Herzklopfen - Down Under (German Edition)

sich ihm ein wenig zu. »Du warst doch früher so gut in Mathe, stimmt’s?«
    Seine Augenbrauen schnellten in die Höhe, während er den Blick auf die Straße geheftet hielt.
    »Ich tue mich mit dem aktuellen Stoff schwer. Was meinst du, ob wir uns mal zusammen …« Weiter kam sie nicht.
    Jake scherte unvermittelt aus, um einen altersschwachen Pick-up zu überholen.
    Gleichzeitig ließ Nele einen schrillen Schrei los.
    Jake sah in den Rückspiegel. »Hey, alles okay?«
    »Ja, nichts passiert.«
    Innerlich vor Wut kochend, wandte Tara sich langsam um. Ihre Gastschwester hatte ein verdammt schlechtes Timing. »Was in aller Welt sollte das?« Am liebsten hätte sie in diesem Moment ihre Hände um Neles schlanken Hals gelegt …
    Nele stieß ein kleines, verlegenes Lachen aus. »Entschuldigung. Alles in Ordnung. Macht euch keine Gedanken. Manchmal erschrecke ich, weil es so ungewohnt für mich ist, auf der falschen Seite der Straße unterwegs zu sein.«
    Jake räusperte sich. »Ich dachte, wir hätten bereits geklärt, wer von uns auf der verkehrten Seite fährt.« Schmunzelnd zwinkerte er Nele zu.
    »Herrje! Ob links oder rechts, was macht das für einen Unterschied?«, brummelte Tara und starrte missmutig durch die Windschutzscheibe. »Du stellst dich vielleicht an, Nele.« Manchmal hatte sie das Gefühl, als ob ihre Gastschwester extra das süße hilflose Mädchen mimte. Vielleicht war sie viel raffinierter, als Tara angenommen hatte. Angeblich weckte ein derartiges Verhalten bei Männern ja den Beschützerinstinkt. Jake würde darauf doch nicht hereinfallen, oder?
    »Ich denke schon, dass es verwirrend sein kann«, gab er Nele auch noch recht. »Ich hätte jedenfalls ein Problem damit, wenn ich in Europa fahren müsste.«
    In Tara brodelte es noch stärker. Sie senkte den Blick, studierte grimmig ihre sorgfältig lackierten Fingernägel. In diesem Augenblick wünschte sie sich Nele ganz weit fort. Warum hatten ihre Eltern nicht einen Jungen als Gastschüler aufnehmen können? Vieles wäre so viel einfacher …
     
    *
     
    Unter den ausladenden Zweigen eines knorrigen Blaugummibaums auf ihren Jacken im Gras sitzend, verzehrten sie eine Weile später ihre mitgebrachten Sandwiches. Man hatte ihr erzählt, dass das Wetter sich oft im Spätsommer schlagartig veränderte. So auch heute. Die Wolken hatten sich verzogen, der Himmel strahlte azurblau. Sonnenflecken tanzten auf dem kurz geschorenen Gras. Die Stämme der mächtigen Eukalypten glänzten silbern im hellen Licht.
    »Urimbirra ist ein Wort aus der Sprache der Aborigines«, erklärte Jake und schob sich ein Stück Käse in den Mund.
    »Magst du?« Tara hielt ihm ihre Coladose unter die Nase.
    Er machte eine verneinende Kopfbewegung und fuhr unbeirrt fort. »Es bedeutet: Sich kümmern oder erhalten.«
    »Das wusste ich nicht«, entgegnete Nele. Jake hatte wirklich etwas drauf. In ihm steckte so viel mehr als nur ein gut aussehender Surfer. Die Muskeln seines durchtrainierten Oberkörpers spannten sich unter dem eng anliegenden Shirt von Hurley. Die intensive, türkisblaue Farbe brachte seine Augen regelrecht zum Leuchten. Sein Anblick ließ ihr Herz höherschlagen. Wie sie sich danach sehnte, mit ihm allein zu sein. Allerdings kam sie kaum dazu, sich richtig mit ihm zu unterhalten. Ständig funkte Tara dazwischen, indem sie sich in ihre Gespräche einmischte. Kurz gesagt, Tara störte. Neles schlechtes Gewissen regte sich, weil sie sich ihre Gastschwester weit, weit wegwünschte. Auch wenn Jake immer wieder versuchte, sie beide zum Lachen zu bringen, lag eine unterschwellige Spannung in der Luft. Jake hatte Anstalten gemacht, das Eintrittsgeld für den Park für Nele zu übernehmen, was sie überrascht ablehnte, und Tara mit einem Stirnrunzeln quittierte.
    »Nele kann doch für sich selbst zahlen«, murmelte sie uncharmant.
    Jake überhörte ihre Bemerkung. »Vielleicht das nächste Mal«, schlug er vor.
    »Ja, vielleicht«, gab Nele zurück, während ihr Herz stürmisch klopfte.
    Gedankenverloren starrte Nele auf ihr Schinkensandwich und ließ den Moment noch einmal Revue passieren. Vielleicht das nächste Mal, hatte er gesagt. Das bedeutete, dass er plante, noch einmal etwas mit ihr zu unternehmen.
    Jake sah auf seine Armbanduhr. »Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zur Koalavorführung. Wie sieht’s aus, Mädels, habt ihr Lust?« Er stand auf.
    Tara befreite ihr eisblaues Top, das ihr umwerfend stand, wie Nele neidlos zugeben musste, von