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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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in einer Schlacht, sondern auf einer öden, schneebedeckten Ebene - keine Bäume, keine Felsen, nichts als der Schnee und die Himmelslichter.
    »Jer?«, rief sie, doch sein Name schien auf ihren Lippen zu gefrieren. Zitternd stemmte sie sich auf die Ellbogen hoch. Wie durch Prismen gestreutes Licht - grün, rot und bläulich weiß - malte unstete Muster auf die riesige weiße Fläche. War das hier noch Indien?
    Ihre Zähne klapperten, und sie bekam Kopfschmerzen. Steif und ruckartig wie ein Aufziehspielzeug waren ihre Bewegungen, als sie staunend und verwirrt die Lichter betrachtete. Welcher Zauber hatte sie hierher versetzt? Hatte Jer das getan, um sie zu retten? Oder hatte Alex - oder vielmehr Duc Laurent - sie durch Zeit und Raum geschleudert, um sie zu ermorden? War das hier eine Art Hindu-Magie oder üble Hexerei - oder beides?
    Sie zitterte heftig, denn die Kälte drang ihr bis auf die Knochen und lähmte sie vor Taubheit. Schon nach ein paar Augenblicken konnte sie nicht mehr unterscheiden, wo ihr Körper aufhörte und der Schnee begann. Ihr Herzschlag verlangsamte sich, und ihr gefror buchstäblich das Blut in den Adern.
    Ich... sterbe, dachte sie. Sie versuchte, sich zu bewegen. Jer, bitte hilf mir.
    Wo bist du?, antwortete eine Stimme, doch das war nicht Jer. Es war Duc Laurent, an den sie nun gefesselt war. Meine Fürstin?
    »Nein«, stieß sie hervor. »I-i-ich b-b-bin n-n-nicht...«
    Dann erinnerte sie sich daran, dass sie kein hilfloses kleines Mädchen war - sie war eine mächtige Hexe und besaß magische Kräfte. Leise flüsternd krächzte sie: »Angst und Begierde, Eis und Flammen, Schutz fordere ich in der... in meinem Namen.« Ihr war bewusst, dass sie in der Vergangenheit schreckliche Handel geschlossen und dabei Teile ihrer Seele an die Göttin und an Catherine aus dem Hause Cahors verloren hatte. Sie würde sich nicht noch tiefer in deren Schuld begeben, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ.
    Sie schloss die Augen und wartete darauf, dass die Wirkung ihres Zaubers eintrat. Plötzlich hatte sie das Gefühl, in einer sich rasch drehenden weißen Kugel zu schweben, und ihre durchgefrorenen Lippen verzogen sich zu einem winzigen Lächeln. Wärme rann durch ihre Adern, und ihr Lächeln wurde breiter. »Angst und Begierde, Eis und Flammen, Zuflucht verlang ich in meinem Namen.«
    Mehr köstliche Wärme durchströmte ihren Körper. Sie hätte beinahe glauben können, dass ihr Herz in ihrer Brust glühte. Und sie war sicher, dass sie sich entweder an einen sicheren Ort versetzt oder sich mit einem starken Schutz umgeben hatte.
    Sie schlug die Augen auf. Die wunderschönen Lichter waren weg, und ein dicker goldener Mond stand über ihr am Himmel. Dieselbe schneebedeckte Ebene erstreckte sich in alle Richtungen. Kein Häuschen, keine Hütte, keine Höhle weit und breit, nicht einmal ein einziger Baum oder Felsen. Peitschender Wind kam auf und stieß sie rücklings um. Sie knallte hart auf den Boden, und es klingelte in ihren Ohren.
    »Hilfe«, stöhnte sie, als gräulich gelbe Flecken hinter ihren halb geschlossenen Lidern erblühten.
    Ah, da bist du ja. Keine Angst. Ich komme und hole dich, Holly, flüsterte Duc Laurent in ihrem Kopf.
    Nein, widersprach sie. Ich bin frei, frei von dir. Ich weiß auch nicht, warum. Wer hat mich hierhergeschickt? Jer?
    Ich komme trotzdem.
    Wie bin ich hierhergelangt?
    Alles verschwamm und wurde schwarz.
    Scarborough: Nicole und Owen
    Sie musste eingenickt sein, während sie Owen in den Schlaf gewiegt hatte, denn Nicole wachte plötzlich auf. Langsam und vorsichtig stand sie auf, um Owen nicht zu wecken, und legte ihn in sein Bettchen. Im Zimmer war es warm, und sie ging zu einem der Fenster und öffnete es.
    Draußen war die Luft frisch und klar, und sie atmete tief ein. Plötzlich hüpfte ein winziger Spatz aufs Fensterbrett und sah sie mit zur Seite geneigtem Kopf an. Sie lächelte und gab ein leises Pfeifen von sich. Der Vogel neigte den Kopf zur anderen Seite und flatterte auf die Rückenlehne ihres Schaukelstuhls. Während sie die kühle Luft von draußen genoss, freute er sich sichtlich über die gemütliche Wärme hier drinnen.
    Er blieb einen Moment lang sitzen, sträubte das Gefieder und schüttelte sich kräftig. Nicole lächelte ihn an. Es war schon seltsam, dass so kleine Lebewesen einem dennoch solche Freude...
    Der Vogel explodierte in einer Wolke aus Federn. Nicole blinzelte ungläubig, doch der Spatz war weg. In kleinen Fetzen regnete er aus der Luft

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