Herzen im Feuer
einen Hand und einem Teller ausgewähl- ter Süßigkeiten in der anderen auf sich zukommen sah. Sein Blick war fest auf den bewegten Inhalt der Tasse geheftet, während er sich Schritt für Schritt bis zu ihr vorarbeitete. Dann kehrte er zu seinem Teller zurück.
»Warum ist er heimgekehrt? Was will er?« fragte Nicole plötzlich. Angst und Sorge zogen Falten durch ihre glatte Stirn, als sie Mara eine Teetasse reichte. »Dieser Skandal! Oh, er wird alles ruinieren. Mein Verlobter ist ein bedeutender Mann, Mademoiselle. Jean-Claude ist der Erbe von Belle Saulaie nahe Francisville, und seine Familie besitzt Stadthäuser in New Orleans und Natchez. Im Frühjahr wollen wir heiraten. Es wird die Hochzeit des Jahres werden, ein unvergleichliches Ereignis. Glauben Sie, er wird auch kommen? Das wäre mir höchst unangenehm. Niemand wird mit ihm sprechen, und er wird sich duel- lieren müssen, falls ihn jemand beleidigt. Es ist einfach nicht gerecht, Mademoiselle. Daß dieser gräßliche Mensch mir das antun muß«, heulte Nicole, die vollkommen vergessen hatte, daß Mara zusammen mit diesem gräßlichen Menschen gekommen war.
»Er wird Ihnen bestimmt keine Unannehmlichkeiten bereiten wol- len«, versicherte ihr Mara.
»Gott sei Dank kehren wir nach unserer Hochzeit gar nicht mehr
hierher zurück, sondern lassen uns in Belle Saulaie nieder. Wenn ich es mir recht überlege«, fügte Nicole mit einem Hoffnungsschimmer hinzu, »braucht ihn niemand aus meiner neuen Familie kennenzuler- nen. In ein paar Wochen reisen wir nach Belle Saulaie ab, wo wir bis zu unserer Hochzeit bei Jean-Claudes Familie wohnen. Es besteht gar kein Grund zur Sorge. Solange kann Nicholas sowieso nicht hierblei- ben«, schloß sie mit einem triumphierenden Lächeln. Sie seufzte er- leichtert und wechselte das Thema, bevor Mara fragen konnte, warum Nicholas nicht solange bleiben konnte.
»Was trägt man zur Zeit in Europa, Mademoiselle? Meine beste Freundin Leonore kam vor kurzem aus Paris zurück. Sie behauptet, dort würden nur noch kurze Schleppen getragen. Am liebsten trage ich Altrosa und Hellgelb. Ich kann es kaum erwarten zu heiraten, damit ich endlich einmal bunte und gewagte Kleider anziehen kann. Dieses stän- dige Weiß macht mich krank. Wußten Sie, daß Spitzen...«
Mara neigte den Kopf, als würde sie ihr interessiert lauschen, aber ihre Gedanken waren ganz woanders. Sie fragte sich, was sich wohl ein Stockwerk höher zwischen Nicholas und seiner Stiefmutter abspielen mochte.
»Warum bist du zurückgekommen?« verlangte Celeste mit schwacher Stimme zu wissen und ließ sich in die Kissen ihres Himmelbetts zu- rücksinken. Ihre mageren Hände flatterten nervös über den Satin. »Mein Gott, du siehst aus wie Philippe. Ich dachte erst, sein Geist wäre mir erschienen.« Sie erbebte und fuhr dann mit schwacher Stimme fort: »Ich wußte, daß Philippe tot ist, aber als ich dich sah, kamen mir einen Augenblick lang Zweifel. Warum?« fragte sie erbittert und preßte die Hände auf die Wangen. »Warum bist du zurückgekommen? Wie kannst du es wagen, dich in New Orleans blicken zu lassen? Nach all dem Leid, das du dieser Familie zugefügt hast! Ich hätte nicht gedacht, daß du so grausam sein kannst.«
»Celeste«, sagte Nicholas ebenso ruhig wie freundlich, »mein Vater bat mich, heimzukehren.«
Celestes graue Augen weiteten sich entsetzt. »Was? C'est impossible. Er hat deinen Namen nicht einmal mehr erwähnt, nachdem du das Haus verlassen hattest. Es war verboten, über dich zu sprechen. Du warst in seinen Augen so tot wie François. Du lügst. Du glaubst wohl, nachdem er tot ist und dich nicht mehr fortjagen kann, könntest du
heimkommen und dich hier als Herr aufspielen? Du hast keine Rechte hier auf Beaumarais. Du gehörst nicht mehr hierher«, sagte sie heiser. Die Ader an ihrer Schläfe pochte vor Erregung.
Nicholas zog langsam den Brief aus seiner Rocktasche, den er in San Francisco erhalten hatte. »Dieser Brief lügt nicht, Celeste. Ohne ihn wäre ich niemals zurückgekehrt. Das hatte ich mir geschworen, als ich von meinem Zuhause fortgejagt wurde«, erklärte er unerbittlich. »Nur aus diesem Grund habe ich meinen Schwur gebrochen.«
Celeste starrte den Brief an, als wäre er giftig, aber schließlich nahm sie ihn mit zittriger Hand. Schweigend beobachtete Nicholas, wie sie den Brief aus dem Umschlag zog und zu lesen begann. Als sie zum Ende kam, flatterte das Papier in ihrer Hand, und sie drückte sich den anderen Handrücken
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