Herz des Winters (German Edition)
vollzogene Farbvariationen ihrer Kleidungsstücke und ähnlich lästige Anwandlungen.
Alles in allem war Daena froh, als er schließlich erklärte, bereit zu sein für den Teleport. Diese Nachricht ließ sie sogar beinahe vergessen, dass er sie dazu mit einem Schwall kalten Wassers geweckt hatte. Vor allem, als er ihr anschließend ein Stück Seife reichte, das er herbeigezaubert hatte. Auch wenn das vermutlich bedeutete, dass ein anderer gerade um ein Stück Seife ärmer geworden war, war das ein Punkt, bei dem Daena garantiert nicht kleinlich sein wollte. Seife war Seife, herbeigezaubert oder nicht. Und Seife war ein Luxus, den sie sich nur selten leisten konnte.
Da die Magier nach Berekhs Auskunft nicht vor der Mittagszeit ansprechbar sein würden, verzog sie sich summend in den Fluss und genoss den süßen Duft nach Lavendel und Vanille, der sie bald umgab. Allerdings erst, nachdem sie Berekh angedroht hatte, seine neu gewonnenen Augen auszukratzen, sollte er sich dabei in ihre Nähe wagen.
Rot geschrubbt und wahrscheinlich einer Erkältung nahe, dafür so sauber und duftend wie schon lange nicht mehr, kletterte sie ans Ufer – und stieß einen Schrei aus.
„Ich hab nicht geguckt!“, kam es aus Richtung ihres Lagers.
„Du treibst mich noch in den Wahnsinn mit deinem Hokuspokus!“, brüllte sie zurück.
Im Gras lagen fein säuberlich gefaltet ihre Kleider, sauber und trocken. Sie schlüpfte hinein und registrierte mit einer gewissen Dankbarkeit, dass sie wärmer waren als die aktuelle Lufttemperatur zulassen hätte sollen. Dann stürmte sie zurück ins Lager, bereit, dort weiter Zeter und Mordio zu schreien.
Beim Anblick des bläulich schimmernden, scheibenartigen Etwas, das mitten auf der Lichtung in der Luft schwebte, blieben ihr jedoch die Worte im Hals feststecken.
Berekh stand neben dem Ding, ebenfalls gewaschen und das Gepäck sorgfältig vorbereitet zu seinen Füßen. Es entsprach also wohl wirklich der Wahrheit, dass Männer einfach schneller beim Baden waren. Sogar seine eigene Robe war gesäubert und mit winzigen, blinkenden Sternen übersät. Haar und Bart, jetzt dunkel und dicht, waren ordentlich gekämmt und gestutzt. Ihm lag scheinbar verdammt viel daran, einem guten Eindruck zu hinterlassen.
Unbehaglich begann Daena, an ihrer Kleidung zu zupfen, die von jahrelangem Tragen, zahlreichen Kämpfen und dem fast ausschließlichem Leben in der Wildnis verschlissen war. Aber daran konnte sie nun auch nichts mehr ändern.
Sie trat an Berekhs Seite und sah in die silbernen Schlieren, die im Inneren der Scheibe zu wirbeln schienen. Mit einem Mut, den sie nicht verspürte, fragte sie: „Und da soll ich jetzt hindurchhüpfen oder wie?“
Amüsiert funkelten seine Augen. „Ich dachte, dir widerstrebt der Gedanke an Selbstmord?“
Ihr Zurückschrecken bemerkend, lachte er auf. „Gefährlich wäre es nur für dich alleine. Dein Glück, dass du mich zum Gefährten hast.“ Mit diesen Worten schlang er einen Arm um ihre Hüfte und zog sie durch das Portal.
5
Liannon, die Stadt der Magier, bot einen Kontrast zu dem Unterschlupf der Nekromanten, der größer nicht sein konnte.
Alles strahlte, von den hellen Pflastersteinen, über die weiß und bunt getünchten Fassaden der Häuser, bis hin zu den farbigen Glasfenstern, die das Licht in unzählige Spektren brachen. Dekorationen beherrschten auch hier alle Oberflächen, doch im Gegensatz zu den Reliefs der Schwarzmagier stellten sie keine düsteren Szenen dar, sondern mythische Wesen, Ranken und Festgelage.
Brunnen und Gärten erfrischten Luft und Auge und sorgten gleichzeitig für Ruhepunkte, die ein Besucher bitter Not haben mochte, denn soweit Daena sagen konnte, verhielten sie sich auf natürliche Weise – im Gegensatz zu allem anderen, das sich auf den Straßen befand.
Lampen schwebten wie von Geisterhand gehalten über dem Boden und warteten auf den Einbruch der Dämmerung, Bücherstapel und Platten mit exquisiten Speisen bewegten sich auf unsichtbaren Pfaden durch die Luft und ein einsamer Besen kehrte den Weg an der Kreuzung vor ihnen.
Daena war von all dem so eingenommen, dass sie erst nach mehreren Sekunden bemerkte, dass sich außer diesen Gegenständen nichts bewegte.
Die Menschen, die sich in ihrer Umgebung aufgehalten hatten, waren bei ihrer Ankunft erstarrt, ihre Gespräche verstummt. Zuerst dachte sie, es wäre Empörung über das Auftauchen einer Außenseiterin – denn als solche empfand sie sich, und das aus mehr als
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