Herzklopfen - Down Under (German Edition)
verschränkten Armen lehnte er sich an die Backsteinwand des Gebäudes. »Kein Thema.«
In der Damentoilette fischte Nele das Handy aus ihrem Täschchen, um Emma eine rasche SMS zu schicken.
»Tut mir leid, dass ich vorhin einfach abgehauen bin. Ich musste allein sein. Jake ist ein Arsch, aber mach dir um mich keine Gedanken. Ich habe Chris Hunt getroffen. Er fährt mich heim. Ruf dich morgen an. Nele XXX«
Nele steckte das Telefon weg und wagte einen Blick in den Spiegel. Sie erschrak vor dem bleichen Gesicht, das ihr entgegenstarrte. Ihre Augen waren vom Weinen geschwollen, das Weiß durchzogen mit roten Äderchen. Ihr Haar hing wirr vom Kopf. Nele verzog den Mund. Sie sah genauso grässlich aus, wie sie sich fühlte. Wie eine Untote aus dem Moor. Beinahe hätte sie aufgelacht, ein Lachen der Verzweiflung. Ein Wunder, dass Chris nicht schreiend davongelaufen war. Eines musste man ihm lassen. Er verhielt sich wie ein Gentleman. Im Gegensatz zu anderen jungen Männern, die sie kannte.
Die Erinnerung an Jakes kalte Worte flackerte auf. Nele schluckte schwer. Sie drehte den Hahn auf, ließ das kühle Nass in ihre geöffneten Hände laufen, und spritzte sich das Wasser ins Gesicht. Mit feuchten Fingern fuhr sie ordnend durch die langen Strähnen und stützte sich anschließend auf dem Rand des Waschbeckens ab. »Dumme Kuh«, murmelte sie. »Wie konntest du nur annehmen, dass es für immer sein würde?« Für einen Moment schloss sie die brennenden Augen.
»Alles in Ordnung, Liebes?«
Nele fuhr herum. Hinter ihr lauerte eine kleine, ältere Dame, die sie neugierig durch ihre Brillengläser musterte. Sie musste soeben aus einer der Kabinen gekommen sein. Nele rang sich ein dünnes Lächeln ab. »Danke, es geht schon.«
»Ist ein bisschen spät für so ein junges Ding allein auf den Straßen«, nörgelte die Alte, während sie mit ihrem Stock auf die Steinfliesen klopfte und dabei ihre Stirn in Dackelfalten legte.
»Ich bin nicht allein«, erwiderte Nele, barscher als beabsichtigt. Sicherlich meinte es die alte Lady gut, doch Nele verspürte keinerlei Lust, sich in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Sie schenkte der fremden Dame nochmals ein entschuldigendes Lächeln, worauf diese ihre Lippen missbilligend schürzte. In Neles Tasche klingelte das Handy.
*
Jakes Blick glitt über die vielen Köpfe hinweg zum Festzelt, blieb an den bunten Lichtern hängen. »Na los, nimm schon ab.« Unruhig tigerte er hin und her und presste sein Telefon ans Ohr. »Warum zum Teufel geht sie nicht ran?«
»Sicher ist sie schon längst zu Hause«, meinte Emma hoffnungsvoll. »Hast du es da schon versucht?«
»Normalerweise geht sie immer an ihr Handy«, schimpfte er. Flink tippte er die Nummer der Henleys ein. Während er wartete, fuhr er sich nervös durch die Haare. »Mrs H? Jake hier. Kann ich bitte Nele sprechen?«
Eine Weile lauschte er. »Sie hat sich nicht gemeldet?«
Tara und Emma wechselten einen Blick. Tara presste die Lippen zusammen, Emma hob hilflos die Schultern.
»Okay.« Jake atmete tief aus. »Würden Sie mich bitte anrufen, sobald Nele daheim ist?« Er nickte mehrmals. »Ja. Nein, es ist – nichts. Ich wollte nur – bitte sagen Sie mir einfach Bescheid. Bye.« Er wandte sich an Emma. »Wenn sie dir getextet hat, dass sie mit Chris nach Hause fährt, müsste sie schon längst angekommen sein. Es ist nur ein Katzensprung in die O’Leary Street.« Mit der Faust rieb er über sein Kinn. »Wo zum Henker ist sie?«
Tara trat einen Schritt vor, berührte ihn sacht am Arm. »Du hast Mum nichts davon gesagt …«
»Dass wir uns tierische Sorgen machen?« Er lachte bitter auf. »Weil sie mit Chris Hunt unterwegs ist?«
»Jetzt mach mal halblang.« Emma runzelte ihre Stirn. »Chris hat zwar nicht gerade den besten Ruf, ich weiß, aber zu Nele ist er bisher nur nett gewesen …«
»Ach wirklich? Du meinst also, dieser Typ wäre nett ? Deine Freundin ist mit einem stadtbekannten Rowdy unterwegs, liebe Emma. Weißt du nicht, dass er sie vor einiger Zeit am Strand bedroht hat?« Er biss auf seine Unterlippe und stieß laut hörbar Luft aus. »Wie konnte sie nur mit ihm gehen?«
Entsetzen spiegelte sich auf den Gesichtern der Mädchen, als sie begriffen.
»Scheiße«, sagte Emma und erblasste.
Tara legte eine Hand auf ihre Brust. »Du meinst, Chris ist einer von dieser Gang …?«
»So sieht‘s aus, Tara.« Tausend Gedanken schwirrten gleichzeitig durch Jakes Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher