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Herrmann, Elisabeth

Herrmann, Elisabeth

Titel: Herrmann, Elisabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeugin der Toten
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eine
Knopfbatterie mit einer Stromstärke von 0,6 bis 6 Volt speiste. Die Leistung
war ausreichend für eine Reichweite von fünfzig bis hundert Metern.
    Der
Bausatz hatte einen Wert von circa achtzig Cent und war in Eigenleistung
hergestellt worden, was nicht in erster Linie auf einen Hobbybastler hinwies.
Die meisten Geheimdienste bauten ihre Wanzen selber. Zum einen aus
Kostengründen, weil der Einkauf bei Spezialfirmen leicht das Hundertfache
kostete und zudem nach Rechnungslegung nachvollziehbar war. Zum anderen, weil
die Urheberschaft einer selbstgebauten Wanze einfach verneint werden konnte und
somit voll und ganz dem Grundsatz der plausible deniability entsprach
- der glaubwürdigen Bestreitbarkeit.
    Josef
betrachtete zufrieden sein Werk. Er wusste nichts von dieser Doktrin, und
Watergate und die Iran-Contra-Affäre hatten ihn vermutlich auch nicht
interessiert. Glaubwürdige Bestreitbarkeit hieße, in seine Worte übersetzt, schlicht
und ergreifend: Du lügst. Und du bist gerade dabei erwischt worden. Wer
erwischt wird, steht dafür gerade. Nicht erwischt zu werden, das ist die Kunst.
    Er stapfte
zügig zu den Umkleidebaracken. Feierabend.
     
    Teetee saß
an einem Schreibtisch im Erdgeschoss des Fachreferats Technische Aufklärung
und sah hinaus auf die drei Kameras, die die Zufahrt zur Heilmannstraße 30 in
München-Pullach bewachten. Eine verwaschene Betonmauer schirmte das achtundsechzig
Hektar große Gelände von der Außenwelt ab. Die geheime Stadt. Straßen,
Tennisplätze, lose gruppierte Gebäudeeinheiten, getrennt voneinander durch
parkähnliche Grünflächen.
    Das Haus,
in dem sich das Fachreferat Technische Aufklärung befand, lag gegenüber vom
Führungs- und Informationszentrum, kurz Gesamtlage genannt, und würde nach dem
Umzug in die Hauptstadt wohl zu dem Teil der Zentrale gehören, der an die
Gemeinde Pullach zurückfallen würde. Seine Tage an diesem Ort waren gezählt. Er
würde mit nach Berlin gehen. Aber das viele Grün und die Exklusivität dieses
Arbeitsplatzes würden ihm fehlen. Er hatte ein Modell der neuen
Geheimdienstzentrale gesehen. Man konnte sie schönreden, so viel man wollte, es
blieb ein Bunker aus Beton und Glas inmitten einer Großstadt. Nicht zu
vergleichen mit der bundesrepublikanischen Behäbigkeit und dem kleinstädtischen
Charme von Pullach.
    In Berlin
hätte er auch keinen direkten Ausblick auf die Parkplätze der
Abteilungsdirektoren. Dort wüsste er nicht, dass Kellermann zwei Stunden zuvor
in der Gesamtlage eingetroffen war und immer noch nichts von sich hatte hören
lassen. Kein gutes Zeichen. Teetee saß auf glühenden Kohlen.
    Er
versuchte, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren: Die Abklärung von Angelina
Espinoza, ihre Personenfeststellung, ihren Charakter, ihre Neigungen - genau an
diesem Punkt hatte er beachtliche Probleme und hätte ihn am liebsten
weggelassen.
    Frau
Espinoza erklärte freimütig, dass sie für die Analyse der Zielperson bezahlt
werde, und erfüllte ihre Aufgabe mit großem Sachverstand und Kompetenz.
    Er starrte
auf den Monitor des Computers. Für diesen Satz hatte er eine halbe Stunde
gebraucht. Und das nur, weil er sich davor drücken wollte, zur Sache zu kommen.
Natürlich konnte er eine schnelle Nummer erklären. So etwas kam vor und war von
Fall zu Fall sogar erwünscht. Je mehr man über eine Person herausfand, die für
einen anderen Dienst arbeitete, umso besser. Wer wusste schon, wofür die
kompromittierenden Details einmal gut sein konnten?
    Nach
Abschluss der Observation von Quirin Kaiserley kam es zur Fortsetzung der
außerdienstlichen Aktivitäten. Dabei ging die Initiative von Frau Espinoza aus
...
    Er löschte
den Satz.
    Frau
Espinoza ist trotz ihres Alters von achtundvierzig Jahren in hervorragender
körperlicher Verfassung. Dies ist auf ihre sportlichen Aktivitäten
zurückzuführen. Ich konnte mich davon überzeugen, dass sie seit unserem
letzten dienstlichen Kontakt keine nennenswerten äußerlichen Veränderungen
durchlaufen hat.
    Ob
Kellermann das Protokoll las? Er müsste schon längst mit seinem Rapport beim
Abteilungspräsidenten fertig sein. Sicher war auch die Berliner Panne zur
Sprache gekommen. Teetee sah wieder hinüber zur Gesamtlage, aber außer zwei
dunklen Mercedes-Benz-Limousinen, die nachlässigerweise nicht in der
Tiefgarage, sondern am Bordstein vor dem Eingang geparkt waren, deutete nichts
darauf hin, dass sich jemand dort aufhielt.
    Den
Präsidenten bekam sowieso kaum jemand zu Gesicht. Ob er sich

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