Herzblut 02 - Stärker als der Tod
Wochenende tankte ich neue Energie und machte mir Sorgen um Savannah. Würde sie auf meine Warnung hören und vorsichtig sein? Oder lernte sie immer noch ohne einen Lehrer zaubern? Wie oft übte sie? Zu Hause konnte sie nicht üben, wenn ihr Dad nichts mitbekommen sollte; der Vampirrat würde auf keinen Fall wissentlich erlauben, dass sie ihre Fähigkeiten entwickelte. War sie draußen in der Kälte?
Wenn ich sie nicht anrufen wollte, um zu verlangen, dass sie mich bei ihrem Training zusehen ließ, konnte ich nicht viel tun, um für ihre Sicherheit zu sorgen. Und das bereitete mir einige schlaflose Nächte.
Weil sie am Montag in der Schule war, konnte ich mich wenigstensda entspannen. Nachmittags fuhr ich nach dem Footballtraining nach Hause. Dort stand zu meiner Überraschung Dads Auto in der Garage. Meine Eltern waren am Abend zuvor spät nach Hause gekommen. Mom hatte am Morgen ausgeschlafen, und Dad war schon vor dem Frühstück zur Arbeit gefahren. Es war erst halb sechs, und ich hatte erst in ein paar Stunden mit ihm gerechnet, weil ich dachte, er hätte jede Menge zu tun.
Ich lief leise durch den Flur zum Wohnzimmer in der Hoffnung, dass er müde und weggetreten auf dem Sofa liegen würde.
Auf halbem Weg kam ich an der offenen Tür zu seinem Arbeitszimmer vorbei. Er saß an seinem Schreibtisch und telefonierte.
Klasse. Vielleicht musste er viel arbeiten und vergaß das „Gespräch“, das er mir versprochen hatte.
Ich drehte um, aber nicht schnell genug. Mit einem knackigen Fingerschnippen befahl er mich in sein Arbeitszimmer. Vorsichtig ließ ich mich in den knarrenden Ledersessel vor ihm sinken. Das hier würde kein Spaß werden. Mein linkes Knie wippte auf und ab. Während ich auf meine Hände starrte, hörte ich tatsächlich mit, was er sagte.
„Nein, das werdet ihr nicht tun, und zwar aus folgendem Grund: Wir wissen nicht sicher, dass sie von Vampiren getötet wurden. Doch, das ist mein Ernst! Zwei Wunden am Hals sind kein eindeutiger Beweis für einen Mord durch Vampire.“ Er hörte zu. „Ja, das stimmt, in den Körpern war kein Blut mehr. Aber es kann genauso gut sein, dass ihnen das Blut woanders entfernt wurde und man sie an diesem Ort platziert hat, wo sie schnell gefunden werden. Denk mal darüber nach. Absolut jeder könnte dahinterstecken. Und wenn wir voreilige Schlüsse ziehen, spielen wir ihnen womöglich noch in die Hände. Deswegen möchte ich, dass alle vorerst ruhig bleiben, sich zurückhalten, einen Talisman tragen und die Untersuchungen mir und dem Vampirrat überlassen. Wir finden heraus, wer für die Morde verantwortlich ist, das garantiere ich. Und sie werden dafür bezahlen.“ Wieder eine Pause. „Ja, der Vampirrat. Nein, ich habe doch schon gesagt, dass der Rat diesen Überfall nicht genehmigt hat.“ Eine letzte Pause. „Pass du auch auf dich auf und melde dich regelmäßig bei anderen Nachfahren, mindestenseinmal am Tag. In Ordnung? Ja, du auch.“
Er legte auf, fuhr sich mit einer Hand durch die grauen Haare und seufzte. „Und so sieht, kurz gesagt, das Leben eines Clann-Führers aus. Mit einem Anruf nach dem anderen versuchst du den Schaden einzudämmen.“
„Wir sollten uns eine Website basteln, damit wir die Neuigkeiten an alle Nachfahren auf einmal schicken können.“
Dad grinste. „Weißt du was? Das ist gar keine schlechte Idee. Es könnte nicht schaden, das besser zu organisieren.“
Die Anspannung in meinen Schultern ließ nach. Vielleicht wollte er mich doch nicht bestrafen. Mein Blick fiel auf seinen Schreibtisch. Er sah aus, als wäre ein Papiermonster darauf explodiert. Ich musste lachen. „Stimmt, schließlich wird in diesem Haus offensichtlich viel Wert auf gute Organisation gelegt.“
Er kicherte.
„Aber mal ernsthaft, Dad, wie machst du das? Wie schaffst du es, den gleichen Text hundertmal aufzusagen, ohne wahnsinnig zu werden?“
„Das muss jeder anständige Anführer können. Du brauchst Geduld.“
„Sogar mit den vorurteilsbeladenen Idioten?“
„Sogar mit ihnen. Wir führen den Clann nur, bis wir sterben oder abgesetzt werden.“
„Ich habe gehört, dass du gesagt hast, alle sollten Talismane tragen. Genau darüber wollte ich mit dir reden.“
„Mhm. Darüber wollte ich auch mit dir reden.“
Oha. Jetzt ging’s los. „Tut mir leid, dass ich den Talisman nicht tragen wollte.“
Schweigen. Er zog die Augenbrauen hoch, lehnte sich zurück und verschränkte die massigen Hände über seinem Bauch.
„Aber?“ „Aber ich
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