Hexenblut
ob ich das tröstlich finde«, murmelte Armand.
»Solltest du nicht. Schreckliche Dinge werden geschehen, und was du bisher gesehen hast, ist erst der Anfang.«
»Was muss ich tun?«
»Du musst kämpfen.« Jacob beugte sich vor und nahm Armands Hände in seine. Sein Griff war stark. Seine gebrechliche Erscheinung täuschte, wie das bei Äußerlichkeiten oft der Fall ist.
»Dir wurde schon vor der Geburt eine Rolle in alledem zugewiesen. Die höheren Mächte haben immer Pläne für uns. Du kannst dein Schicksal jedoch nur erfüllen, wenn dein Herz sich ganz einig ist.«
»Was meinst du damit?«, fragte Armand, obwohl er fürchtete, die Antwort schon zu kennen.
Jacob packte fester zu, als versuchte er, die Antworten in Armands Haut zu pressen. »Du musst dich entscheiden. Du musst entweder dem Gott der Hebräer folgen oder der Göttin. Wenn du versuchst, beiden zu dienen, wirst du nicht die konzentrierte Kraft besitzen, die du brauchst, und du wirst als einer der Ersten sterben.«
Armand zitterte, und Jacob ließ ihn los. »Wen von beiden soll ich wählen?«
»Das liegt allein bei dir, aber du musst es bald tun und ohne jeglichen Zweifel.« Er trank von seinem Tee.
»Wie soll ich das machen?« Armand war wie vor den Kopf geschlagen.
Jacob schloss die Augen, und sein Gesichtsausdruck erinnerte Armand an Pablo, wenn der sich besonders stark auf eine ferne Stimme konzentrierte, die nur er allein hören konnte.
»Es naht die Zeit, da du vor die Wahl gestellt wirst. Dann musst du deine Entscheidung treffen, und zwar schnell.« Jacob nahm ihre beiden Tassen und rutschte von seinem Stuhl. »Aber jetzt solltest du gehen, ehe man dich vermisst.«
Armand hatte noch so viele Fragen, doch der Prophet hob die Hand, als wollte er sie abwehren. Widerstrebend stand Armand auf und verbeugte sich.
Jacob erwiderte die Verbeugung. »Ich grüße dich, Pilger«, sagte er.
»Würdest du mitkommen?«, bat Armand.
»Das würde ich, wenn ich könnte. Aber ich muss meine eigene Schlacht schlagen«, entgegnete Jacob. »Jetzt geh.«
Schweren Herzens verließ Armand das kleine Haus und machte sich zum Lager auf.
Er merkte, dass etwas nicht stimmte, als er noch ungefähr anderthalb Kilometer entfernt war. Es fühlte sich an, als hörte er das Flüstern von Schreien im Wind. Pablo, kannst du mich hören?, dachte er.
Er erhielt keine Antwort.
Armand rannte los.
Seattle, vor fünf Jahren: Nicole und Eli
Heute war der erste Highschool-Tag für Nicole Anderson und ihre Schwester Amanda. Nicole war total aufgeregt! Ihre Schwester Amanda war natürlich so ruhig wie immer. Meistens war es schwer zu sagen, was im Kopf ihrer Schwester vorging.
Auch kein Problem. Das Leben war zum Genießen da, nicht, um sich Sorgen zu machen. Doch in der Mittagspause suchte sie in der Cafeteria pflichtbewusst nach Amanda und setzte sich zu ihr, wie sie es ihrer Mom versprochen hatte. Heute war ja bloß der erste Tag, und außerdem - wo immer Nicole sich hinsetzte, erschienen auch ihre besten Freundinnen, Kat und Steph.
»Und, wie läuft's?«, fragte Nicole Amanda. »Irgendwelche heißen Jungs in deinen Kursen?«
Amanda seufzte. »Bis jetzt nur jede Menge Hausaufgaben. Aber ich glaube, der Mathekurs wird ganz toll.«
»Igitt«, sagte Nicole, schnitt eine Grimasse und trank von ihrer Diätlimo. »Lieber sechs Stunden Sport als...«
Wow.
Von der anderen Seite des Raums starrte der schärfste Junge, den sie je gesehen hatte, genau sie an. Er hatte dunkle Schlafzimmeraugen und langes, dunkles Haar. Umwerfend. Sie verzog die Lippen um ihren Strohhalm zu einem Lächeln, merkte dann, dass das ziemlich, na ja, sexy war, und zwang sich wegzuschauen. Dieses Spielchen beherrschte sie perfekt. Sie spielte es schon seit Jahren.
»Wer ist das?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
Alle am Tisch drehten sich nach ihm um und wandten sich dann wieder zurück.
»Das ist Eli, Jeraud Deveraux' großer Bruder«, hauchte Kat. »Zwölfte Klasse.«
»Der Kerl bringt nur Ärger«, bemerkte Steph. »Mein Bruder behauptet, seine Familie stehe auf ganz seltsames Zeug. Teufelsanbetung oder so. Aber sein Dad ist echt scharf, für einen älteren Mann.«
Ärger. Nicole lächelte. Das gefiel ihr.
Eli Deveraux starrte sie immer noch an, und nun lächelte auch er. Obwohl er auf der anderen Seite der von Lärm erfüllten Cafeteria stand, konnte sie direkt in seine Augen schauen und sich darin verlieren...
»Nicole! Nicole!«
Sie fuhr zusammen und wandte sich Amanda zu. »Was
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