Herz in Gefahr (German Edition)
Zähne.
Dann lief er um die gedemütigte Frau herum und sah gründlich jeden Zentimeter ihres Leibes an. Er hob mit beiden Händen ihre schweren Brüste und grinste ihr dabei widerlich ins Gesicht, sodass Margaret vor Scham die Augen schloss. Dann spreizte er gar ihre Schenkel, beugte sich vornüber und betrachtete ihren Schoß, wobei er sich genüsslich die Lippen leckte. Die gaffende Meute feuerte ihn dabei an und unterstützte seine Bemühungen mit zotigen Zurufen.
Lord Waterhouse wand sich gequält auf seinem Stuhl. Er litt unter der unsäglichen und doch üblichen Behandlung, die seiner Kinderfrau hier zuteil wurde. Er musste an sich halten, um nicht aufzuspringen und dem schrecklichen Treiben ein Ende zu bereiten. Helenhatte beide Hände vor ihr Gesicht geschlagen und saß unbewegt da. Der Rittmeister hatte seine Augen abgewandt und sah peinlich berührt zu Boden. Nur Sir Warthorpe schien Freude an diesem Prozess zu empfinden. Unruhig reckte er den Hals, um nur ja jede Bewegung des Henkers verfolgen zu können. Seine Lippen hatten sich zu einem breiten Grinsen verzogen.
»Nun, habt Ihr das Mal entdeckt?«, fragte Bruder Michael eifrig.
»Nein. Sie hat zu viele Haare. Bringt mir eine Schere!«, befahl der Henker roh.
Ein Knecht reichte ihm das gewünschte Instrument. Er sah dabei entschuldigend zu Margaret, die jedoch die Augen noch immer geschlossen hielt. Der Henker trat erneut zu ihr. Er griff ihr in die Haare und zog ihren Kopf grob nach hinten. Mit der Schere schnitt er ihr Strähne für Strähne ihrer dunklen Haarpracht herunter, bis sie beinahe kahlköpfig vor ihm stand. Doch das genügte ihm noch nicht. »Ich sehe noch immer kein Mal!«, rief er und machte sich daran, ihr auch noch die restliche Körperbehaarung zu entfernen. Dann umrundete er die Kinderfrau erneut und spähte überall hin. »Hier ist es, das Mal!«, rief er plötzlich und deutete auf die kreisrunde Narbe an Margarets Hals.
»Gut. Dann führt die Nadelprobe durch!«, wies Richter Dogde ihn an. Die Nadelprobe galt als eindeutiger Beweis für Schuld oder Unschuld einer Hexe. Man stach dazu eine Nadel in das Hexenmal. Wenn Blut daraus hervorquoll, war die Beklagte unschuldig. Blutete die Wunde jedoch nicht, stand fest, dass die Gemarterte eine Hexe sein musste, da doch landauf landab bekannt war, dass Hexen niemals aus dem Mal bluten, das ihnen der Teufel zum Zeichen seiner Herrschaft eingebrannt hatte. Der Henker griff nach einer Ledertasche, die ihm am Gürtel hing und entnahm ihr eine lange Nadel. Er bog Margarets Kopf zur Seite und ritztedie zarte Haut an ihrem Hals nur ganz wenig auf, sodass Margaret nicht den leisesten Schmerz spürte. Dabei sah Jorge, der Unerbittliche, zu Matthew, der ihm einen bestätigenden Blick zuwarf.
»Seht, es kommt kein Blut. Das Weib ist eine Hexe! Der Beweis ist erbracht!«, verkündete der Henker sodann und hielt die Nadel gut sichtbar für alle in die Höhe. Die Zuschauer jubelten und klatschten.
»Margaret, leugnet Ihr noch immer, dass Ihr des Teufels Gespielin seid?«, fragte Bruder Michael drohend.
»Ich bin unschuldig. Und wenn Ihr, die Ihr Euch Ketzergericht nennt, nur einen Funken Verstand habt, dann solltet Ihr Euch fragen: Warum eigentlich sollte der Teufel seine Hexen gebrandmarkt haben? Aus Besitzerstolz vielleicht? Oder wollte er gar die Ketzergerichte unterstützen?«
Ein lautes, beifälliges Lachen übertönte nun die Versammlung. Es kam von dem Totengräber William. »Gut gemacht, Margaret. Gib es den Dummköpfen«, schrie er.
Auch der Rittmeister schien von Margarets Erklärungen beeindruckt. »Lasst sie beweisen, dass sie keine Hexe ist«, rief er. »Oder habt Ihr Angst, die Falsche zu verurteilen? Muss sie jetzt sterben, damit Ihr im Recht bleibt?«
Sir Dogde und Bruder Michael sahen streng auf das Publikum. Dann wandte sich der geistliche Richter an die Dorfleute: »Da seht Ihr, was sie angerichtet hat. Sie hat die Köpfe braver Leute verwirrt. Nicht nur Helen Waterhouse muss ihr Opfer genannt werden, nein, auch der Rittmeister und der Totengräber sind befallen!«
Nun wurde es auch Lord Waterhouse zu viel. Er sah voller Mitgefühl auf die nackte Margaret, der es selbst in diesem Zustand noch gelang, Stolz und Würde auszustrahlen.
»Hohes Gericht!«, rief Waterhouse. »Wie Ihr hört, bestehen Zweifel an der Hexenprobe. Eine Narbe, die nicht blutet, weil der Henker sein Handwerk nicht versteht, darf vor Gericht und vor Gott nicht als Beweis gewertet werden!«
Der Henker
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