihrem Delirium verfolgten, daß sie so heftig gegen sie wütete.
Glücklicherweise hatte sie, als sie älter wurde, nach Anerkennung und Zuneigung zu streben begonnen, und Lady Deonara, die Dorilys wie ihre eigene Tochter liebte, war in der Lage gewesen, sie einiges zu lehren. Das Kind besaß Alicianes Schönheit und ihre angenehmen Umgangsformen, und war in den letzten ein oder zwei Jahren weniger gefürchtet und besser gelitten. Aber die Diener und Kinder fürchteten sie noch immer und nannten sie, wenn sie es nicht hören konnte, Hexe und Zauberin. Nicht einmal das kühnste der Kinder wagte es, sie offen zu beleidigen. Dorilys hatte sich nie gegen Donal, ihren Vater und ihre
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