Hexenfluch: Roman (German Edition)
um ihn her war trügerisch. Wenn er die Wahl gehabt hätte, hätte er ihr das Zischeln und Stöhnen vorgezogen, das normalerweise hier herrschte.
Er fand Lyresha, wie der Wandler gesagt hatte, bei den Sphinxen. Drei der menschenköpfigen Löwenkörper-Kreaturen kauerten an den Ecken eines perfekten Dreiecks aus hellrotem Sand. Zwei männlich, eine weiblich. Im Gegensatz zu ihren Schwestern vor dem Eingang des Havreux Tower waren diese hier tatsächlich aus Stein. Auch wenn Kristen über all die Jahre hinweg das Gefühl nicht losgeworden war, dass sie im Inneren dieser grauen Haut nach wie vor lebendig waren. Neben der einen lag eine blauseidene Robe auf der Sockelplatte.
Kristen blieb außerhalb des Dreiecks stehen. Wartete, bis sie geruhte, ihm zu zeigen, dass sie seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte. Der Bannfluch regte sich rastlos auf seiner Haut. Schon seit dem Augenblick, in dem er den ersten Schritt in diesen elenden ›Garten‹ hinein getan hatte.
Der Boden unter Lyreshas Füßen bewegte sich, tat Dinge, die er von den Naturgesetzen her nicht tun sollte. Ein fahler Schleier hing über ihm, stieg aus ihm auf, wand sich um sie, tanzte mit ihr, streichelte ihre helle Haut. Eine andere Art von ›Liebhaber‹ in dieser Welt. Ihr Haar wogte bei jeder Bewegung um ihren Körper, schien das wenige, trübe Licht, das auf dieser Seite herrschte, aufzusaugen wie ein Schwarzes Loch Materie. Mahagoni auf makellosem Alabaster. Und auch wenn sie in dieser Gestalt schön war: Er hätte sie mit Freuden jedem anderen Mann überlassen, und das Millionenvermögen von ›Christian Havreux‹ noch als ›Brautgabe‹ dazu.
Irgendwann drehte sie sich zu ihm um. »Zwei Mal.« Ihr Tonfall war gelangweit. Kristen wusste es besser, als sich davon täuschen zu lassen. Was auch immer er jetzt sagen würde, wäre falsch. Also hielt er den Mund.
Ohne Hast trat sie aus dem Dreieck heraus, auf ihn zu, legte ihm die Hand in den Nacken. Dass ihre Krallen nur Millimeter davon entfernt sein mussten, seine Haut zu berühren, war ihm nur zu bewusst. Ebenso, dass sie sie schneller in ihn hineinbohren konnte, als er in der Lage wäre, sich ihr zu entziehen.
Ihre nächsten Worte hätten um ein Haar sein Herz zum Stocken gebracht.
»Wo warst du letzte Nacht?«
Nur durch pure Willensanstrengung gelang es ihm, es gleichmäßig weiterschlagen zu lassen. »Hier und dort. – Hattest du nach mir gerufen?« Nicht, dass er es nicht gemerkt hätte, wenn sie es getan hätte.
»Hurst du herum, Kristen?« Sie nahm die Hand von seinem Nacken, begann um ihn herumzugehen. Geschmeidig. Ohne Hast. Lauernd.
»Nicht mehr, als du es mir befiehlst.« Er starrte ungerührt geradeaus, während sie weiter um ihn herumstrich.
Ihre Krallen glitten über seine Haut. »Wenn du nicht so geschickt mit der Zunge wärst, hätte ich sie dir schon längst herausgerissen.« Er konnte sie gefährlich dicht hinter sich spüren. Die Worte waren ein Schnurren.
»Ich Glücklicher.«
Es ging blitzschnell. Von einer Sekunde zur nächsten lag er auf den Knien, ihre eine Hand in seinem Haar, die seinen Kopf in den Nacken zerrte, damit er sie ansah, die andere an seiner Kehle, ihre Fingernägel direkt auf seiner Halsschlagader. Er hatte ihren Tritt nicht kommen sehen.
Sie beugte sich über ihn, sah ihm mit einem eisigen Lächeln in die Augen. »Legst du es darauf an, mich zu ärgern?«
»Du würdest dich langweilen, wenn es nicht so wäre.« Er erwiderte ihren Blick mit einem ebensolchen Lächeln.
Eine halbe Ewigkeit rührte sie sich nicht. Bis sie ihn mit einem Auflachen abrupt losließ und zurücktrat.
Nach einem weiteren Moment stand Kristen ebenfalls auf. – Und rechnete beinah mit dem Befehl, wieder auf die Knie gehen zu müssen. Als er nicht kam, hob er die Robe vom Boden auf, drehte sich zu Lyresha um und hielt sie ihr hin, damit sie hineinschlüpfen konnte. Sie ließ sich von ihm hineinhelfen, als hätte sie ihn nicht eine Sekunde zuvor auf die Knie geschickt, und wandte sich dem Ausgang des Gartens zu. Kristen folgte ihr.
»Du wirst heute Nacht eine äußerst vielversprechende junge Hexe für mich einbrechen«, teilte sie ihm über die Schulter mit. Um ein Haar wäre ein Stöhnen über seine Lippen gekommen. Nur mit Mühe schaffte er es, dass seine Miene gleichgültig blieb. »Die beiden Hexen, die sie mir gebracht haben, werden dabei sein. Ihre ›Freundin‹ hat zwar Priorität, aber davor und danach wirst du ihnen ebenfalls zu Diensten sein.« Sie
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