Herzüberkopf (German Edition)
aktiver Verfassung, dass Warten gar nicht in Frage kam. Dennoch; er konnte hier nicht jede Hütte abklappern und die Leute wecken; das leuchtete ihm ein. Louis schlich zum Zaun zurück, fand die Stelle seiner Landung wieder und tastete sich am Zaun entlang, bis er eine Ritze auf Bauchhöhe gefunden hatte, die breit genug war. Er setzte einen Fuß hinein und zog sich an den teilweise vorstehenden Brettern des Naturzaunes hoch. Als er wieder neben dem Roller stand und gerade dabei war, zum Eingangstor zurück zu gehen, um zu schauen, ob es eine Klingel gab oder gar eine Sprecheinrichtung für Notfälle oder Spätheimkehrer, hörte er Motorengeräusche von der Straße her. Ein junges Pärchen, ebenfalls auf einem Motorroller, fuhr an ihm vorbei und hielt unweit von seinem Fahrzeug am Zaun. Louis zögerte keine Sekunde und ging zu den beiden hin. Es erwies sich, dass es sich bei den beiden um einen beheimateten jungen Mann und ein Touristenmädchen aus dem griechischen Festland handelte, das hier mit ihren Eltern den Urlaub verbrachte. Beide waren ausgesprochen nett und verstanden die englische Sprache gut. Louis erklärte ihnen, was ihn hierher bewegt hatte und versetzte die zwei in Staunen. Dann sagte der Bursche, dass sie beide bei einer Party, etwa zehn Kilometer weit, auf einem Grillplatz, gewesen waren, wo eine deutsche Gruppe dabei gewesen war. Dabei zeigte das Mädchen auf den Bus gegenüber, der Louis‘ Grund seiner Aktion vor Ort war. Louis fragte nach dem Weg zu dem Grillplatz, doch das Kopfschütteln beider verriet ihm, dass er allein diese Stelle niemals finden würde und noch ehe er darüber nachdenken konnte, machten ihm die zwei den Vorschlag, ihn dorthin zu lotsen. Louis zögerte nicht lange und startete den Motorroller. Die beiden fuhren ihm voraus durch die Nacht; irgendwann verließen sie die Straße und holperten über einen Schotterweg, bald durch Schlaglöcher und Schlammwege, während Louis entschlossen hinterher fuhr. Unterwegs kamen ihm kurz dunkle Gedanken, dass die beiden ihm ja auch eine Falle stellen konnten – er wäre ausgeliefert gewesen – jedenfalls was die Orientierung anbetraf, aber wie hätten die beiden es denn anstellen sollen, ihn zu überwältigen, fragte er sich gleichzeitig und vertraute auf seine Fitness und vor allem den beiden. Irgendwann öffnete sich der Wald und sie standen erneut auf einem Gelände, an dessen Rand einige Fahrzeuge parkten. Qualm eines heruntergebrannten Lagerfeuers hing in der Luft und Popmusik dröhnte aus irgendeinem Lautsprecher. Pavlos und Thera, so hießen die Zwei, deuteten auf einen Bus, der da parkte und es war tatsächlich einer der Rainbow-Tours mit EM auf dem Kennzeichen. Pavlos stellte ebenfalls den Motor aus und zeigte Louis den Eingang zum Areal. Louis wollte seinen Dank anbringen, doch Pavlos winkte ab und gab ihm zu verstehen, dass sie warten würden. Louis ging hinein. Die Party hatte deutlich ihr Ende gefunden. Mancherorts hingen ein paar Angetrunkene herum und hielten sich an leeren Flaschen fest. Die Popmusik dröhnte nutzlos in die Sternennacht. Das Lagerfeuer war heruntergebrannt und weiter hinten gab es einen Pool, um dessen Rand einige Leute saßen und sich unterhielten. Louis ging hin und tippte einen auf die Schulter, den er deutsch reden gehört hatte. Er fragte den Burschen nach Lea, doch sie war ihm nicht bekannt und schließlich erklärte er, dass da eine Gruppe aus Süddeutschland sei, zu der er aber nicht gehöre – deutete auf einen Mann weiter hinten, der sich gerade mit einer jungen Frau unterhielt. Louis ging hin und fragte erneut. Diesmal hatte er Glück, denn es handelte sich um einen der Betreuer. Er erklärte Louis, dass er die Namen aller nicht auswendig wisse und in die Liste schauen müsse; ging mit Louis zu seiner Tasche und holte die Liste heraus. Im Lampenlicht gingen sie die Liste durch und als Louis den Namen von Lea erkannte, war dieser, zusammen mit ein paar wenigen anderen, durchgestrichen. Dies waren Teilnehmer der Gruppe, wie der Leiter erklärte, die nicht an der Party teilgenommen hatten. Also war Lea hier nicht zu finden. Irgendwie hatte Louis das auch gespürt. Louis fragte, wo auf dem Campingplatz-Areal er das Haus finden konnte, in dem Lea untergebracht war. Der Leiter schaute noch einmal in seine Unterlagen und konnte Louis sagen, dass es sich um das Haus Maria handelte. Dazu erklärte er grob die Blocks, wo jenes Haus dabei sein musste, doch genaue Angaben hatte er selber nicht und verwies
Weitere Kostenlose Bücher