Herzstoss
Ahnung von seiner Affäre mit Sarah gehabt und hätte es ihm auch nie zugetraut, sie so eiskalt zu betrügen. So viel zu ihrer Menschenkenntnis. »Er heißt Vic Sorvino«, sagte sie. »Und er wohnt im Hayfield Manor Hotel.«
Christopher Murphy nickte Colleen Donnelly zu, die sein Nicken beinahe unmerklich erwiderte und den Raum verließ. »Wusste Vic Sorvino, dass Sie Liam treffen wollten?«
»Nein.«
»Wusste er von Ihren Plänen, Youghal zu besuchen?«
»Nein.«
»Soweit ich weiß, ist er Ihnen nachgelaufen, als Sie weggerannt sind.«
»Ja.«
»Halb nackt, wie ich gehört habe.«
»Das ist leicht übertrieben.«
»Und dann ist er Ihnen auf die Straße gefolgt.«
»Da war er aber schon vollständig bekleidet.«
»Und nachdem Sie weg waren, ist er auf Ihr Zimmer zurückgekehrt.«
»Laut Mrs. Doyle.«
»Die behauptet, dass er in Ihrem Zimmer auf Sie gewartet hat, als sie später nach oben kam, um das Bett zu machen«, stellte Murphy fest.
»Ja, das sagt sie.«
»Sie glauben ihr nicht?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Immerhin könnte auch Mrs. Doyle meine Sachen zerstört haben.«
»Und die Einrichtung beschädigen, die ihr gehört? Warum sollte sie das tun?«
»Da müssten Sie sie schon selbst fragen.«
»Das haben wir bereits. Es erscheint mir offen gestanden höchst unwahrscheinlich.«
»Was ist mit ihrem Sohn?«
»Offenbar war Colin den ganzen Vormittag über nicht zu Hause.«
»Das heißt, der Empfang war unbesetzt«, konterte Marcy. »Jeder hätte von der Straße hereinspazieren, den Generalschlüssel nehmen und auf mein Zimmer gehen können …«
»Aber warum, Mrs. Taggart?«, fragte Murphy. »Warum sollte jemand das tun?«
»Ich weiß es nicht.«
»Das würde bedeuten, jemand müsste die Pension beobachtet und gesehen haben, wie Sie weggefahren sind, dann gewartet haben, bis Mr. Sorvino Stunden später das Gebäude verlassen hatte und die Rezeption unbesetzt war, was nicht den geringsten Sinn ergibt, es sei denn …«
»Es sei denn?«, wiederholte Marcy und klammerte sich an die Worte, als würden sie an einer Wäscheleine hängen.
»Es sei denn, es hat etwas mit Ihrer Tochter zu tun«, beendete Murphy den Satz.
Marcy versuchte zu begreifen, was er sagen wollte. »Sie glauben, es gibt einen Zusammenhang zwischen meiner Suche nach Devon und dem Einbruch in mein Zimmer und der Zerstörung meiner Sachen?«, fragte Marcy.
»Sie haben gestern erklärt, dass es Schwierigkeiten mit Ihrer Tochter gegeben hätte«, erläuterte Murphy, »dass Sie beide Probleme hatten und Ihre Tochter deshalb vielleicht nicht gefunden werden will …«
»Wollen Sie sagen, dass es Devon war?«
»Ich deute lediglich an, dass das eine Möglichkeit wäre.«
»Aber warum?«
»Vielleicht hat sie etwas gesucht.«
Marcy drückte ihre Handtasche an die Brust. War das denkbar?
»Oder vielleicht wollte sie Ihnen auf diese Weise mitteilen, dass Sie nach Hause fahren und sie in Ruhe lassen sollen.«
»Vielleicht war es auch jemand anderes«, sagte Marcy. »Jemand, der nicht will, dass ich sie finde.«
Murphy zuckte die Schultern, als Colleen Donnelly zurück in den Raum kam. »Wir haben gerade im Hayfield Manor Hotel angerufen. Offenbar hat Mr. Sorvino dort ausgecheckt.«
Marcy spürte einen Stich der Enttäuschung in der Brust. »Kann ich jetzt gehen?«, fragte sie.
»Wohin genau wollen Sie denn gehen, Mrs. Taggart?«, fragte Murphy.
Er hatte recht, erkannte Marcy. Sie konnte schließlich schlecht ins Doyle Cork Inn zurückkehren. Sie lächelte. »Sieht so aus, als wäre im Hayfield Manor Hotel unvermutet ein Zimmer frei geworden.«
KAPITEL ZWANZIG
»Verzeihung. Wie viel haben Sie gesagt?«, fragte Marcy das dunkelhaarige, helläugige Mädchen am Empfang, das keinen Tag älter als zwölf aussah.
»Sechshundertfünfzig Euro«, wiederholte das Mädchen mit einem Lächeln, das das Zahnfleisch ihres Oberkiefers komplett freilegte.
Daran könnte ich etwas machen , meinte Peter aus einer dunklen Nische von Marcys Verstand.
Sechshundertfünfzig Euro waren etwa eintausend Dollar, rechnete Marcy und dachte, dass Peter einen Anfall bekommen würde, wenn er die Kreditkartenabrechnung für diesen Monat sah. Er hatte zugestimmt, für weitere zwei Jahre ihre Kreditkartenumsätze zu übernehmen, als sie in die Scheidung eingewilligt hatte. »Innerhalb eines vernünftigen Rahmens«, hatte er betont. Der dumme Mann, dachte sie jetzt. Hatte er wirklich erwartet, dass eine Verrückte vernünftig handelte?
»Ist
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