Herz in Gefahr (German Edition)
und der Zorn in ihrem Herzen verwandelte sich in bitteren Hass und ließ ihre Seele zu Eis erstarren. Genauso leidenschaftlich wie Helen Robin geliebt hatte, so sehr hasste sie ihn nun.
Sie setzte sich im Bett auf, umschlang ihre Knie mit beiden Armen, als würde sie sich selbst wärmen und schützen, und wiegte sich hin und her. Ihre Tränen waren versiegt. Nur ein leises Wimmern, das an das Wehklagen eines verlassenen Kätzchens erinnerte, war noch zu hören.
Noch nie in ihrem Leben hatte sich Helen so klein, so einsam, verloren und verlassen gefühlt. Der heutige Tag hatte ihr nicht nur den Bruder und den Geliebten genommen, sondern vor allem den Glauben an sich selbst und an die Welt, in der sie lebte. Alles, was ihr gestern noch wert und wichtig erschienen war, hatte heute an Bedeutung verloren. Alles, woran sie geglaubt hatte, war zur Lüge geworden. Gestern noch ein Mädchen, das sich geliebt fühlte und sich auf seine Hochzeit freute, und heute eine verratene, benutzte Frau, deren Gefühle arglistig getäuscht und weggeworfen worden waren wie kaputtes Spielzeug. Nein, niemals mehr würde Helen sich so sehr täuschen lassen. Niemals mehr den Worten eines Mannes Glauben schenken. Niemals mehr jemandem vertrauen.
Warthorpe konnte stolz auf sich sein. Der Samen der Ungewissheit und des Zweifels war gelegt und begann zu keimen.
8. Kapitel
Margaret hatte die Tür zu Helens Turmzimmer leise geschlossen. Sie verharrte einen Moment nachdenklich auf dem Treppenansatz und lauschte den Geräuschen, die aus der Halle zu ihr heraufdrangen. Matthews Stimme, die alle anderen übertönte, war klar und deutlich zu hören. Sie vernahm wie er Lord Waterhouse beschwor.
»Ihr müsst ihn töten! Eure Ehre und die Eurer Familie gebieten es Euch. Fordert ihn zum Zweikampf auf!«
Undeutliches Gemurmel war die Antwort. Margaret lief die Treppe hinunter und gesellte sich wieder zu den anderen in der Halle. Gespannt lauschte sie den Gesprächen. Kein Wort durfte sie überhören, wenn sie das Schlimmste verhindern wollte.
»Ich habe keine Kraft mehr für Zweikämpfe, Matthew. Meine Zeit ist vorbei, ich bin des Kämpfens und Tötens überdrüssig. Es gibt andere, ebenso wirksame Methoden, der Gerechtigkeit genüge zu tun«, sagte der Burgherr müde.
»Lord Waterhouse hat Recht«, ergriff der Rittmeister das Wort. »Was ist, wenn er im Kampf unterliegt? Hat ganz Waterhouse nicht genug gelitten? Sollen noch mehr Tote beklagt werden?«
»Ihr irrt, Rittmeister! Ich habe keine Angst vor dem Tod«, warf der alte Lord ein. »Ich bin schon seit langem bereit zum Sterben und scheue keine Niederlage. In meinem Alter ist ein guter Tod besser als ein schlechtes Gewissen. Doch ich bin noch immer nicht zweifelsfrei von Bloomfields Schuld überzeugt. Ich bin lange genug auf der Welt, um die Menschen zu kennen. Und ich konnte mich bisher stets auf dieses Wissen verlassen.Mein Verstand sagt mir, dass alles für eine Täterschaft Bloomfields spricht, aber mein Gefühl sagt mir das Gegenteil.«
»Was muss noch geschehen, damit Ihr endlich begreift, was für alle anderen schon lange offensichtlich ist? Muss Bloomfield Eure Tochter vor Euren eigenen Augen vergewaltigen, damit auch Ihr endlich einseht, was für ein abgefeimter Schurke er ist?«, rief Matthew hitzig.
»Zügele dein Temperament, Großneffe«, verwies ihn der alte Lord. »Der Täter wird seine gerechte Strafe erhalten, dafür verbürge ich mich. Doch wir dürfen nicht unüberlegt handeln. Ich bin ein frommer Mann. Ich möchte gerecht handeln: vor Gott, vor den Menschen und vor mir selbst. Doch wenn Robin Bloomfield die Schuld an Andrews Tod trägt, dann muss er eben sterben!«
Dann wandte sich der Burgherr an die Kinderfrau.
»Margaret, du warst dabei, als das Unfassbare geschah. Wie lautet deine Meinung? Ist Robin Bloomfield der Mörder meines Sohnes?«
Die Kinderfrau heftete ihren Blick fest auf Sir Matthew und sagte dann mit unbewegter, kalter Stimme: »So wie die Liebe nichts Böses denkt, so spricht der Neid nichts Gutes.«
»Du redest in Rätseln, Margaret. Was meinst du?«, fragte Lord Waterhouse nach.
»Bevor Ihr auf Sir Warthorpes Ratschläge hört und Lord Robin den Garaus macht, so bedenkt auch, wer von Bloomfields Tod profitieren könnte. Ihr, Mylord, seid Robin Bloomfield bisher sehr zugetan gewesen. Lasst nicht zu, dass der Hass Euch nun mit Blindheit schlägt. Es gibt genügend Neider auf dieser Welt und in dieser Grafschaft, denen der junge Lord ein Dorn im Auge
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