Hexenblut
und werden sie finden
Gifte, zu schaden Körper und Sinnen
Doch wächst unsere Kraft, während wir uns zügeln
Um bald der Feinde Schicksal zu besiegeln
Überall verborgene Dinge
Locken uns, dass man sie finde
So gilt denn unser Suchen und Streben
Himmel und Hölle, und kost' es das Leben
Frankreich im Mittelalter:
Jean, Karienne und Isabeau
»Ich werde dich nie verlassen«, flüsterte Jean Karienne zu, als er sein Ritualgewand auszog und zum letzten Mal zu ihr ins Bett kam. Sie roch das Blut der Geopferten an ihm und blickte nach oben auf das Deckengemälde von dem Höllenpfuhl, in dem seine Ahnen weilten. Und dann spürte sie seine Hitze und seine Kraft, als er erschauerte, und dieses köstliche Gefühl überwog für den Augenblick ihren Kummer. Ja, sie musste hintanstehen, weil ihm keine
andere Wahl blieb, doch seine Liebe gehörte ihr. Und die Liebe Jeans als dem Erben der mächtigsten Familie in der gesamten Hexenwelt war ihre Mitgift. Mit dieser Aussteuer würde sie auf die Burg des Grafen ziehen, der ihr Gemahl werden sollte. Auf diese Weise hatte Jean ihren Schutz während der kommenden, einsamen Jahre gesichert.
»Sobald Isabeau mir einen Sohn geboren hat, werde ich sie ermorden«, versprach ihr Jean. »Dann werde ich kommen und dich holen.«
»Schwöre es mir, bei deiner Seele«, flehte sie, als er sich auf sie herabsenkte.
Seine Augen glitzerten böse, und er lachte. »Weib, du müsstest inzwischen wissen, dass ich keine Seele habe.«
Gegenwart: Holly, ohne ihn
Holly schrak aus einem Traum hoch und wälzte sich in der Dunkelheit herum. Ihr Herz hämmerte, und ihr Gesicht war tränennass. Sie hatte wieder einmal von Jer geträumt. Beinahe konnte sie seine Lippen auf ihren geschlossenen Lidern, ihren Wangen, ihren Lippen spüren.
Für mich ist er gestorben, sagte sie sich. Doch ein winzig kleiner Teil ihrer Seele flackerte auf, wann immer sie von ihm träumte, an ihn dachte. Dann, und nur dann, fühlte sie sich wahrhaft lebendig.
Aber ihre Liebe lag in Schutt und Asche, und Holly wusste das. Ihre Liebe war so tot wie dieser Teil ihres Herzens.
Reich der Ewigkeit
Über den mystischen grünen Wald jenseits von Raum und Zeit flog Fantasme dahin, in den Klauen ein Extrakt der Seele der Cahors-Hexe. Er kreischte triumphierend.
Von der anderen Seite des ewigen Waldes nahm Pandion die Verfolgung auf.
Köln, Deutschland: Pablo
Pablo, der kleine Hexenjunge, der Gedanken lesen konnte, rief voll Qual und Grauen immer wieder nach seinem Zirkelbruder Philippe, obwohl er bewusstlos war.
Und obwohl Philippe verliebt und an seine Frau gebunden war und von Krieg nichts mehr wissen wollte, beantwortete er den Ruf.
Einen Monat später in North Berwick, Schottland:
Nicole, Amanda, Tommy, Richard, Owen
Nicole Anderson-Moore hatte also einen Hexer zum Anwalt. Wenn ihre Zwillingsschwester Amanda neben ihr nicht drohend einen Feuerball auf den Fingerspitzen balanciert hätte, wäre Nicole vielleicht in Lachen ausgebrochen. So jedoch blickte sie ihm fest in die Augen und fragte: »Und wie kommen Sie darauf, dass Sie mein Anwalt wären?«
Derek Jeffries lächelte Nicole an und schien Amanda und dem drohenden Feuertod keinerlei Beachtung zu schenken. »Ich komme von der Kanzlei Hackern, Hackern und Derringer. Wir verwalten den Nachlass der Familie Moore.«
Allein die Erwähnung dieses Namens bewirkte, dass Nicole übel wurde.
»Wie haben Sie uns gefunden?«, wollte ihr Vater Richard wissen.
Das war eine gute Frage, die Nicole ebenfalls nur zu gern beantwortet haben wollte. Während der vergangenen zwei Monate waren sie ununterbrochen auf der Flucht gewesen, ständig von einem Ort zum nächsten gezogen und nirgends länger als ein, zwei Nächte geblieben. Das war für alle sehr anstrengend, aber sie hatten das zerstörte Hauptquartier des Obersten Zirkels in London so weit hinter sich lassen wollen wie nur möglich. Sie hatten es lediglich bis nach Schottland geschafft, weil sie nicht sicher waren, wie gefährdet sie in öffentlichen Verkehrsmitteln wären und ob sie versuchen sollten, nach Seattle zurückzukehren.
»Einer der besonderen Services unserer Kanzlei für Praktizierende der Künste ist das Auffinden von Verwandten im Todesfall. Als Sir William und seine beiden Haupterben verstarben, griff augenblicklich der familiäre Findezauber. Als James Moores Witwe ist Nicole Anderson-Moore die nächste lebende Verwandte.«
Was ich auch tue, James kann ich einfach nicht entkommen, dachte Nicole
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