Herrin des Blutes - Thriller
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Ich wünsche dir ein schönes Leben, Chad. Bitte, finde eine nette Frau und vergiss mich.
Leb wohl,
Dream
Allyson schloss die E-Mail und meldete sich aus Chads AOL-Account ab.
Dream Weaver. Wie jedes Mal kochte Allysons Blut förmlich bei dem Gedanken an die wunderschöne Frau mit dem lächerlichen Namen. Diese beschissene Fotze. Dream hatte Chad so viel Kummer und Aufregung beschert. Er hatte immer wieder geschworen, über sie hinweg zu sein. Aber warum hatte er die zwei Jahre alte E-Mail dann immer noch nicht gelöscht?
Fotze. Beschissene Fotze.
Sie hatten Allyson auch gebeten, ein Auge wegen Dream offen zu halten. Sie wünschte sich, es wäre diese Schlampe gewesen, die heute Abend hier aufgetaucht war. Sie hätte die Hölle über sie hereinbrechen lassen, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Aber man hatte ihr von Anfang an gesagt, dass es entschieden wahrscheinlicher war, dass eines Tages der Mann namens Lazarus vor Chads Tür stehen würde. Und …
Allyson runzelte die Stirn.
Moment mal …
Chad nannte den flüchtigen Lazarus »Jim«. Man musste kein Genie sein, um daraus zu folgern, dass der richtige Name des Mannes höchstwahrscheinlich Jim lautete. Allyson surfte zu Google und gab folgende Suchbegriffe in das Eingabefeld ein: Lazarus Jim Haus des Blutes.
Sie klickte auf das erste Ergebnis in der Liste, einen zwei Jahre alten Artikel aus dem Chattanooga Herald, der alles zusammenfasste, was damals über die Vorfälle in dem einsamen Haus in den Bergen bekannt gewesen war. Ein Abschnitt stach besonders hervor. Er handelte von wilden Internetspekulationen über die wahren Identitäten der Männer, die als der Meister und Lazarus bekannt waren. Vor allem bei einer Theorie blieb Allyson die Luft im Hals stecken. Sie hatte natürlich schon früher davon gehört, es aber entweder verdrängt oder als vollkommen abwegig abgetan.
Inzwischen war sie sich da nicht mehr so sicher.
Sie klickte mit zitternden Händen auf die Suchlasche für Bilder und tippte den Namen des toten Rockstars ein. Es fanden sich unzählige Fotos von ihm. Sie scrollte ein Stück nach unten, bevor sie auf ein Vorschaubild klickte, auf dem der Mann ziemlich heruntergekommen wirkte. Sein Gesicht war vom ausschweifenden Alkoholkonsum völlig aufgedunsen. Sein Haar war eine üppige braune Mähne und er trug einen dichten, buschigen Bart. Inzwischen trug er sein Haar kürzer und der Bart war verschwunden, aber die durchdringenden Augen und hohen Wangenknochen ließen keinen Platz für Zweifel.
»Scheiße …«
Jim. Lazarus. Diese Stimme … kein Wunder, dass sie ihr auf Anhieb so enervierend vertraut vorgekommen war.
Allyson schloss das Browserfenster und klappte den Laptop zu. Mehrere Minuten lang saß sie in einem Zustand gelähmten Erstaunens reglos da.
Dann riss sie ein lautes Geräusch draußen vor dem Haus – ein metallischer Knall – aus den Gedanken. Sie sprang auf und stellte den Laptop auf dem Couchtisch ab. Ihr Herz pochte wie verrückt in der Brust, als sie eilig durchs Wohnzimmer in die Diele spurtete. An die Diele schloss ein kleiner Raum an, der mit Bücherregalen gesäumt war. Sie schlüpfte durch die Tür und stellte sich vor das große Fenster, das auf den Vorgarten blickte. Sie schob den Vorhang ein Stück zur Seite und spähte hinaus.
Ein großer, dunkel lackierter Lieferwagen parkte auf der anderen Straßenseite. Sie beobachtete, wie sich zwei komplett schwarz gekleidete Männer von dem Lieferwagen entfernten und die Straße überquerten. Das Licht der Straßenlaterne ließ etwas in der Hand des vorderen Mannes aufblitzen. Eine Pistole. Allyson schnappte erschrocken nach Luft. Ihre zitternde Hand ließ die Gardine los. Ohne darüber nachzudenken, was sie tat, stürzte sie aus dem Zimmer und hastete, so schnell sie konnte, durchs Wohnzimmer und die Küche bis zur Tür, die in die Garage führte. Sie riss sie auf und tastete nach dem Lichtschalter. Ihre Hand zuckte zurück, als sie den Schalter fand.
Nein, dachte sie. Sie dürfen das Licht auf keinen Fall sehen.
Sie ging die drei Stufen in die Garage hinunter und ertastete sich aus der Erinnerung den Weg durch die Dunkelheit. Als sie mit ihren nackten Füßen auf etwas Scharfkantiges trat, jaulte sie unter Schmerzen auf. Aber sie zwang sich, weiterzugehen. Die Männer in Schwarz mussten das Haus – mitsamt ihren Waffen – inzwischen erreicht haben. Ihr blieb nicht mehr allzu viel
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