Herzen in Gefahr
einen besonders guten Wein aus. Dann holte sie das weiße Spitzennegligee, das sie in ihrer Hochzeitsnacht getragen hatte, aus dem Schrank. Wenn sie ihren Mann verführen wollte, dann musste sie sich ganz besonders schön für ihn machen, so schön wie in ihrer Hochzeitsnacht. Wenn er sie damals begehrenswert gefunden hatte, dann würde er sie auch jetzt begehren. Diese Nacht sollte einen Neubeginn darstellen, den Neubeginn ihrer Liebe. Und wenn sie sich geliebt hatten, wenn nichts mehr zwischen ihnen stand, dann würde sie ihm von dem Baby erzählen.
Keith hatte sich wieder einmal total überanstrengt. Er arbeitete meistens bis zum Umfallen, bevor er die Treppen zum Schlafzimmer hinaufging, um sich leise neben Cathleen ins Bett zu legen. Wenn er erschöpft war, konnte er der Versuchung, sie an sich zu ziehen, eher widerstehen. Dann fiel es ihm nicht so schwer, über die Tatsache hinwegzusehen, dass sie neben ihm lag und er nur die Hand nach ihrem süßen weichen Körper auszustrecken brauchte. Nur wenn er todmüde war, vermochte er sich einzureden, dass er sie nicht begehrte.
Doch er machte sich etwas vor. Er belog sich selbst.
Die Entfremdung zwischen ihnen, die er selbst herbeigeführt hatte, tat ihm schrecklich weh. Aber was konnte er sonst tun? Cathleen musste Abstand zu ihm gewinnen. Er hatte sie in diese Ehe hineingedrängt und nun wollte er ihr Zeit lassen, ihre Entscheidung zu überdenken. Sie hatte Geheimnisse vor ihm, das sah er. Der Ausdruck in ihren Augen verriet es ihm. Manchmal konnte er kaum das Verlangen unterdrücken, sie bei den Schultern zu packen und zu schütteln, bis sie ihm alles sagte. Doch dann fiel ihm ein, was sie seinetwegen hatte durchmachen müssen, und er traute sich nicht einmal, sie anzufassen.
Sie war die vorbildlichste Frau gewesen seit ihrer Rückkehr – sie stellte keine Fragen, sie forderte nichts, sie äußerte kein einziges vorwurfsvolles Wort. Und er wollte sie zurückhaben.
Leise öffnete er die Schlafzimmertür – und blieb verblüfft stehen.
»Ich dachte, du würdest überhaupt nicht mehr heraufkommen.« Lächelnd ging sie auf ihn zu. »Du arbeitest zu viel.«
»Ich habe eine Menge zu tun.«
»Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit.«
Von seinen Gefühlen überwältigt, strich er ihr übers Haar. »Ich dachte, du würdest schon schlafen.«
»Ich habe auf dich gewartet.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. »Du fehlst mir, Keith. Ich habe Sehnsucht nach dir. Komm zu mir. Ich möchte so gern mit dir schlafen.«
»Ich habe noch etwas zu erledigen.«
»Kann das nicht warten?« Lächelnd fing sie an, sein Hemd aufzuknöpfen. Dabei glaubte sie deutlich, seine Reaktion zu spüren. In diesem Augenblick war sie sicher, dass er sie begehrte. »Wir haben schon lange keinen Abend mehr für uns allein gehabt.«
Er sah die Verbände an ihren Handgelenken, und schlagartig kehrten seine Schuldgefühle zurück. »Es tut mir leid«, sagte er. »Aber ich bin nur heraufgekommen, um nachzusehen, ob es dir gut geht. Du solltest jetzt schlafen.«
Die Zurückweisung tat ihr weh. Sie trat einen Schritt zurück. »Begehrst du mich nicht mehr, Keith?«
Wie konnte sie ahnen, was in ihm vorging? Woher hätte sie wissen sollen, dass sein Verlangen ihn fast um den Verstand brachte? »Ich will dir nur Zeit lassen, dich zu erholen. Schließlich hast du eine Menge durchgemacht.«
»Du auch. Umso wichtiger ist es, dass wir wieder etwas Zeit miteinander verbringen.«
Er strich ihr flüchtig über die Wange. »Geh jetzt schlafen.« Im nächsten Augenblick hatte er das Zimmer verlassen.
Sekundenlang konnte Cathleen nur dastehen und die geschlossene Tür anstarren. Dann drehte sie sich um und löschte traurig die Kerzen.
Cathleen schloss sich in ihr Büro ein, um Zuflucht bei ihren Zahlen zu finden. Bei ihren Büchern wusste sie wenigstens, woran sie war. Wenn sie zwei und zwei zusammenzählte, erhielt sie ein logisches Ergebnis. Im Leben war das nicht so einfach. Vor allem nicht mit Keith.
Als Travis anrief, um ihr zu sagen, dass bei Dee die Wehen eingesetzt hatten, freute sie sich nicht nur für ihre Cousine. Endlich passierte etwas.
Sie konnte die Abwechslung gut gebrauchen. Nachdem sie hastig eine Nachricht für Keith aufgeschrieben hatte, verließ sie ihr Büro. Falls er sie suchen sollte, würde er die Notiz finden. Und wenn er sie nicht vermisste, dann konnte es ihm egal sein, wo sie war.
Sie hatte inzwischen noch eine Erkenntnis über die Liebe hinzugewonnen.
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