Heurigenpassion
wollen Sie die erste Rate haben ?«
»Am besten gleich, ich muss heute noch einiges bezahlen .«
»Ich habe jetzt aber nicht genug mit und vom Bankomaten bekomme ich nicht soviel .«
»Wie viel haben Sie bei sich«, zeigte sich der Erpresser scheinbar kompromissbereit.
Es waren nur 150 Euro und ein paar Zerquetschte, die der Mann in seinem Börsel fand.
»Gut, ich nehme die 150 als Zinsen, die 1.000 bekomme ich morgen Abend um 22 Uhr am Parkplatz beim Krapfenwaldbad .« Er steckte das Geld weg und beachtete den leisen Protest seines Opfers gegen die Verzinsung nicht weiter.
Eine Minute später war er ausgestiegen und unerkannt in der Menge der nachmittäglichen Spaziergänger verschwunden.
»So eine Scheiße«, knurrte der Erpresste, »aber nicht mit mir. Mit mir nicht.«
* * *
Annemarie Sumser war begeistert von »Mama Maria .« Obwohl ihr Büro nur einige Minuten von dem Restaurant entfernt war und sie italienische Küche liebte, hatte sie noch nie hier gegessen. Ja, sie hatte nicht einmal von der Existenz des Lokales gewusst. Palinski hatte der aus Währing »einpendelnden« Anwältin das so erklärt:
»Die Billrothstraße ist eine und die Döblinger Hauptstraße eine andere Sache. Das sind zwei Welten für sich«, hatte er ihr erklärt. »Die Anwohner suchen die jeweils andere Straße nur auf, wenn sie unbedingt müssen. Alle Bedürfnisse, die man in ›seiner‹ Straße befriedigen kann, werden auch dort befriedigt. Oder sonst wo, sicher aber nicht in der nur 5 Minuten Fußmarsch entfernten »anderen« Straße. Das ist Kantönligeist auf Mikroebene .«
»Sie sind hier ja mehr als nur Stammgast«, kommentierte die Anwältin die liebevolle Betreuung Palinskis und seines Gastes durch die Chefin höchstpersönlich.
»Ja, sie hat mich ins Herz geschlossen. Ich bin so eine Art »Reservebutzi« für sie, weil sie ohnehin nur vier Söhne hat«, er lachte. Sie ist aber auch eine besonders liebe Frau, meine Mama Maria .«
Gemeinsam hatten sich die beiden durch die umfangreiche Pastaabteilung der Speisekarte gekämpft, immer nur eine Portion, aber zwei Teller bitte . Dazu der hervorragende Barolo, der gar nicht auf der Karte stand und besonderen Gästen vorbehalten blieb. Und weil es so schön war, gönnte sich Annemarie als krönende Sünde noch einen herrlichen »Macedonia di frutta con panna«, während sich Palinski mit einem Grappa begnügte.
»Pffff«, blies die Anwältin hörbar aus, »jetzt bin ich aber voll. Das bedeutet wieder eine Woche lang Joghurt und Knäckebrot .«
»Um Himmels willen, mit Ihrer Figur können Sie doch essen, was Sie wollen .« Er betrachtete die gut proportionierten geschätzten 70 Kilogramm der mindestens 1,80 großen Frau. Jetzt musste er sich langsam zurückhalten, ermahnte er sich. Sonst würde er noch anfangen, mit dieser beeindruckenden Person zu flirten. Erstens waren sie nicht dazu da und zweitens würde das Wilma gar nicht gut gefallen. Oder war es ohnehin zu spät und er flirtete schon die ganze Zeit?
Der Anwältin war das potentielle Interesse ihres Gegenübers natürlich nicht entgangen. Im Gegenteil, sie hatte die letzte Stunde genossen wie schon lange kein Zusammensein mit einem Mann. Ja, sie hatte sogar Heribert Marinov und ihr Problem in diesem Zusammenhang völlig vergessen. Jetzt aber war ihr das Dilemma, in dem sie sich befand, wieder voll bewusst.
»Ich glaube, wir sollten jetzt langsam über Ihre Sorgen sprechen .« Palinski war ihr zuvorgekommen. »Mein Freund Schneckenburger hat Ihr Anliegen ja sehr dramatisch angekündigt .«
»Und damit hat er auch nicht übertrieben«, bekräftigte Dr. Sumser und begann, den komplizierten Sachverhalt zu schildern.
* * *
In Wallners Büro waren inzwischen die Berichte der Spurensicherung, des gerichtsmedizinischen Instituts und der Beamten Hellmer und Bartinek eingelangt. Außerdem war die Meldung des Koat Ottakring eingetroffen, dass sich eine Frau Irene Sobotka gemeldet hatte und nach Einvernahme wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht angezeigt worden war. Ebenso ihre Schwester Martha Wagler. Die beiden Kinder der Sobotka waren direkt aus dem Krankenhaus in die Obhut des Jugendamtes übergeben worden.
»Also was wissen wir bis jetzt alles«, sagte Wallner mehr zu sich selbst, denn außer ihm war nur noch Franca in seinem Büro. Er stand auf und begann, in dem relativ kleinen Raum auf und ab zu gehen.
»Elena Kalkonides wurde im Alter von 16 Jahren von ihrem Vater, einem gewissen
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