Hexenblut
dunkelrote Licht. Das Haus erbebte bis auf die Grundmauern, und Tommy und Richard wurden zu Boden geschleudert. Der Marmor begann zu bersten, als sich ein Riss bildete, der das Foyer in zwei Hälften teilte. Tommy und Richard rollten in Richtung der Treppe, während Rauch und Dampfschwaden aus dem Spalt quollen, gefolgt vom schrillen Schrei irgendeines Tieres -
- oder Dämons.
»Los, los, los!«, brüllte Richard, und Tommy schaltete auf Autopilot. Er krabbelte hinter Richard her die Treppe hinauf, als diese sich plötzlich von der Wand losriss und heftig zu wanken begann. Flammen schossen schnurgerade aus dem Schlund empor, dann ertönte erneut ein unmenschliches, schrilles Kreischen.
Tommy stemmte sich breitbeinig gegen die Stufen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, hielt sich am hölzernen Geländer fest, hob die Micro-Uzi und zielte mit nur einer Hand. Neben ihm fluchte Richard.
»Wenn die Tür aufgeht, sofort Feuer einstellen«, sagte er. Richard befürchtete also auch, dass sie die Mädchen und das Baby unabsichtlich treffen könnten...
Bleibt weg, rief Tommy Amanda im Geiste zu. Gefahr!
Marmorfliesen schossen in die Luft, knallten an die Gewölbedecke und zerbarsten dann krachend am Boden. Flammen leckten an den Wänden und versengten uralte Porträts.
Dann brach etwas Rotes, Ledriges aus dem Riss hervor. Es war ein länglicher Kopf, ähnlich dem einer Eidechse, mindestens so lang, wie Richard groß war. Die grün leuchtenden Augen waren so groß wie der Küchentisch. Als Tommy mit der Pistole darauf zielte und abdrücken wollte, riss das Ding sein langes Maul auf, entblößte Dutzende grausamer Fangzähne und spuckte Feuer.
»Das ist ein Drache!«, brüllte Tommy aus voller Kehle, damit Richard ihn hörte. Trotz allem, was er schon gesehen hatte - Dämonen, die seine Freunde verschlangen, ein Seeungeheuer, das sich aus dem Meer erhob -, weigerte sich etwas in ihm zu glauben, was er da sah. Ein Drache. O Gott.
Das Vieh kreischte und heftete den Blick auf die beiden Männer. Weitere Quadratmeter Marmor zerbarsten, als der Drache seinen gewaltigen Leib aus dem Boden schob. Zwei lange Schwingen entfalteten sich, der Hals streckte sich teleskopartig, krümmte sich und knallte gegen die Wände des Foyers. Die Vertäfelung zersprang, und die Risse liefen blitzschnell über die Wände. Große Brocken der Decke krachten wie Bomben herunter.
Der Drache warf den Kopf hoch und rammte die restliche Decke. Schnee rieselte herab. Tommy wurde auf die Knie geschleudert, und Richard packte ihn am Arm.
»Weg hier«, sagte er und zerrte Tommy die Stufen hinauf. Tommy folgte ihm, doch seine Gedanken galten der Haustür und Amanda, die mit Nicole und Owen da draußen war.
»Wir sollten das Feuer eröffnen«, brüllte er Richard zu.
»Er hat uns nicht angegriffen. Wir wollen ihn nicht unnötig provozieren«, erwiderte der.
Tommy! Hilf uns!
Das war Amanda. Er hörte sie so deutlich, als liefe sie neben ihm her.
Hinter ihm erklang ein mächtiges Brausen - das war der Drache, der erneut Feuer spie.
Vor dem Haus.
Tommy blieb stehen, wirbelte herum und feuerte mit seiner Micro-Uzi. Der Rauch war so dicht, dass er nicht erkennen konnte, ob er den Leib des Drachen getroffen hatte. Aber das Vieh riss den Kopf durch die Decke zurück nach drinnen, und ein Feuerstoß schoss auf Tommy zu. Er duckte sich auf der schwankenden Treppe und schützte den Kopf mit den Händen. Sengende Hitze fuhr über seine Haut. Er blieb, wo er war, und betete darum, dass er dem Drachen dadurch nicht nur ein noch leichteres Ziel bot.
Richards Waffe feuerte unablässig. Tommy spürte das harte Metall seiner eigenen Uzi und wölbte den Brustkorb, um die Waffe hinter sich hervorzuziehen. Er konnte sich nicht überwinden aufzublicken und feuerte stattdessen blindlings in die Richtung, aus der die Hitze kam. Er hatte Angst, die Flammen könnten ihm die Augen aus dem Kopf brennen.
Der Lärm war ohrenbetäubend. Seine Gehörgänge schienen sich zu schließen, bis er nichts mehr hörte außer einem weichen Pochen, das er als seinen eigenen Herzschlag erkannte. Dann kippte die Treppe nach vorn, und er rutschte ab. Er streckte mit weit gespreizten Fingern die Hand aus in der Hoffnung, einen Geländerpfosten zu erwischen. Wenn nicht, würde er dieser Kreatur schnurstracks vor die lange Schnauze fallen. Bis der Drache ihn fraß, würde er dann hoffentlich schon knusprig verbrannt sein.
Seine Hand traf auf etwas Heißes, seine Haut zischte, und er
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