Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
entgangen, dass ihr beide endlich euer erstes Date habt.«
Auch das noch. Katia hatte ein Gespür dafür, immer zur falschen Zeit am falschen Ort aufzutauchen. »Es ist kein Date. Es ist eine dienstliche Zwangsverabredung oder so etwas in der Art.«
Katia zuckte grinsend die Schultern. »Nenn es, wie du willst. Wenn zwei Erwachsene, meines Wissens beide Single, beide hetero, die sich offensichtlich mögen, miteinander ausgehen, nenne ich das ein Date. Und ich kann von Jarik meinen Hunderter einfordern.«
Obwohl sie es eigentlich gar nicht wissen wollte, fragte Jennifer: »Einen Hunderter? Wofür denn das?«
»Ich habe eine Wette gewonnen«, antwortete Katia fröhlich.
Jennifer schüttelte den Kopf. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Ihr habt darauf gewettet, ob ich und Grohmann …?«
Wieder zuckte die Kommissarin die Schultern.
»Ihr seid krank. Alle beide. Und einen Scheiß hattest du recht. Das solltest du Jarik mitteilen, wenn du deinen Gewinn einforderst. Mitsamt meinem Dank dafür, dass wenigstens er noch einigermaßen bei Verstand zu sein scheint.«
»Das hast du seinem übergroßen Ego zu verdanken«, informierte Katia. »Jarik ist nämlich einfach nur der Überzeugung, dass das, was er nicht geschafft hat, dem Staatsanwalt niemals gelingen kann.«
»Jarik hat versucht, mich für eine Nacht ins Bett zu kriegen. Das ist wohl ein ziemlicher Unterschied zu …« Jennifer verstummte.
»Einem Date?«, half Katia aus.
»Es ist kein Date!«
»Wie du meinst, Süße. Ich wünsche dir trotzdem viel Spaß. Und mach keinen Unfug«, verabschiedete sich Katia mit einem Augenzwinkern.
Als Hannah aus dem Bus stieg, fragte sie sich zum wiederholten Mal, ob sie nicht zurückfahren und die Verabredung absagen sollte. Es gab genügend Gründe, die dafür, und ungefähr genauso viele, die dagegensprachen. Sie fühlte sich ähnlich gespalten, wie es der Mann war, mit dem sie sich treffen wollte.
Die Persönlichkeit, die sich Tobias nannte, mochte sie noch immer nicht. Er war ihr zu normal, zu bodenständig, ganz im Gegensatz zu seinem anderen Ego. Jesaja war auf faszinierende Art und Weise mysteriös. Obwohl er auch abstoßende Hobbys hatte, übte er einen Reiz auf sie aus, dem sie sich nicht widersetzen konnte.
Doch Jesaja gab es nicht ohne Tobias.
Nachdem Aileen am Montag doch noch aufgetaucht war, hatten sie einen vollkommen normalen Abend zu dritt verbracht. Hannah hegte die Vermutung, dass die beiden das Treffen möglicherweise absichtlich so gestaltet hatten, um ihre Normalität unter Beweis zu stellen. Sie hatten im Wohnzimmer gesessen, Pizza bestellt und Bier getrunken, während sie sich über ganz alltägliche Dinge unterhalten hatten.
Eigentlich hatte Hannah nichts trinken wollen. Gewöhnlich konsumierte sie Alkohol nur dann, wenn sie mit Leuten zusammen war, die sie gut kannte und denen sie vertraute. Weder Aileen noch Tobias oder Jesaja erfüllten diese Kriterien, doch sie hatte sich überreden lassen.
Obwohl sie die Wirkung des Alkohols deutlich gespürt hatte, war nichts passiert. Sie hatte etwas mehr von sich preisgegeben, als sie es unter normalen Umständen vermutlich getan hätte, doch nichts davon konnte ihr in irgendeiner Weise schaden oder auf sie zurückfallen. Trotzdem ärgerte sie sich darüber, die Kontrolle ein Stück weit verloren zu haben.
Hannah war froh gewesen, dass ihr Vater bei ihrer Rückkehr noch nicht zu Hause war. Er hätte ihr bestimmt einige unangenehme Fragen gestellt, wenn er gemerkt hätte, dass sie ziemlich angetrunken war. Es reichte schon, dass ihm ihre nachdenkliche Stimmung am nächsten Morgen nicht entgangen war. Glücklicherweise wusste er nicht, dass sie begann, sich in einen Mann zu verlieben, der wesentlich älter war als sie.
Und dass sie zugesagt hatte, sich an diesem Abend alleine mit ihm zu treffen, ohne Aileen. Er hatte sie am Montagabend um dieses Treffen gebeten, als ihre Mitschülerin gerade auf der Toilette war. Sie hatte Aileen auch nichts von der Verabredung erzählt. Eigentlich sprachen die beiden wenig bis gar nicht über Tobias/Jesaja. Hannah fragte sich, ob Aileen vielleicht ebenfalls in ihn verliebt war, und hatte das Thema deshalb absichtlich gemieden.
Heute Abend würde sie allein mit ihm sein. Eine Tatsache, die sie zugleich beflügelte und ängstlich stimmte.
Welche Bedeutung hatte dieses Treffen für ihn? Wollte er sie einfach nur näher kennenlernen? Oder war er interessiert an ihr? Was, wenn es so war? Meinte er es ernst? Konnte
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