Herzensbrecher auf vier Pfoten
sie vor ein paar Wochen bei sich aufgenommen hatten. Zwar war er nicht so verschüchtert gewesen wie manch anderer Hund in dem Heim, doch Bertie hatte stets eine große Traurigkeit ausgestrahlt, als würde er sich besonders anstrengen, geliebt zu werden. Jetzt rollte er sich auf den Rücken und schloss die Augen, da er genau wusste, dass er in wenigen Sekunden gekrault werden würde.
Wie hatten sie bisher nur ohne ihn leben können?
Johnnys Reaktion fiel ganz anders aus, als Natalie erwartet hatte. Einerseits schien er sehr erfreut zu sein; er war stolz darauf, dass Natalie offenbar qualifiziert genug war für einen derartigen Spitzenjob, ärgerte sich aber wie gewohnt über das Management-Fachchinesisch. Andererseits wurde Natalie das Gefühl nicht los, dass er ihr etwas verheimlichte.
Nach dem Essen machten sie es sich auf dem Sofa bequem. Sie beide saßen jeweils an einer der Armlehnen, während Bertie lang ausgestreckt zwischen ihnen lag. Das riesige Sofa war ein Hochzeitsgeschenk gewesen und groß genug, um darauf gemeinsam im Liegen fernsehen zu können, gleichzeitig aber klein genug, dass weder Bill noch irgendeiner ihrer alleinstehenden Freunde es als Gästebett hätte betrachten können.
»Was meinst du – soll ich ihnen meinen Lebenslauf schicken?«, fragte Natalie.
»Das musst du entscheiden, Nat.«
»Ich weiß, aber soll ich?«
Johnny legte die Stellenausschreibung beiseite und schaute sie bewusst ausdruckslos an. »Die Chance ist einzigartig – du wolltest schon immer eine Marketingabteilung leiten. Es ist ein kleiner Betrieb innerhalb eines großen Unternehmens, außerdem liebst du Schokolade. Es klingt, als hättest du die Stellenausschreibung selbst verfasst.«
»Ich weiß.« Natalie schob die Unterlippe vor. »Aber hatten wir uns nicht eigentlich darauf geeinigt, dass ich mir eine sechsmonatige Auszeit nehme, damit sich alles beruhigt und ich mich auf das Baby vorbereiten kann?«
»Haben wir denn nicht gerade erst erfahren, dass es nicht ganz so leicht werden wird? Und dass eigentlich ich derjenige bin, der sich eine Auszeit nehmen sollte, um alles in Ordnung zu bringen?«
»Sag so etwas nicht. Du weißt, dass das nicht stimmt.« Sie stupste sein Bein mit ihrem Zeh an. »Außerdem hat Dr.Carthy die Ergebnisse des zweiten Tests noch nicht vorliegen, deswegen weißt du doch noch gar nicht, was er sagen wird.«
Trotzig starrte Johnny sie an. »Wissen wir wohl.«
Wenn er derart schlecht gelaunt ist, hat es keinen Zweck, sich mit ihm zu unterhalten, dachte Natalie. Anscheinend über Nacht war er irgendwie von der Hoffnung, dass alles gut werden könnte, zu der Vorstellung übergegangen, dass alles vorbei war.
»Vielleicht sollte ich es einfach probieren«, erklärte Natalie, in dem Versuch, den Advocatus Diaboli zu spielen. »Es wird bestimmt eine ganze Weile dauern, bis die Behandlung über den Nationalen Gesundheitsdienst ins Rollen kommt. Vielleicht sollte ich bis dahin arbeiten, um dann anschließend einen Anspruch auf Mutterschutz zu haben?« Sie hielt inne. »Das Gehalt wird zwar hier nicht genannt, aber Mary Purcell hat angedeutet, dass es mehr sei, als ich vorher bekommen habe.«
»Das musst du entscheiden, Nat.«
»Könntest du damit aufhören?« Sie stupste ihn wieder an, dieses Mal jedoch fester. »Johnny, ich meine es wirklich ernst! Wir müssen uns darüber unterhalten. Hierbei geht es nicht nur um einen Job, sondern um unsere Zukunft.«
»Und wenn du einfach ablehnst?« Johnny widmete sich Berties Ohren, bei denen Natalie beim Baden eine Grenze zog. Mittlerweile waren seine Ohren ganz schön speckig und eklig. Johnny wickelte sich ein feuchtes Tuch um den Zeigefinger und begann, damit in den langen, samtigen Schlappohren herumzuwischen, während Bertie sich vor Vergnügen wand. »Wir könnten eine Weile ohne zweites Gehalt auskommen; du hast noch deine Abfindung, ich habe mein Gehalt. Außerdem gehen wir auch nicht mehr aus, seitdem wir unseren neuen Mitbewohner hier haben.«
»Ja«, erwiderte Natalie, jedoch ohne rechte Begeisterung.»Aber hatten wir nicht eigentlich abgemacht, dieses Geld zu investieren?«
»Betrachte diese Pause doch einfach als eine Investition in Lebensqualität«, entgegnete Johnny. »Wir werden finanziell schon über die Runden kommen. Wenn du in den Mutterschutz gehst, werden wir ohnehin sparen müssen. Wolltest du nicht ein Jahr aussetzen, wenn das Baby da ist? Du hast doch sogar einmal davon gesprochen, so lange zu Hause zu bleiben, bis das
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