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Heurigenpassion

Heurigenpassion

Titel: Heurigenpassion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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es ihr nicht einmal verdenken. Am liebsten würde ich sofort meinen Koffer packen und ihr nachfahren. Aber da ist dieser Marinov und sein Problem ist noch viel größer. Ich weiß wenigstens, wo meine Lieben heute Nacht ihr Haupt betten werden.
    Ich denke, wir sollten unbedingt auch mit dem Großvater Schwarzenbach reden. Alte Leute schlafen häufig schlecht und sitzen oft am Fenster. Vielleicht hat er etwas gesehen. Ich sollte mit Helmut darüber sprechen.
    Was ist das hier für eine Notiz. Von Margit:
    »Lieber Mario, beim Eingeben deiner Aufzeichnungen in den Computer bin ich bei zwei Punkten nachdenklich geworden. Erstens bei dem fettigen Klebeband und den dadurch verwischten Fingerabdrücken. Und zweitens bei dem Biss der armen Elena. Ich will mich natürlich nicht in Deine professionellen Überlegungen einmischen, muss es in diesem Fall aber doch tun. Für mich steht fest, dass der Täter nicht alleine gewesen sein kann. Hast du schon einmal versucht, in der Nacht im Freien im Stehen mit nur einer Hand, die zweite brauchst du ja, um Dein Opfer zu halten, ein Stück von so einem Klebeband abzureißen? Dazu noch mit fettigen Fingern? Das geht einfach nicht. Das bereitet schon Probleme, wenn du gemütlich bei Licht am Schreibtisch sitzt. Man rutscht ganz einfach immer wieder von der glatten Oberfläche des Bandes ab. Probier es einmal, mit Seife hast du den gleichen Effekt.
    Und wo wird man unter diesen Umständen gebissen? Ich kann mir nur eine realistische Situation vorstellen. Jemand steht hinter dir und hat dir einen Arm um den Hals gelegt. Wenn der Unterarm unbedeckt ist, ist ein Biss in diesem Moment eine plausible Reaktion. Wie aber willst du jemandem die Arme und Beine fesseln, während du hinter ihm stehst und ihn mit einem Arm festhältst?
    Also ich bin sicher, dass da noch eine zweite Person im Spiel gewesen sein muss. Zumindest beim Fesseln. Das wollte ich noch loswerden, bevor ich gehe. Liebe Grüße Margit.«
    Ich bin ehrlich beeindruckt. Diese Frau ist Goldes wert. Sie hat völlig recht . Wahrscheinlich wären wir auch noch zu diesem Schluss gekommen. Sobald wir richtig darüber nachgedacht hätten. Haben wir aber noch nicht. Aber Margit hat sofort das eigentlich Offensichtliche erkannt. Ich sollte wirklich öfters meine eigenen Notizen lesen.
    Halt, das war die Klingel. Sicher Marinov. Der muss die letzten Kilometer ganz schön Gas gegeben haben. Also immer herein in die gute Stube und das Problem an den Hörnern gepackt.

     
    * * *

     
    Der Kerl, der Elena geschlagen, getreten, gefesselt und in einen Müllcontainer geworfen hatte, bereitete sein Treffen mit dem Erpresser vor. Bis auf 200 Euro hatte er den Betrag beisammen, den der Scheißkerl von ihm erwartete. Jetzt saß er einem alten Mann gegenüber, der ihn freundlich anlächelte.
    »Es ist schön, dass du mich wieder einmal besuchst .« Der Alte lächelte. »Wenn ich auch ganz genau weiß, dass du wieder einmal nur etwas von mir willst. Trotzdem freut es mich .«
    »Du kennst mich gut«, der Jüngere grinste verlegen, »Ich habe tatsächlich ein Problem .«
    »Dabei geht es sicher wieder um Geld, oder ?«
    »Tja, so ist es. Kannst du mir vielleicht 200 Euro borgen ?« Obwohl ihm ziemlich egal war, was der Alte von ihm dachte, versuchte er, einen geknickten Eindruck zu machen. Der Alte stand auf solche symbolische Gesten.
    Der alte Mann kramte in der Tischlade, holte umständlich eine längliche Brieftasche heraus und entnahm ihr einen Packen Banknoten.
    Von dem zählte er einen Hunderter, einen Fünfziger, zwei Zwanziger und einen Zehner ab. Das restliche Bündel Noten legte er wieder in die Brieftasche und diese in die Tischlade zurück. Dann nahm er die abgezählten Scheine und kontrollierte nochmals umständlich ihren Gesamtwert, ehe er sie dem Jüngeren hinschob.
    »Wirst du vielleicht erpresst ?« , fragte er völlig unvermittelt.
    »Nein, wie kommst du auf diese Idee ?« , der junge Mann spielte den Entrüsteten.
    »Wegen der Sache mit dem Mädchen zu Silvester«, unbeirrt setzte der Alte seine Befragung fort. »Du solltest dich nicht auf eine Erpressung einlassen. Auch wenn es nur um relativ geringe Beträge zu gehen scheint. Das mag jetzt nicht so schlimm wirken. Aber wer garantiert dir denn, dass ein Erpresser nicht seine Meinung ändert und plötzlich statt zehn – einhunderttausend Euro verlangt. Wenn dich so jemand einmal am Sack hat, wirst du ihn nie mehr los .«
    Der junge Mann war erschüttert. Was wusste der Andere und

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