Herz in Gefahr (German Edition)
bemerkte, schob die auffällige Feindseligkeit auf die Tatsache, dass es sich für eine Kinderfrau, eine Gemeine, nicht ziemte, einem Herrn unaufgefordert Fragen zu stellen. Und so wunderte er sich auch nicht, als Warthorpe barsch antwortete: »Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig. Schweige, und rede nur, wenn du gefragt wirst.«
Lord Waterhouse, der die Zurechtweisung der treuen Kinderfrau unter normalen Umständen nicht schweigend gebilligt hätte, sah lediglich überrascht auf. Er musterte Margaret, die ihre Augen erneut niedergeschlagen hatte. Dann wandte er sich an Sir Warthorpe: »Ich danke dir für deine Anteilnahme, Großneffe. Doch erzähle, wie und was du über das Unglück erfahren hast. Vielleicht bringt deine Rede uns Aufklärung über die Geschehnisse im Wald.«
»Nun«, hob Sir Warthorpe an. »Einer meiner Gefolgsleute, den ich mit einem Auftrag nach Canterbury geschickt hatte, kam heute zurück und durchquerte dabei Euer Land. Eine Bauersfrau erzählte ihm, dass Euer Sohn getötet worden sei. Die Bauersfrau hatte es von einem Mönch des Klosters erfahren, dem unser Pater Gregor vorsteht. Der Mann berichtete bei seiner Heimkehr, was er erfahren hatte, und ich machte mich daraufhin sogleich auf den Weg zu Euch, um meine Hilfe anzubieten.«
»Gut, gut!«, unterbrach ihn der alte Lord ungeduldig. »Was genau hast du über den Hergang des Unglücks erfahren?«
»Ein fremder Reiter habe Euren Sohn niedergeritten, als er im Wald spielte, hörte ich. Mehr nicht. Ich bin gekommen, um Näheres zu erfahren.«
»Geschlagen hat er ihn, der Fremde Erst hat er ihn mit seinem mächtigen Roß umgemäht wie ein zartes Hälmchen. Dann stieg er ab und schlug dem sterbendem Kind mit der Hand ins Gesicht, bevor er davonritt, der Schuft«, erklärte Lord Waterhouse gepresst. »Margaret hat einen Ring mit einem roten Stein am Finger des Unbekannten gesehen. Später fand man noch einen Handschuh mit dem Wappen der Bloomfields am Unglücksort.«
»Mit Bloomfields Wappen? Aha!«, stieß Matthew hervor und lehnte sich gegen die Wand zurück. »Jetzt wird mir einiges klar.«
»Was wisst Ihr, Sir? Was ist Euch klar?«, drängte der Rittmeister.
Sir Warthorpe schaute nacheinander alle am Tisch Sitzenden an. Sein Blick verweilte auf Helen, die noch immer den Kopf in den Armen verbarg und weinte. Dann seufzte er, als fiele es ihm schwer, den Schmerz seiner Verwandten nicht mildern zu können. »Nein, es ist nichts. Mir kam nur ein flüchtiger Gedanke. Doch er erscheint mir so ungeheuerlich, dass ich ihn sofort wieder verworfen habe. Verzeiht mir meine unbedachten Worte.«
Matthew beobachtete, welche Wirkung diese Sätze auf die Anwesenden in der Halle hatte und registrierte befriedigt die Neugier in den Augen des Rittmeisters. Auch Lord Waterhouse sah seinen Großneffen fragend an. Nur Helen und Margaret schienen nichts gehört zu haben.
»Ich bitte dich, lass uns an deiner Eingebung teilhaben. Ich muss erfahren, wer der Fremde war. Erst wenn dieser seine gerechte Strafe gefunden hat, kann mein altes Herz zur Ruhe kommen. Deshalb sage uns, was dir für ein Gedanke kam. Vielleicht bringt er etwas Licht in das Dunkel der Geschehnisse«, bat der Burgherr.
»Nun, da Ihr mich so drängt, werde ich sagen, welcher Einfall mir in den Kopf kam. Doch erlaubt, dass ich mit einer Frage beginne«, sprach Sir Matthew. »Woher wisst Ihr, dass es ein Unfall war und kein kaltblütiger Mord?«
»Es war ein Unglück! Was sollte es sonst gewesen sein? Niemand wusste doch, dass Andrew uns folgen würde! Und aus welchem Grund sollte jemand den Kleinen töten wollen? Es war eine Verkettung unglückseliger Umstände, ein Zufall, ein böser Schlag des Schicksals, mit dem wir fertig werden müssen!«, begehrte Helen auf. »Das Pferd! Es hat gescheut, ist hochgestiegen. Kein Reiter kann ein so mächtiges Ross im Zaum halten.«
»Jeder, der nicht erst seit gestern im Sattel sitzt, hätte sein Pferd früher gezügelt. Doch vielleicht wollte der Fremde sein Ross gar nicht halten? Vielleicht hat er das Auftauchen des Jungen als Wink des Schicksals gesehen und die Gunst der Stunde genutzt?«, bohrte Sir Warthorpe weiter.
»Ich verstehe dich nicht, Großneffe«, gab Lord Waterhouse zu. »Erkläre dich genauer!«
Matthew stützte seine Unterarme auf die Tischplatte und beugte sich angespannt nach vorn, sodass er Auge in Auge mit der Kinderfrau saß, die seinem Blick standhielt. »Vielleicht solltet Ihr Euch fragen, wer einen Vorteil aus Andrews Tod
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