Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
hältst mich bestimmt für verrückt.“
„Versuch’s mal.“
„Draußen am Sportplatz stehen … Leute. Am Waldrand. Erwachsene. Drei. Sie starren mich an. Heute Mittag waren sie auch schon da, aber meine Freundinnen haben geschworen, dass sie niemanden gesehen haben. Keine von ihnen konnte die Leute sehen. Wie kann das sein? Sie müssen Geister oder so was sein.“ Die Worte strömten nur so aus mir heraus, und meine Stimme hob sich fast zu einem Kreischen.
„Schon gut, beruhig dich. Du meinst, sie haben dich angestarrt?“
Wie sollte ich ihm erklären, warum die Beobachter mir eine solcheAngst eingejagt hatten? „Ja. Aber sie bewegen sich nicht und blinzeln nicht und machen gar nichts. Sie stehen da wie die Ölgötzen. Nur wenn ich vorbeigehe, drehen sie die Köpfe und sehen mir nach.“ Plötzlich kam mir ein Gedanke. „Hat der Clann sie vielleicht geschickt, um uns nachzuspionieren? Vielleicht haben unsere Eltern einen Verdacht und haben sie uns auf den Hals gehetzt. Aber wieso machen sie sich dann nicht auch für mich unsichtbar? Das wäre doch sinnvoll, oder?“
„He, he, mal langsam.“ Er stand auf und zog mich mit hoch. „Wenn der Clann Spitzel auf mich ansetzen würde, was ich bezweifle, würden sie sich ja wohl für alle unsichtbar machen. Sonst wären sie nicht gerade gute Spitzel, oder?“
Seine ruhige Zuversicht umhüllte mich wie eine weiche, warme Decke. Mein Herzschlag beruhigte sich, und ich kam mir dumm vor. Ich holte tief Luft und versuchte, mich zu beruhigen. Wahrscheinlich hatte ich überreagiert. „Du hast recht. Aber warum können meine Freundinnen sie nicht sehen?“
„Das weiß ich nicht. Schauen wir doch mal, ob ich sie sehen kann.“
Ich brauchte mehrere Versuche, um den Schrank aufzuschließen, damit wir die Musikanlage und meine Trainertasche herausholen konnten. Danach gingen wir die Treppe hinunter und nach draußen.
Die Beobachter waren immer noch dort. Dieses Mal rissen sie die Augen auf, als hätten sie sich erschrocken. Was dafür sprach, dass sie keine Geister waren. Geister reagierten nicht überrascht, und der Wind konnte ihnen nichts anhaben, oder?
„Sind sie immer noch da?“, fragte Tristan leise, während er in ihre Richtung sah.
Ich nickte. Wieder schnürte sich mir vor Angst die Kehle zu. Tristan konnte sie auch nicht sehen. Verdammt, langsam wurde ich wirklich irre.
„Solange ich bei dir bin, tun sie dir nichts“, sagte er und nahm meine Hand.
Die Frau in der Mitte stürzte fauchend einen Schritt vor, aber ihre Begleiter hielten sie zurück. Ihre Wut brandete über meine Haut.
Ich schnappte nach Luft und blieb stehen. „Lass meine Hand los. Das macht sie wütend.“
Er folgte meiner Bitte. „Wir kommen zu spät zum Training. Lass uns doch auf der anderen Seite um das Mathegebäude gehen …“
Als hätten sie ihn gehört, wandten sich die Beobachter zum Sportplatz um. Dann stürmten sie so schnell los, dass ich sie nur noch als Schemen sah. Ach du Schande, wie konnten sie sich so schnell bewegen? Das waren auf keinen Fall Nachfahren, zumindest nicht, wenn sie sich nicht irgendwie Superkräfte angehext hatten. Aber vielleicht hatten sie genau das gemacht. Was wusste ich schon über Magie und darüber, was Nachfahren mit der richtigen Ausbildung tun konnten und was nicht?
Wohin waren sie verschwunden?
Nicht zu wissen, wo diese drei unheimlichen Leute waren, war noch schlimmer, als von ihnen angestarrt zu werden. Ich lief die Rampe zur Straße hinunter und am Mathegebäude vorbei. Dort sah ich gerade noch, wie die Beobachter als Schemen hinter dem Zaun über den Sportplatz huschten, bevor sie am anderen Ende wieder sichtbar Gestalt annahmen.
„Wow, sind die schnell.“
„Wo sind sie jetzt?“
„Auf der anderen Seite vom Sportplatz hinter dem Zaun. Und sie starren mich wieder an.“
Er riss die Augen auf. „Das ist echt schnell.“
„Du kannst sie immer noch nicht sehen, oder?“
„Nein. Tut mir leid, ich wünschte, ich könnte es. Wenn der Clann sie geschickt hätte, würde ich sie vielleicht erkennen.“
Mir kam ein schrecklicher Gedanke. „Und wenn sie genau das wollen? Wenn sie Beobachter schicken, die außer mir niemand sieht, damit ich glaube, dass ich verrückt werde? Vielleicht wollen sie mir Angst einjagen, damit ich mich nicht mehr mit dir treffe.“
Wir betraten das Spielfeld. Ich versuchte, die Beobachter nicht anzusehen, aber genauso gut hätte ich auf einem Gleis stehen und versuchen können, den nahenden Zug zu
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