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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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das tagtäglich tun. Welly bleibt bei einem Baum stehen und beschnüffelt ihn begeistert. »Und riecht das lecker?«, frage ich ermutigend.
    Aufgeregt wedelt er mit dem Schwanz.
    »Der ist wie ich in der Parfumabteilung von Harrods«, scherze ich und sehe Oliver an.
    Sehen Sie, ich kann sogar Hundewitze reißen.
    »Ach ja?«, fragt er tonlos.
    »Ja, ich -« In diesem Augenblick fällt mein Blick auf Welly, und ich halte inne. Moment mal, was macht er denn jetzt?  Er hat aufgehört zu schnüffeln und hockt sich so seltsam hin. Ich beuge mich vor. »Oh Scheiße.« Erschrocken weiche ich zurück.
    »Genau«, bestätigt Oliver, dessen Mund sich zu einem amüsierten Grinsen verzieht. »Aber keine Sorge, ich mache das schon.« Er zieht eine Plastiktüte aus der Tasche.
    »Schon gut, ich übernehme das«, werfe ich eilig ein. Ich will nicht, dass er mich für eine dumme Gans hält, die sich nicht gern die Hände schmutzig macht. Figurativ gesprochen, versteht sich.
    »Hey, kein Problem.«
    »Nein, ernsthaft«, beharre ich. »Was ist schon ein kleiner Hundehaufen?«
    Er mustert mich unsicher. »Wenn du meinst.« Achselzuckend reicht er mir die Plastiktüte. »Aber Welly hat neuerdings leichte Verdauungsprobleme. Sein Magen ist ein bisschen …«
    Gerade rechtzeitig sehe ich den Rest von Wellys -
    Heiliger Strohsack, ich kann nicht einmal meinen Satz zu Ende bringen, weil sich mein Magen umzustülpen droht. Ich fürchte, ich kriege das doch nicht hin.
    Aber du musst, sage ich mir entschlossen. Du wirst jetzt nicht das Gesicht verlieren.
    Ich halte die Luft an und versuche, das Häufchen aufzuheben.
    »Ich zeige dir einen Trick. Wenn man die Hand reinsteckt, dann …«, beginnt er.
    Leider kommt die Erklärung eine Sekunde zu spät.
    »Iiiiihhh.« Mit einem zischenden Atemzug weicht er zurück und sieht mich mitfühlend an.
    Aber ich lasse mich nicht beirren. Mit derselben gezwungenen Ruhe, die ich an den Tag legen muss, um Spinnen aus meiner Dusche zu pflücken, wo sich diese fetten haarigen Biester aus irgendeinem Grund ständig herumtreiben, binde ich die Tütenenden zusammen und werfe sie in die nächste Mülltonne.
    Na also. Erledigt.
    »Das erste Mal, was?« Grinsend mustert er meine erstarrte Miene.
    Ich nicke schweigend. Mein Herz rast, und mir ist ein bisschen schwindlig.
    Er lacht. »Mit der Zeit wird es besser, glaub mir.«
     Nachdem das Eis damit endgültig gebrochen ist, plätschert die Unterhaltung lässig dahin, als wir den Holland Park erreichen, den hektischen Lärm der Stadt hinter uns lassen und in die köstliche Stille der Tennisplätze, Rasenflächen und Blumenbeete eintauchen. Es ist ein warmer, dunstiger Tag, und der Park ist erfüllt von der Geräuschkulisse des Sommers - Kinderlachen, Musik aus Transistorradios, dem Ploppen von Fußbällen.
    Nachdem ich mir in einer der öffentlichen Toiletten gründlich die Hände gewaschen habe, schlendern wir durch den japanischen Garten, überqueren die Brücke und sehen den majestätischen orangefarbenen Koi-Karpfen zu. Welly setzt sich hin und starrt wie gebannt auf die Wasseroberfläche, die er mit der Schnauze beinahe berührt.
    »Meine Güte, wie schön es hier ist, nicht?«, murmle ich und sehe mich um.
    »Stimmt.« Oliver nickt. »Ich komme ziemlich oft hierher. Es ist einer meiner Lieblingsorte. Hier hat man kaum das Gefühl, in London zu sein, sondern kann sich vorstellen, man sei in Kyoto.«
    »Warst du schon mal dort?«, erkundige ich mich.
    »Ja, vor ein paar Jahren bin ich mehrere Monate durch Japan gereist.«
    »Wow.« Ich nicke mit einer Mischung aus Neid und Bewunderung.
    »Und du?«
    »In den letzten Jahren bin ich nie weiter als bis nach Yorkshire gekommen. Zu viel Arbeit.« Ich zucke die Achseln.
    »Beim Sterben wünscht sich keiner, er hätte mehr Zeit im Büro verbracht«, erwidert er. »Oder so ähnlich ging doch dieser Spruch.«
    »Meine Freundin hat mir zum Geburtstag zwei Fahrkarten nach Paris geschenkt«, werfe ich ein. »Aber jetzt werde ich wohl doch nicht hinfahren«, füge ich nach einem Moment hinzu.
    Er sieht mich fragend an.
    »Ich sollte mit meinem Freund fahren«, erkläre ich.
    »Habt ihr euch gestritten oder so was?«, fragt er.
    »Nein, wir streiten niemals«, zitiere ich Miles mit einem Anflug von Wehmut.
    »Was ist dann passiert?«
    In der Ferne schlägt ein Pfau sein Rad. Einen Moment lang beobachte ich ihn. »Ich bin nicht sicher«, antworte ich und schiebe die Hände in die Taschen meiner Jeans. »Es hat einfach nicht

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