Herztod: Thriller (German Edition)
kann mich an jedes einzelne Wort unseres Gesprächs erinnern«, erklärte Hannah geduldig.
»Tatsächlich? Und das soll ich Ihnen glauben?«
»Ja. Es gibt Leute, die können fünf Stunden lang ihr Jojo in Bewegung halten oder sind blitzschnell im Kopfrechnen, merken sich alle Autokennzeichen oder können Stadtansichten fehlerlos zeichnen, nachdem sie einen Rundflug absolviert haben. Ich erinnere mich an Gespräche.«
»Das tue ich auch, aber Sie merken sich jedes Wort?«
Hannah seufzte. »Ja.« Und zwar für immer, fügte sie im Stillen hinzu.
»Toll, und wie ging es weiter, Frau Kommissarin? Was habe ich dann gesagt?« Das klang ziemlich pampig.
»› Und auf einmal war der schönste Streit im Gange ‹«, fuhr Hannah nach kurzem Nachdenken ungerührt fort. » ›Die beiden schaukelten sich immer mehr hoch, provozierten einander, während einige Barbesucher den Disput verfolgten. Der Stuttgarter meinte dann zu Sascha, er würde ihn mit zwei gezielten Tritten zu Boden befördern, worauf Sascha antwortete, dass schon der erste danebengehen würde, weil er bedeutend schneller sei und ihn innerhalb von Sekunden ausknocken könne, worauf Möller ihn einfach auslachte und so weiter und so fort. Einer der anderen Gäste machte schließlich den Vorschlag, woanders hinzugehen und die Diskussion im Ring auszufechten, wie bei einem richtigen Kampf. Dann würde man schon sehen, wer von den beiden recht hatte . Der Vorschlag wurde mit Begeisterung aufgenommen – meine Einwände hat Sascha einfach weggefegt. Komm mit und guck dir an, wie ich das Großmaul fertigmache, oder nerv nicht und geh zurück ins Hotel, meinte er. Wenig später sind die beiden in irgendeinem dunklen Hinterhof unweit der Bar übereinander hergefallen, und zehn Minuten nach Kampfbeginn ging der Stuttgarter zu Boden und rührte sich plötzlich nicht mehr. Die großmäuligen Zuschauer machten sich ziemlich eilig davon, auf einmal war es sehr still und leise. Damit wollte niemand mehr etwas zu tun haben. Sascha rief jemanden an, der Möller ins Krankenhaus bringen sollte. Mich schickte er zurück ins Hotel. Als er später nachkam, sagte er nur, ich solle keine Fragen stellenund die ganze Sache sofort vergessen. Ich denke, sie haben ihn weggefahren, ich weiß nicht, wohin, und vielleicht irgendwo verschwinden lassen.‹«
Einen Augenblick blieb es still. Schaubert hatte runde Augen bekommen. Dann raschelte es in der Leitung. »Vielleicht haben Sie den Text gerade abgelesen«, meinte Wohle schließlich, aber ihrem Zögern war anzuhören, dass sie ihrem eigenen Einwand nicht traute und ziemlich beeindruckt war.
»Habe ich nicht.«
»Nun gut, und was soll das jetzt alles? Worauf wollen Sie eigentlich hinaus? Immerhin habe ich Sie angerufen, um …«
»Richtig, und ich frage mich, warum Ihnen ein so wichtiges Detail wie eine weitere Person, die noch dazu mit Sascha Biltner sprach, gestern nicht eingefallen ist«, erwiderte Hannah. Eine Nebenbuhlerin, dachte sie, die sie mit Nichtachtung strafen wollte und deren Rolle Katja Wohle heruntergespielt hatte. Eine durchaus verständliche Reaktion, und interessant war in dem Zusammenhang lediglich, dass es sich bei der Frau um Caroline Meisner gehandelt haben könnte.
»Meine Güte, das kann doch passieren! Möller verschwand an dem Abend, und ich habe die Blonde, die von der ganzen Aktion ohnehin kaum etwas mitbekommen hatte, weil sie sich mitten in der Diskussion verabschiedete, schlicht vergessen. Warum machen Sie jetzt so ein Fass auf?«
»Ganz einfach – die Frau, von der wir gerade mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass sie Ihnen aufgefallen ist, lebt nicht mehr. Sie ist ermordet worden.«
Wohle schwieg diesmal mindestens eine halbe Minute. »Das wusste ich nicht. Um Gottes willen, aber …«
»Also noch einmal – in welcher Funktion war diese Frau dort?«, fragte Hannah erneut.
»Sascha kannte sie. Sie unterhielten sich. Mehr weiß ich wirklich nicht. Ich habe sie weder vorher noch später je wiedergesehen und kein einziges Wort mit ihr gewechselt. Ich dachtedamals, dass das seine neue Flamme ist oder vielleicht werden könnte. Besonders verliebt taten die beiden allerdings nicht, aber das muss bei Sascha nichts heißen …«
»Sie wohnte nicht in dem Hotel, in dem Sie und Biltner untergebracht waren?«
»Nein, ich glaube nicht, jedenfalls habe ich sie dort nicht gesehen, und Sascha hat die Frau auch nie erwähnt – weder vorher noch nachher. Wie gesagt, sie war auch in der Bar und
Weitere Kostenlose Bücher