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Hexenerbe

Hexenerbe

Titel: Hexenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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Schritte. Er drehte sich um und starrte James und Eli an, die mitten im Raum auftauchten. Er blinzelte. Schon öfter hatte er Leute einfach so in seiner Zelle erscheinen sehen, doch es verblüffte ihn immer noch. Ein heller blauer Schimmer umgab die beiden, der einen Augenblick später erlosch. Das muss ein Portal sein. Und es wird durch irgendeinen Zauber geöffnet. Doch wenn das stimmte, wie kam dann die Dienerin herein, die ihm Essen brachte? Er hatte einmal versucht, ihr nach draußen zu folgen, war aber durch die halbe Zelle zurückgeschleudert worden. Vielleicht war das Portal auf die Auren bestimmter Leute eingestellt. Oder nur auf seine.
    Er konzentrierte sich auf die beiden Männer, die jetzt bei ihm im Raum waren. James war der Sohn und Erbe von Sir William, dem Oberhaupt des Obersten Zirkels. Eli war Jers eigener Bruder, obwohl man kaum glauben konnte, dass sie irgendetwas gemeinsam hatten, geschweige denn die Eltern. James bewegte sich, als sei er hier zu Hause, was streng genommen stimmte. Dennoch wirkte sein leicht wiegender Gang selbstherrlicher denn je. Eli hingegen schlich wie ein Hund neben ihm her.
    James trug einen Ring am linken Ringfinger, einen breiten Goldreif mit einem riesigen Blutjaspis, der finster auf der hellen Haut funkelte. Ein Lächeln breitete sich über James' Gesicht, als er sah, wie Jer den Ring betrachtete.
    »Ein Jammer, dass du gestern meine Hochzeit versäumt hast«, höhnte James. »Ein prachtvolles Fest. Die Rituale wurden vollzogen, der Wein floss in Strömen, und die Braut war stumm.« Er kicherte. »Ich glaube, du kennst sie - schließlich kommt sie auch aus Seattle. Eine hübsche kleine Cahors-Hexe.«
    Jer drehte es den Magen um. Holly! Was war mit ihr geschehen? Er musste so heftig gegen die plötzliche Übelkeit ankämpfen, dass ihm James' nächste Worte beinahe entgangen wären.
    »Natürlich heißt sie jetzt Moore. Nicole Moore.«
    Jers Herz machte einen Satz. Es war nicht Holly! Welche Gottheit ihn auch gerade hören mochte - Jer sandte die stumme Bitte aus, sie möge Holly beschützen, und ein Gebet für ihre arme Cousine, die jetzt mit James verheiratet war. »Weshalb bist du dann nicht bei ihr?«, fragte er.
    »Sagen wir einfach, sie muss sich noch von der vergangenen Nacht erholen«, antwortete James mit einem boshaften Kichern.
    Jer bemerkte einen langen, blutigen Kratzer, der von James' Nasenrücken bis zum Kiefer reichte, und sein linker Arm hing ein wenig schlaff herab. Bei diesem Anblick fragte sich Jer, ob es nicht vielmehr James war, der sich gerade erholte. »Ich gratuliere«, sagte Jer sarkastisch. »Und jetzt lasst mich in Ruhe.«
    »Tut mir leid, kleiner Bruder«, meldete sich Eli zu Wort. »Das geht nicht. Wir haben zu tun.«
    Jer betrachtete Eli stumm. Sein Bruder war lange mit Nicole zusammen gewesen. Was er wohl davon hält, dass James sie geheiratet hat? Elis Miene war verschlossen, nichts sagend, und Jer fiel auf, dass Eli ihrem Vater viel ähnlicher sah, als er es in Erinnerung hatte. Doch da war etwas in seinen Augen. Ein gefährliches Funkeln. James sollte auf der Hut sein.
    »Was denn?«, fragte er, obwohl er sich vor der Antwort fürchtete.
    »Schwarzes Feuer erschaffen«, antwortete James.
    Jer zwang sich, nicht zurückzuzucken. Er blieb vollkommen still sitzen, als wüsste er nichts, als hätte er das Feuer nie erlebt, als erfüllte es ihn nicht mit Grauen. »Wie bitte?«
    James stellte pantomimisch auflodernde Flammen dar. »Schwarzes Feuer. Du wirst mir helfen, es zu beschwören.«
    Jer lachte ungläubig. »Ich werde dir bei gar nichts helfen.«
    »Oh, ich denke doch - sofern du weiterleben willst«, erwiderte James gedehnt.
    »Bring mich doch um, damit würdest du mir sogar einen Gefallen tun«, entgegnete Jer. Das war ein Bluff. Noch vor einer Weile hätte er das ganz ernst gemeint, doch als seine Kraft zurückgekehrt war, hatte er wieder Hoffnung geschöpft. Entweder liegt es daran, oder an den Träumen, in denen Holly zu mir kommt, dachte er.
    »Das kommt schon noch, aber vorher werde ich Holly vor deinen Augen umbringen, und Nicoles Schwester Amanda ebenfalls.«
    Jer fuhr sich mit der Zunge über das, was von seinen Lippen übrig war. Er hatte einmal geschworen - das schien tausend Jahre her zu sein -, die Mädchen vor seinem Vater zu schützen. Er hatte sich der Aufgabe verschrieben, den Hilflosen beizustehen. Nun starrte er James in die Augen und zweifelte nicht daran, dass der andere Hexer seine Drohung wahrmachen würde.

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