Herzstoss
ist den ganzen Abend voll«, meinte er, nachdem sie ihren ersten Irish Coffee getrunken hatten. »Und wenn nicht heute Abend«, hatte er versichert und einen zweiten Irish Coffee bestellt, »dann morgen. Sie taucht bestimmt auf. Sie werden sehen. Wir finden sie.«
Marcy hatte gelächelt. Es fühlte sich gut an, »wir« zu sein.
Eine Einheit, hatte sie gedacht und sofort Peters Einwand gehört.
»Warum verziehen Sie das Gesicht «, fragte Liam. »Tut es Ihnen leid, dass Sie sich von mir haben überfallen und ausführen lassen?«
Er sah alles, dachte Marcy und blickte sich in dem hell erleuchteten Raum um. »Nein, ich bin froh, dass ich mitgekommen bin. Warum haben Sie mich überhaupt angerufen?«, fragte sie im nächsten Atemzug. »Ich bin sicher, es gibt da draußen Dutzende von jungen Frauen, die Sie hätten fragen können.«
»Vielleicht habe ich das ja und sie haben mir alle einen Korb gegeben.« Liam lächelte. »Oder vielleicht finde ich junge Frauen einfach nicht so interessant.«
»Aber mich?«
»Ich denke, Sie könnten interessant sein.« Sein Lächeln erreichte seine Augen.
Marcy war rot geworden und hatte sich abgewandt.
Und just in dem Moment hatte er sie nach ihrer Familie gefragt.
»Ich habe eine ältere Schwester«, hatte sie ihm erzählt, erleichtert, das Thema wechseln zu können. »Judith. Sie war fünfmal verheiratet.«
Er lachte. »Offensichtlich eine Optimistin.«
»Das ist eine nette Art, es auszudrücken.«
Er nestelte mit langen, schlanken Fingern an dem Kragen seines schwarzen Hemds. »Und wie würden Sie es ausdrücken?«
Marcy hatte kurz überlegt. »Ich glaube, sie hat einfach Angst vorm Alleinsein.«
»Meine Mutter hat immer gesagt, es gibt nichts Einsameres als eine unglückliche Ehe.«
Marcy nickte. »Ihre Mutter ist eine sehr kluge Frau.«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Liam und nippte an seinem Irish Coffee. »Und … die fünf Ehemänner …«
»Also, lassen Sie mich überlegen«, begann Marcy. »Ehemann Nummer eins war ein Musiker.«
»Sie müssen es mir nicht erzählen. Es geht mich Grunde nichts an. Ich hätte nicht fragen sollen.«
»Keine Sorge. Judith wäre es egal.«
»Ich wollte Sie bloß ein bisschen von allem ablenken.«
»Ich weiß.«
»Wenn das so ist, was für ein Musiker?«, fragte er.
»Schlagzeuger.«
»O nein. Das sind die Schlimmsten.«
Liam lachte, und Marcy lachte mit ihm und beschloss, einfach mitzuspielen. »Er war wirklich schrecklich. Aber sie war damals erst neunzehn und fand es ungeheuer anziehend, dass er eine Menge Lärm machte. Das hat alles andere, was sonst noch so vor sich ging, irgendwie übertönt.«
»Was denn?«
»Ach, das ist eine lange Geschichte«, sagte Marcy. »Jedenfalls dauerte die Ehe nicht einmal ein Jahr, was niemanden überraschte.«
»Was ist passiert?«
»Die Band hat sich aufgelöst.«
»Aha, verstehe. Kein Lärm mehr.«
»Kein Lärm mehr«, bestätigte Marcy.
»Und Ehemann Nummer zwei?«
»Ein Fotograf, den sie kennengelernt hat, als sie es sich in den Kopf gesetzt hatte, als Model Karriere zu machen.«
»Ihre Schwester war Model?«
»Ungefähr zehn Minuten lang. Judith hat eine ziemlich kurze Aufmerksamkeitsspanne.«
»Und die Ehe dauerte …«
»Zwei Wochen.«
»Ich verstehe, was Sie mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne meinen.«
»Das war ehrlich gesagt nicht der Grund für ihre Trennung«, stellte Marcy klar. »Vielmehr hat sich herausgestellt, dass er schwul war.«
Liam nickte. »Soll ich es wagen, nach Ehemann Nummer drei zu fragen?«
»Ein Manager aus der Werbebranche. Die Ehe hielt vier Jahre.«
»Na, das ist doch ein Fortschritt.«
»Er war viel unterwegs.«
»Und die Ehe ist zerbrochen, weil …?«
»… er anfing, zu Hause zu bleiben.«
Wieder lachte Liam. »Und Nummer vier?«
»Ein Börsenmakler, den sie im Fitnessstudio kennengelernt hat. Ganz netter Typ, bis er angefangen hat, Steroide zu schlucken.«
»Und gedauert hat es …?«
»Acht Jahre.«
»Absolut respektabel«, sagte Liam. »Womit wir bei Ehemann Nummer fünf wären.«
»Ein Anwalt. Spezialisiert auf ärztliche Kunstfehler. Er verdient sehr gut. Sie sind jetzt seit fast fünfzehn Jahren verheiratet.«
»Das heißt, er bleibt?«
»Nun, das bleibt abzuwarten.«
»Kinder?«
»Nein. Judith wollte nie Kinder.«
»Im Gegensatz zu Ihnen.« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
»Im Gegensatz zu mir.«
»Und wie oft waren Sie verheiratet?«
Marcy atmete tief ein und langsam wieder aus. »Nur ein
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