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Herzgefaengnis

Herzgefaengnis

Titel: Herzgefaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greta Schneider
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befreit. „Wir sind doch beide aus dem Alter ´raus, in dem wir glaubten, man könne uns an der Nasenspitze ansehen, dass wir gerade Sex hatten“, grinste er. „Obwohl ...“ Er stützte seinen Kopf auf die Arme und sah mich von der Seite an. „Eigentlich möchte ich genau deshalb mit dir ausgehen“, sagte er versonnen. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als wenn die Leute sich nach uns umdrehen. Und sagen ‚wow‘. Wie hat dieser Typ es geschafft, dieser wunderschönen Frau so ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern ...“
    Unter der Dusche hörte ich Leo singen. „The way you wear your hat, the way you sip your tea...“ Ella Fitzgerald und Louis Armstrong ...
    Er sang in einem klaren, etwas kehligen Bariton.
    „the memory of all that
    ... no, no, they can´t take that away from me ...“
    „DANG DANG DANG!“ Das war Dr. Dr. Jahnke, mein lärmempfindlicher Obermieter. Er schien ständig einen Besenstiel mit sich herumzutragen, mit dem er bei Geräuschentwicklung gegen einen Heizkörper klopfte. Neulich hatte er mich auf der Treppe angesprochen: „Fräulein Jung, Sie sind doch eine vernünftige junge Frau. Ist es denn so schwer, ein bisschen Rücksicht auf einen alten Mann zu nehmen, der gerne seine Ruhe hätte?“
    Ich hatte etwas Mühe gehabt, seine Erscheinung mit der Beschreibung „alter Mann“ in Einklang zu bringen. Dr. Dr. Jahnke war gewiss nicht mehr jung. Aber älter als Mitte Fünfzig hätte ich ihn kaum geschätzt. Alles an ihm schien irgendwie beige zu sein: Der Anzug, die Schuhe, ja, sogar seine schütteren Haare. Genauso farblos waren seine Augen hinter der Brille. Als ich mich entschuldigte (obwohl ich mir keiner Schuld bewusst war, aber als Anwaltstochter bin ich mit Nachbarn sehr vorsichtig), hatte jedoch etwas wie Einverständnis in diesen Augen aufgeblitzt. So als ob er in mir jemanden erkannt hätte, der ihn versteht. Was schwer genug war. Wie verrückt muss man sein, um schon ein harmloses Lachen oder ein Telefonat als störend zu empfinden?
    Was mochte Dr. Dr. Jahnke nun wohl denken, als er Leos wohlklingende Stimme aus meinem Bad vernahm?
    „Morgen ist Feiertag“, sagte Leo, als wir im Taxi saßen. Wir waren ein Döner essen und dann noch in einer winzig kleinen Bar in Mitte ein bisschen tanzen gewesen. „Ich habe Rufbereitschaft. Drück´ die Daumen, dass die Täter morgen ausschlafen wollen …“
    „Und was machst du, wenn du nicht gerufen wirst?“
    „Dann, mein Schatz“, er zog mich an seine Brust und flüsterte in mein Ohr, „werde ich den ganzen Tag mit dir im Bett verbringen und dich durchvögeln, dass dir Hören und Sehen vergeht.“
    Zum Glück war es dunkel, und der Taxifahrer schien auch nicht gehört zu haben, was wir sprachen. Aber trotzdem fühlte ich, dass ich rot wurde.
    „Ich weiß, dass du jetzt rot wirst“, murmelte Leo, und seine Hände glitten unter mein T-Shirt, hinauf zu meinen Brüsten. Ich stand in Flammen, als er meine Brustspitzen streichelte und sanft mit Daumen und Zeigefinger umfasste.
    Ich wagte nichts zu sagen und hielt die Luft an. Aber ich warf Leo einen flehenden Blick zu. „Keine Angst, der Taxifahrer ist so etwas gewöhnt“, flüsterte er mir zu. Seine Lippen fanden meine, und unsere Zungen spielten miteinander. Ein Vorgeschmack auf das, was wir gleich tun würden.
    „So, macht Zehnachzisch“, forderte der Taxifahrer. Wir hatten angehalten und ich hatte es noch nicht einmal bemerkt. Beim Aussteigen zwinkerte er uns zu. „Ihr Freund ist wirklisch zu beneiden. Hier. Wenn Sie mal wieder Taxi brauchen“, damit steckte er mir eine Visitenkarte zu und winkte mir zum Abschied. Mehmet Akgün Taxiunternehmen. Wollte der mich anmachen?
    „Kanntest du den?“ fragte ich Leo beim Aufschließen der Haustür.
    „Natürlich. Schon vergessen? Ich bin bei der Kripo …“ Er grinste. „Nein, kleiner Scherz. Ich kenne Mehmet zwar, aber dass er uns heute gefahren hat, war reiner Zufall. Und er scheint dich zu mögen. Kein Wunder…“
     
     
    Ein Gitarrenriff aus „Thunderstruck“ von AC/DC riss mich aus dem Schlaf. Es schien direkt hier in meinem Schlafzimmer zu erklingen. Lauter und lauter fraß sich die Rockmusik durch meinen Gehörgang in mein schlafvernebeltes Gehirn. Der Mann neben mir – seit wann schlief ein Mann in meinem Bett?! – richtete sich auf, und sein ausdrucksvolles Gesicht verzog sich einem genervten Stöhnen. Er kramte unter meinem Bett, offenbar suchte er die Lärmquelle.
    „Scheiße, das ist mein Diensthandy.

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