Herz des Winters (German Edition)
Schnee und Steinen landete, sehr zur Erheiterung der übrigen Gesellen.
Zwischen diesen Wesen und anderen, die auf zwei Beinen oder mehr, geschuppt, behaart oder nackt, ruhig oder aufgeregt, einzeln oder in Rudeln eine ausgedehnte Fläche vor der Felswand bevölkerten, bewegte sich einsam und gemächlich ein gigantischer Mann umher, der den Trollen weder in seiner Körpergröße nachstand, noch was sein wildes Aussehen anbelangte. Ein grauer, struppiger Bart reichte ihm bis zum Gürtel, der wiederum die Schichten aus Fellen, Stoffen und Moos zusammenhielt, die seine Kleider bildeten. Wohin er auch ging, wurde respektvoll ausgewichen, denn er schien zu sehr in Gedanken versunken, um auf seine Umgebung zu achten.
Daena musste ihn länger als beabsichtigt angestarrt haben, denn Berekh schloss zu ihr auf und erklärte mit einem Nicken in Richtung des Alten: „Rübezahl, der Herr des Berges.“
„Dieses Berges?“
„Aller Berge, nehme ich an. Es ist nie gewiss, wo man ihn antrifft, es kann ebenso gut auf einem kleinen Hügel im Süden sein.“
„Er sieht einsam aus“, meinte Daena, was ihr einen undeutbaren Blick einbrachte. Sie konnte es auch nicht erklären, doch allein den Riesen von weitem zu sehen, erfüllte sie mit unsagbarer Traurigkeit. Mühsam riss sie sich von ihm los und führte ihre Beobachtungen fort.
„Was ist dort?“, fragte sie, auf eine verlassen scheinende Gegend deutend, deren aufgewühlter Boden nicht zu der Offensichtlichkeit zu passen schien, mit der sie gemieden wurde. Berekh zuckte mit den Schultern und studierte nun ebenfalls die merkwürdigen Spuren im Schnee.
„Es sieht fast aus, als hätte sich etwas in den Boden gegraben“, meinte er.
„Das ist das Lager der Untoten“, gab der Lindwurm von der Spitze der Gruppe zurück.
„Untote?“ Sikaîl klang etwas aus der Fassung. Den Versuch, sich zu ihnen zu drängen, gab er aufgrund der geringen Breite des Pfades jedoch schnell wieder auf. Auch der verletzte Stolz eines Kämpfers ließ sich leichter verkraften als der steil abfallende Rand ins Nichts, der neben ihnen aufklaffte.
„Ghoule hauptsächlich, und Vampire. Ein paar Wiedergänger sind auch dabei, aber von denen sind viele nach dem ersten Tag nicht wieder aus der Erde gekommen. Die tiefe Temperatur ist nichts für jemanden ohne Blutzirkulation, nehme ich an. Sonst sind sie aber eine recht muntere Bande.“
„Aber was machen sie hier? Ich dachte immer, gerade Leichenfresser würden von einem Krieg profitieren“, rief Sikaîl nach vorne.
„Nicht von diesem“, murrte Berekh.
Da niemand sonst eine Erklärung abzugeben gewillt war, rang sich Daena schließlich zu einer Antwort durch. „Hast du schon einmal einen Ort gesehen, an dem die Morochai eingefallen sind?“ Sie musste das Kopfschütteln des Saren nicht abwarten. Verseuchte Fische waren die einzigen Folgen, die die Länder im Süden bisher durch die Morochai erdulden mussten. Andernfalls wäre Sika1îl sicherlich nicht ruhig in seinem Hafen sitzen geblieben. Zu bedingungslos hatte er die Werte der Akademie als seine eigenen angenommen.
„Sie versklaven, fressen, verbrennen. Sie lassen kaum Leichen zurück, und wenn doch, ist niemand da, der sie anständig auf einem Friedhof beerdigen könnte. Diejenigen, die entkommen können, fliehen. Ich würde sagen, sie nehmen den Untoten ihre Nahrung weg.“
„Und das mehr als im üblichen Maß. Das ist kein Krieg unter Menschen, ein paar Tausend auf jeder Seite im Kampf um eine Grenze. Hier geht es um die Vernichtung der Menschheit. Und auch wenn genügend Völker unsere Rasse verabscheuen und auch guten Grund dazu haben, sind wir das Einzige, was noch zwischen ihnen und den Morochai steht. Wenn wir fallen, sind sie die Nächsten, und ihre Zahl reicht bei weitem nicht zu einem Widerstand.“
Daena sah den Zauberer erschüttert an. Unwillkürlich blickte sie zurück auf ihre eigene, kümmerliche Gruppe, und hinab auf die versammelten Kämpfer aller Arten. Es wird nicht reichen , rief die aufsteigende Panik in ihr. Es ist umsonst, es wird nicht reichen!
In diesem Moment ging eine Lawine los. Merkwürdigerweise begann sie allerdings im Tal und schob sich hangaufwärts, und zwar in beängstigendem Tempo auf die Lager zu. Sie konnte einen leisen Aufschrei nicht zurückhalten, der aber in Ozlakzbrats Knurren unterging.
„Diese dummen Viecher, irgendwann geht etwas schief mit ihrer ständigen Herumrennerei. Als hätten sie Hummeln unterm Fell.“
Knapper als Daena es
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