Herzschlagmelodie - Band 1
verrucht und fordernd. Allein darüber nachzudenken, dass auch Julie einmal so zu mir sein könnte, ließ mich erschaudern.
Weil Sophie sich leicht nach vorne beugte, konnte ich ihr direkt in den Ausschnitt schauen. Ich sah jedoch sofort zur Seite und widmete mich wieder der Gitarre. Hoffentlich hatte sie meinen Blick nicht bemerkt! So wie sie lächelte und erneut näher an mich heranrutschte, war ich mir dessen jedoch nicht mehr ganz so sicher.
„Ähm ...“, stammelte ich und war zugleich verwundert, wie unsicher sie mich machte. Dabei kannte ich Sophie schon länger, hatte aber nie sonderlich viel mit ihr zu tun gehabt. Hallo. Tschüss. Wie geht’s? Mehr sagten wir eigentlich nie zueinander, wenn wir uns trafen. Julie war immer dabei gewesen und eigentlich auch noch mindestens eine andere Freundin.
„Wenn du so nah sitzt, dann kann ich nicht spielen“, meinte ich und räusperte mich. Es war zwar ganz schön, dass sie Körperkontakt suchte, aber zwischen uns war höchstens noch eine Handbreit Platz und sie machte mich immer nervöser. Wenn Julie sich doch nur einmal so benommen hätte … ich hätte die Gitarre beiseitegelegt und sie geschnappt, aufs Bett geworfen und geküsst.
„Du kannst die Gitarre ja auch beiseitelegen ...“, sagte Sophie leise und plötzlich spürte ich ihre Hand, die sich hinter mir abstützte. Sie beugte sich leicht zu mir, als ob sie ihren Kopf auf meine Schulter legen wollte.
„Dann kann ich aber nicht spielen.“ Ich stand auf und wusste im nächsten Moment bereits nicht mehr, warum ich aufgestanden war.
„Okay ...“, sagte Sophie sichtlich gekränkt. Sie sah zur Seite und schlug die Beine übereinander. Scheinbar war es ihr unangenehm, dass ich auf ihren Annäherungsversuch nicht eingegangen war.
„Hast du ein Lieblingslied, das ich spielen könnte?“, fragte ich sie, um das Eis wieder zu brechen. Ich stand noch immer, lehnte dann aber die Gitarre ans Bett und ging zu meinem Schreibtisch, um etwas zu trinken. Vielleicht fühlte sich Sophie nicht mehr ganz so schlecht, wenn sie dachte, dass ich Durst hatte und deshalb aufgestanden war.
„Möchtest du auch was trinken?“, fragte ich sie. Eine ungeöffnete Flasche stand noch da. Sophie sah mich irritiert an, sie wusste scheinbar nicht, was sie sagen sollte.
„Mh. Ich bin mir nicht sicher … Möchtest du mir überhaupt etwas vorspielen?“ Ihre Körpersprache war mit einem Male ganz anders. So angespannt. Sie saß gerade da und ihr Blick verriet mir, dass sie plötzlich unsicher war in meiner Gegenwart. Ich schwieg. Was sollte ich ihr nur antworten? Eigentlich wollte ich ja zurück zu Julie. Sie hatte mich schließlich schon Tage vor der Party gebeten, ja nicht von ihrer Seite zu weichen.
Doch dann lächelte Sophie und stand auf.
„Keine Antwort ist auch eine Antwort“, sagte sie und nahm ihre Tasche.
„Wo willst du denn jetzt hin?“ War sie sauer? Das war ja klar, dass ich das einzige Mädchen, das etwas von mir wollte, aus dem Zimmer vertrieb, auch wenn ich das gar nicht beabsichtigt hatte.
„Zurück zur Party. Ich … ach, egal.“ Sophie lächelte und zuckte mit den Schultern.
„Danke, dass ich hier duschen durfte. Wir sollten beide zurückgehen.“ Als sie das Zimmer verlassen wollte, griff ich jedoch nach ihrem Handgelenk. Warum, wusste ich nicht. Aber als ich auf ihre Hand sah, die von meiner festgehalten wurde, wurde mir klar, dass ich nicht wollte, dass sie ging. Sophie sah mich fragend an. Scheinbar wusste sie auch nicht, warum ich sie festhielt.
„Du bist wirklich schwer zu durchschauen, Henry“, murmelte sie leise. Ich hielt noch immer ihr Handgelenk fest und starrte sie an. Was tat ich denn hier?
„Henry?“, fragte sie erneut und hob ihren Arm, sodass meine Hand mitgezogen wurde. Ich ließ von ihr ab. „Du benimmst dich seltsam … habe ich dich irgendwie verunsichert?“ Jetzt sah sie so aus, als würde sie sich Sorgen machen.
„Das ist nicht deine Schuld. Ich bin nur ein Idiot ...“ Was sollte das hier überhaupt? Sophie war toll und doch bekam ich Julie nicht aus dem Kopf. Ich benahm mich schrecklich Sophie gegenüber und wollte trotzdem nicht, dass sie ging. Irgendwie war es ganz schön, begehrt zu werden. Aber das war falsch, denn ich erwiderte Sophies Gefühle nicht.
Sophie lächelte und ging einen Schritt auf mich zur. Ich erstarrte und sah sie an. Als sie ihren Kopf schräg legte, aber immer noch lächelte, verstand ich gar nichts mehr.
„Du bist nur herzensgut. Zu gut. Das
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