Heurigenpassion
gerichtsmedizinische Institut freigegeben. Werner T. und Bettina F. hatten ihre Aussagen gemacht und waren schon vor einer halben Stunde nach Hause entlassen worden.
Bei dem Toten handelte es sich um einen etwa 50-jährigen Mann, dem man mehrere Male kräftig mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen hatte. Von hinten. Außer der Mitgliedskarte eines Videoverleihs, die auf den Namen »Alois Huntzinger« lautete, trug der Mann nichts bei sich. Damit kam natürlich vor allem Raubmord in Betracht.
Ein Mitarbeiter Sandeggers hatte im vorderen Teil des Parkplatzes, dort wo es zu den Badekassen ging, einige rote Flecken auf der festgetretenen Schneeunterlage gefunden. Falls es sich dabei um das Blut des Opfers handeln sollte, wovon Sandegger ausging, dann hatten sie wohl auch den Tatort gefunden. Er wies die Kollegen von der Spurensicherung an, besonders auf die relativ frisch wirkenden Reifenspuren in der Nähe der roten Flecken zu achten. Gleich neben dem alten VW, der da stand.
»Danke, Chef«, murmelte einer der Spurensicherer. »Darauf wären wir sicher nicht gekommen .« Er konnte diesen klugscheißenden Ermittler nicht leiden, hatte ihn noch nie gemocht. Sandegger, der das wusste, fügte noch hinzu: »Wenn ich mich nicht täusche, hat der linke vordere Reifen ein anderes Profil als der rechte und die beiden hinten .«
Tatsächlich, der Mann von der Spurensicherung war wider Willen beeindruckt. So was mit freiem Auge, sozusagen im Vorübergehen zu erkennen, und das bei dieser Dunkelheit, war klasse. Sandegger war zwar ein Arschloch, fand er nach wie vor, aber ein sehr kompetentes.
Für Werner T. sollte der Slogan von der »Polizei, dein Freund und Helfer« drei Tage später brandaktuelle Bedeutung erhalten. Unter anderem hatten die Beamten auch sein Handy gefunden. Da Sandegger innerlich belustigt auch diesen Verlust zu Protokoll genommen hatte, sprach nichts dagegen, das Hightech Gerät seinem Eigentümer wieder auszuhändigen. Zu diesem Zeitpunkt würde Werner aber bereits ein neues Spielzeug dieser Art angeschafft haben. Macht aber nix, doppelt hält besser.
* * *
Ministerialrat Dr. Michael Schneckenburger, der Vertreter des Innenministers beim Bundeskriminalamt (BKA), hatte ein Problem. Er war maßgeblich an der Organisation des »Kongresses Europäischer Kriminalbeamter« beteiligt, der vom morgigen Mittwoch an bis Sonntag im Wiener Austria Center stattfinden würde. Es wurden mehr als zweitausend führende Kriminalisten aus der EU und anderen Staaten erwartet. Auch das FBI sollte mit einer Delegation von mehr als 80 hochrangigen Mitarbeitern teilnehmen. Neben den zentralen Plenumsveranstaltungen und den Arbeiten in insgesamt zwölf Ausschüssen kam dem gesellschaftlichen Teil des Riesenevents natürlich besonders große Bedeutung bei. Höhepunkt würde der festliche, unter dem Motto »Der Kongress tanzt« stehende Galaabend in der Wiener Hofburg am Samstagabend sein.
Schneckenburgers Problem lag in einem Fax begründet, das eben aus Edinburgh eingetroffen war. Prof. Dr. Alistair McEllen, der durch seine exemplarischen Arbeiten zu den Themen »Täterprofil« und »Die kindliche Prägungsphase und ihre Bedeutung für die Verbrechens-prophylaxe« zu Berühmtheit gelangt war, hatte sich zu Silvester beim Aufhängen einer Gardine das Bein gebrochen. Der komplizierte Bruch machte sein Kommen zum »KEK« unmöglich. Das tat Schneckenburger zwar leid, war ihm aber eigentlich egal. Die Frage, die ihn beschäftige, lautete vielmehr: »Woher sollte er bis Freitag Vormittag einen kompetenten Referenten hernehmen, der statt McEllens ein sowohl inhaltlich als auch rhetorisch interessantes Referat halten konnte ?«
Endlich hatte der Minister Zeit für das Problem und Schneckenburger saß Dr. Josef Fuscheé gegenüber.
»Schlimm, das mit McEllen«, brummte der Chef. »Andererseits habe ich noch nie verstanden, was er mit dem Zeug eigentlich meint, das er zu Papier gebracht hat. Kennen Sie sich da aus ?« , wollte er von seinem Ministerialrat wissen.
Mit »Das ist wohl eher etwas für ausgesprochene Spezialisten« zog sich der Befragte relativ elegant aus der Affäre. »Aber wen sollen wir jetzt fragen, ob er einspringen kann? Mir fällt auf die Schnelle nur Dr. Walzer vom bayrischen LKA ein oder Prof. Falabucci aus Mailand .«
»Beides exzellente Leute .« , bekräftigte der Minister, »Aber der eine lispelt zum Gotterbarmen und der andere redet so schnell, dass kein Mensch mitkommt. Vor allem
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